Kreuze in Gerichtssälen sollen bleiben
Die ÖVP hat sich im Anschluss an den interreligiösen Dialog im Bundeskanzleramt am Dienstag erneut für das Verbleiben von Kreuzen in Gerichtssälen ausgesprochen. Generalsekretär Werner Amon verwies in einer Aussendung auf die Position von Justizminister Wolfgang Brandstetter in dieser Frage. Der Minister argumentierte in der Debatte seit längerem, dass Kreuze in Gerichtssälen aufgrund der "christlichen Kultur" in Österreich keinen "Auffälligkeitswert" hätten. Laut Amon soll es also weiterhin so sein, dass Kreuze in Gerichtssälen hängen.
Gleichzeitig bekannte sich der ÖVP-General zu Vorschriften für eine neutrale Kleidung von Richtern. Im Fokus des von der Regierung forcierten Neutralitätsgebots stehe nicht eine "Verbannung" religiöser Symbole aus Gerichtssälen, sondern, "vielmehr geht es im Sinne einer Religions-Neutralität um ein Gebot hinsichtlich der Bekleidung in Gerichtssälen", hielt Amon fest. Religion dürfe nicht als Feindbild gesehen werden.
Das Kreuz sei in der Gesellschaft "tief verankert" und "untrennbar mit der europäischen Kulturgeschichte verbunden", betonte auch der Österreichische Cartellverband (ÖCV) am Mittwoch. Das Kreuz in öffentlichen Einrichtungen stehe in keinem Konflikt mit religiöser Pluralität, eine Verdrängung wäre "ein Zeichen falsch verstandener Toleranz", so ÖCV-Präsident Peter Neuböck in einer Pressemitteilung: "Das Kreuz steht auch für den Humanismus, für das Erbe unseres Kontinents - und eben nicht nur eine Religion."
Kern sieht Ende der Debatte
Zuvor hatte Bundeskanzler Christian Kern am Dienstag nach einem zweistündigen interreligiösen Dialog mit Vertretern von 16 anerkannten Religionsgemeinschaften vor Pressevertretern auch zur Frage der religiösen Symbole im öffentlichen Raum Stellung genommen. Die Bundesregierung habe sich darauf verständigt, dass es religiöse Neutralität geben soll, wenn der Staat in Form von Richtern oder Exekutivbeamten auftritt, erinnerte Kern an eine entsprechende Passage aus dem vor wenigen Wochen vorgestellten aktualisierten Arbeitsübereinkommen der SPÖ-ÖVP-Koalition. Das Thema werde nicht Gegenstand eines Gesetzes sein, da es bereits einschlägige Bekleidungsvorschriften gebe, die die einzelnen zuständigen Minister am Verordnungsweg regeln könnten. "Damit ist diese Debatte auch an einem Punkt angelangt, wo ich der Auffassung bin, dass man hier Halt machen sollte und das Notwendige damit beschlossen hat", sagte Kern wörtlich.
In den vergangenen Tagen hatte es sowohl vonseiten der Richtervereinigung als auch durch die NEOS weitergehende öffentliche Vorstöße zu religiösen Symbolen bei Gericht gegeben. Richtervereinigungs-Präsident Werner Zinkl forderte in einem Interview mit der Austria Presse Agentur (APA) nicht nur eine gesetzliche Regelung zur Amtskleidung, die ein neutrales Erscheinungsbild von Richtern und Staatsanwälten sicherstellt. Er plädierte auch dafür, verbliebene Möglichkeiten zur Leistung eines religiösen Eides in Zivilprozessen und damit die letzten Kreuze und andere Religionssymbole aus dem Gerichtssaal zu entfernen.
Zinkl wird diese Forderungen nach eigenen Angaben bei einem Gespräch der Richtervereinigung mit Justizminister Brandstetter am kommenden Freitag vorbringen. Der Minister erklärte bisher, er sehe keinen Bedarf für weitere Bekleidungsvorschriften, weil Richtern und Staatsanwälten in Ausübung der hoheitlichen Funktion ohnehin Talar und Barett vorgeschrieben seien. "In der christlichen Kultur ist man Kreuze gewöhnt. Deshalb hat ein Kreuz in einem Verhandlungssaal bei uns keinen Auffälligkeitswert - im Gegensatz zu Kopftuch oder Kippa bei Amtsträgern. Das darf man nicht vermengen", wurde Brandstetter vor einigen Wochen vom "Kurier" zitiert. Auf Kathpress-Anfrage wollte das Ministerium am Mittwoch vorerst keine weitere Stellungnahme abgeben, sondern zuerst das Gespräch mit der Richtervereinigung abwarten.
Die NEOS kündigten indes Nationalrats-Anträge zu diesen Themen an. "Wir fordern ein neutrales Erscheinungsbild von Richtern und Staatsanwälten und wollen auch Kreuze und andere Religionssymbole aus dem Gerichtssaal verbannen", sagte der Abgeordnete Nikolaus Scherak zur APA. Das solle nicht nur für Richter und Staatsanwälte gelten, sondern auch für Laienrichter, also Schöffen und Geschworene.
Quelle: kathpress