NGOs mahnen Einigung auf Finanztransaktionssteuer ein
Eine breite Allianz europäischer zivilgesellschaftlicher Organisationen und Gewerkschaften mahnt die umgehenden Einigung auf die in Teilen der Europäischen Union geplante Finanztransaktionssteuer ein. Man habe genug von den Verzögerungen, die Bemühungen um eine Einigung müssten verdoppelt werden, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichen Offenen Brief an die Staats- und Regierungschefs der zehn an den Verhandlungen über die Abgabe auf Börsengeschäfte noch beteiligten EU-Staaten, darunter auch Österreich und Deutschland.
Unterstützt wird der Aufruf zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer unter anderem von der Koordinierungsstelle (KOO) der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission. "Nach über vier Jahren Verhandlungen über einen Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission, dutzenden Sitzungen und vielen Kompromissvorschlägen muss es jetzt endlich zur Entscheidung kommen. Am Ende wird sich zeigen, ob die europäischen Regierungen handlungsfähig und willens sind, den Stimmen von Millionen ihrer Bürgerinnen und Bürger zu folgen, oder ob sie vor der Finanzindustrie einknicken", erklärte KOO-Expertin Hilde Wipfel in einer Aussendung. Die Mittel aus der Steuer würden dringend benötigt werden. "Ein relevanter Teil der Einnahmen muss verwendet werden, um Arbeitsplätze und öffentliche Leistungen zu schützen, weltweite Armut und den Klimawandel zu bekämpfen", so Wipfel.
Zuvor hatte am Montag erneut die vom österreichischen Finanzminister Hans Jörg Schelling geleitete Arbeitsgruppe jener EU-Staaten getagt, die die Steuer im Rahmen einer sogenannten "verstärkten Zusammenarbeit" innerhalb der EU umsetzen wollen. Schelling zeigte sich im Anschluss vor Medienvertretern zwar optimistisch, sprach aber von einer letzten Frist bis Mai. Bis dahin müssten Belgien und die Slowakei einem von den anderen Ländern vereinbarten Kompromiss zustimmen, sonst sei das Projekt beendet, wurde er von Nachrichtenagenturen zitiert. Die beiden Staaten zögern demnach, weil mit der Börsenabgabe auch sogenannte Derivatfinanzprodukte besteuert werden sollen, die eine wesentliche Rolle bei der Finanzierung ihrer Pensionssysteme spielen. Der Kompromiss sieht nach Angaben Schellings vor, dass einzelne Länder bei den Pensionsfonds aus der Regelung herausoptieren können.
Über die Einführung der Finanztransaktionssteuer verhandeln derzeit neben Österreich, Deutschland, Belgien und der Slowakei auch Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland, Portugal und Slowenien. Für eine Umsetzung der Steuer nach den EU-Bestimmungen zur verstärkten Zusammenarbeit müssen mindestens neun Länder mitmachen.
Quelle: kathpress