Fastensuppenessen "schöner Brauch mit politischer Botschaft"
Das Fastensuppenessen der Katholischen Frauenbewegung (kfbö) zugunsten benachteiligter Frauen im globalen Süden ist "ein schöner Brauch mit einer wichtigen politischen Botschaft": Diese "Message" umschrieb Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner Festrede bei der traditionellen kfbö-Benefizveranstaltung wie folgt: "Der Ungleichverteilung des Wohlstands, der immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich gilt es entgegenzuwirken, weil sonst der Frieden gefährdet ist." Wie viele andere hochrangige Vertreter von Politik und Kirche - darunter Kardinal Christoph Schönborn - war das seit 40 Tagen amtierende Staatsoberhaupt am Dienstagabend auf den Dachstuhl des Stephansdoms gekommen, um die alljährliche "Aktion Familienfasttag" der Frauenbewegung zu unterstützen.
Van der Bellen knüpfte mit seinen Worten an deren Themenschwerpunkt "Friedensaktiv. Frauen für eine gerechte Welt" an, im Zuge dessen heuer nepalesische Vertreterinnen des von der kfbö mitgetragenen Hilfsprojektes NMBS (Nepal Mahila Bishwasi Sangh) zu Gast in Österreich sind. NMBS engagiert sich für den Zugang von Frauen zu Rechten, Bildung und Gesundheit in einer Gesellschaft, die nach wie vor an den Folgen des Bürgerkriegs von 1996 bis 2006 sowie des verheerenden Erdbebens von 2015 leidet.
"Frieden meint über die Abwesenheit von Krieg hinaus vor allem eines: soziale Gerechtigkeit", betonte die kfbö-Vorsitzende und - so Schönborn - "Hauptgastgeberin" des Abends, Veronika Pernsteiner, nach den Begrüßungsworten des Wiener Erzbischofs sowie des Generalvikars und Domkapitulars Nikolaus Krasa, gerichtet an die Regierungsmitglieder Sophie Karmasin, Alois Stöger und Wolfgang Brandstetter, Präsidentengattin Doris Schmidauer und die frühere "First Lady" Margit Fischer, Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, Grünen-Chefin Eva Glawischnig, ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, weiters Militärbischof Werner Freistetter, Weihbischof Stephan Turnovszky, Sr. Beatrix Mayrhofer und Abtpräses Christian Haidinger als Vertreter der Ordensgemeinschaften und Caritas-Präsident Michael Landau. Auch außergewöhnlich viele Medienvertreter waren bei dem hochkarätigen Benefizevent anwesend.
Wie der von der imposanten Dachkonstruktion sichtlich beeindruckte Bundespräsident nahm auch Kardinal Christoph Schönborn eingangs Bezug auf den Ort des Geschehens: Er unterstrich die Symbolkraft des Stephansdoms und wies darauf hin, dass dessen Wiederaufbau nach dem Brand in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs nicht möglich gewesen wäre ohne das Zutun der "Trümmerfrauen". Und der Erzbischof fügte hinzu: "Der Geist mutiger, engagierter Frauen bewegt auch heute die Katholische Frauenbewegung."
"Politik braucht Bündnispartner wie die kfb"
"Die Politik braucht Bündnispartner wie die Katholische Frauenbewegung", lobte auch Bundespräsident Van der Bellen in seiner Festrede das Engagement im Rahmen der "Aktion Familienfasttag" in mehr als 100 Frauen-Projekten in Afrika, Asien und Lateinamerika. Einsatz für soziale Gerechtigkeit sei die Voraussetzung dafür, dass Frieden gedeihe. Dabei gelte es die Perspektiven und die Kraft von Frauen auch "in die politischen Entscheidungsstrukturen einzubeziehen", so der Bundespräsident am Vorabend des Weltfrauentags. Gegenwärtig werde die Mitwirkung von Frauen bei der Schaffung und Erhaltung von Frieden weitgehend auf die zivilgesellschaftliche Ebene beschränkt, auch in Europa sei man auf Ebene der Politik und darüber hinaus "meilenweit entfernt von den Zielen der Gleichberechtigung".
Die österreichische Regierung forderte Van der Bellen auf, NGOs wie die Katholische Frauenbewegung beim Einsatz für eine weltweit gerechtere Verteilung zu unterstützen: "Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt, und dennoch bleibt es seit Jahren hinter dem selbst gesteckten Ziel zurück, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit aufzubringen." Derzeit liegen die Staatsausgaben für EZA-Belange bei lediglich 0,3 Prozent, kritisierte Van der Bellen: "Es genügt nicht, dass sich Organisationen wie die Katholische Frauenbewegung um derlei Angelegenheiten kümmern, der Staat muss sein Scherflein dazu beitragen."
"Gutes Leben für alle in Frieden und Gerechtigkeit"
Das von Jesus verheißene Reich Gottes stehe für einen "alternativen Gesellschaftsentwurf, der sich dort verwirklicht, wo ein gutes Leben für alle in Frieden und Gerechtigkeit" möglich ist, erklärte Veronika Pernsteiner. Das habe auch die von der kfbö mitgetragene Initiative "Christlich geht anders. Solidarische Antworten auf die soziale Frage" in einem kürzlich vorgelegten Positionspapier festgehalten. Die Initiative entstand im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in Reaktion auf die Angriffe auf Sozialstaat und soziale Standards durch rechtspopulistische Kräfte.
Die Verbundenheit der kfbö mit ihren Projektpartnerinnen in Nepal stärke auch hierzulande Bewusstsein und Tatkraft im Einsatz für eine Frieden erhaltende Politik, betonte Pernsteiner. Sie sprach sich gegen eine "Aufrüstung" der Sprache im politischen und öffentlichen Diskurs aus, für die Bewahrung und Stabilisierung der Europäischen Gemeinschaft sowie "für ein Bewusstsein von der großen integrativen Kraft dieses Europas, vor allem angesichts jener Menschen, die vor Krieg und kriegerischen Konflikten auf der Flucht sind".
Die kfbö-Vorsitzende gedachte in ihrem Statement der kürzlich verstorbenen Frauen- und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, die als Gast beim Suppenessen im Dom erwartet worden wäre, sowie Barbara Prammers, die 2014 als damalige Nationalratspräsidentin gemeinsam mit der kfbö zum Benefizsuppenessen geladen hatte. Und Pernsteiner zitierte eine weitere Politikerin, die sich für Frauenanliegen stark machte: "Frieden ist zu wichtig, um ihn den Männern allein zu überlassen", hatte Österreichs erste Frauenministerin, Johanna Dohnal (1939-2010) einmal gesagt.
NMBS - eine Stimme für Frauen in Nepal
Die beiden Vertreterinnen der Fraueninitiative NMBS aus Nepal, Draupati Rokaya und Jyoti Shrestha, kamen in einem Interview mit der Moderatorin des Abends, ORF-Journalistin Birgit Pointner, zu Wort: NMBS profitiere seit 2010 vom entwicklungspolitischen Engagement der Katholischen Frauenbewegung: "Wir haben in den vergangenen sieben Jahren 500 Frauen und Mädchen mit Alphabetisierungs- und Weiterbildungskursen, mit Gesundheitsdienstleistungen und Bewusstseinsarbeit unterstützen können, 200 davon haben inzwischen eine Anstellung gefunden oder sich beruflich selbständig gemacht", berichtete Rokaya. Ihre Kollegin Shrestha unterstrich, die Ausbildung von Frauen sei "wichtig für das Land im Gesamten, es verbessert sich dadurch die Situation im ganzen Land." Noch sei unsicher, ob der Frieden in Nepal von Dauer ist. Die Umsetzung der 2015 verabschiedeten neuen Verfassung sei noch nicht weit gediehen. Als großen Wunsch nannten die beiden Frauen ein eigenes Stück Land, um ihrer Initiative einen Standort zu sichern.
Ein Teil des Erlöses der diesjährigen "Aktion Familienfasttag" fließt in dieses Vorzeigeprojekt; Spenden erfolgten beim Benefizsuppenessen im Stephansdom u.a. in Form einer Tombola. Für das kulinarische Wohl sorgten Jungköche von der Tourismusschule "Modul Vienna", serviert wurde Erdäpfelrahmsuppe, Erbsen- und Karotten-Kokos-Suppe sowie als Dessert Topfenstrudel mit Vanillesoße.
(Infos zur "Aktion Familienfasttag": www.teilen.at)
Quelle: kathpress