Theologe Hans Küng fordert Rehabilitierung Luthers
Der Schweizer Theologe Hans Küng fordert eine katholische Rehabilitierung von Martin Luther, eine Anerkennung der Ämter der protestantischen und der anglikanischen Kirche. In einem Aufruf, der u.a. in der Tageszeitung "Der Standard" (Mittwoch) veröffentlicht wurde, schreibt der 89-Jährige, die Kirche dürfe die Gelegenheit zu diesen ökumenischen Schritten im Gedenkjahr der Reformation nicht verstreichen lassen. Die Pfarren seien im Blick auf die Ökumene oftmals weiter als der theologische Dialog: Gerade die Amtskirche würde in entscheidenden Fragen hinter der "praktizierten Ökumene, die in vielen evangelischen und katholischen Gemeinden und Gruppen schon lange gelebt wird", zurückbleiben. Für diese stellten die Ämterfrage oder die eucharistische Gemeinschaft oft "kein Problem" mehr dar.
Konkret forderte Küng in dem Aufruf, der von der Stiftung Weltethos veröffentlicht und von mehreren Medien abgedruckt wurde, neben der katholischen Rehabilitierung Martin Luthers die "Aufhebung aller Exkommunikationen aus der Reformationszeit", die gegenseitige Anerkennung der Ämter sowie die "gegenseitige eucharistische Gastfreundschaft". Die Zeit dränge, so Küng - ansonsten würden "noch mehr Menschen sich von der Kirche abwenden, noch mehr Gemeinden und Gruppierungen zur Selbsthilfe greifen".
Ein bloßes Feiern der Reformation sei zu wenig: "Nur 500 Jahre Reformation feiern, ohne die Kirchenspaltung wirklich zu beenden, heißt, neue Schuld auf sich zu laden." Die oft "ängstlichen und zaudernden Kirchenleitungen in Rom und anderswo" dürften die "historische Gelegenheit nicht verpassen". In der globalisierten und säkularisierten Welt sei das Christentum nur glaubwürdig, wenn es sich "als Gemeinschaft in wahrhaft versöhnter Verschiedenheit" darstelle. "Römische Absichtserklärungen" habe es schon oft gegeben: "Wir ökumenisch engagierten Christen erwarten endlich Taten."
Der Begründer der Stiftung Weltethos ist einer der bekanntesten Theologen der Gegenwart. 1979 hatte Rom dem katholischen Priester wegen dessen Kritik an der Unfehlbarkeit des Papstes die Lehrerlaubnis entzogen. In den vergangenen 30 Jahren engagierte sich der Schweizer vor allem für den Dialog der Weltreligionen. Seit Jahren plädiert Küng für innerkirchliche Erneuerung und ökumenische Öffnung. Er verfasste zahlreiche Bücher, die in mehr als 30 Sprachen übersetzt sind. Die Gesamtauflage geht in die Millionen.
Quelle: kathpress