Junge Generation hat unverstellten Zugang zur Beichte
Eine neue, unverstellte Offenheit für das Bußsakrament gerade bei jungen Menschen beobachtet der in der Wiener Citypastoral tätige Priester Martin Sinnhuber: "Die Menschen sind auf der Suche nach Versöhnung und äußerst dankbar, wenn sie Raum dafür erhalten", hat der am Aschermittwoch vor einem Jahr vom Papst gesandte "Missionar der Barmherzigkeit" am Freitag im Interview mit "Kathpress" dargelegt. In der Fastenzeit wirke die Beichte wie ein "innerer Frühjahrsputz" und vermittle sehr eindrücklich den Inhalt des Osterfestes, so der Geistliche, der der katholischen Gemeinschaft Emmanuel angehört.
Erst im November hatte Papst Franziskus den für das "Jahr der Barmherzigkeit" eingeführten Dienst der "Missionare der Barmherzigkeit" bis auf weiteres verlängert. Im Apostolischen Schreiben "Misericordia et misera" zum Abschluss des kirchlichen Jubiläumsjahres forderte er zudem alle Priester auf, das Beichtsakrament weiter zu forcieren und dabei "weitherzig" Sünden, so schwer diese auch seien, zu vergeben. Keinem, der ernsthaft bereut, dürfe der Zugang zur Liebe Gottes verwehrt werden, so der Papst. Kraft des Schreibens wird auch eine 2015 erlassene Sonderregelung weitergeführt, wonach Abtreibung von allen katholischen Priestern vergeben werden darf.
Insgesamt seien das "Jahr der Barmherzigkeit" und die Entsendung von weltweit über 1.000 Missionaren - Sinnhuber war einer von sechs aus Österreich - "starke Signale, dass die Arme Gottes offen stehen, egal was passiert ist", gewesen, sagte der Priester. Papst Franziskus sei sich gewiss, dass die Gegenwart dringend Barmherzigkeit brauche, und habe den Zugang dazu so leicht wie möglich gemacht. "Die Menschen haben diese Zeichen auch verstanden", so die Einschätzung Sinnhubers. Mit dem Schreiben vom November habe der Papst nun gezeigt, "dass das Thema nicht vorbei ist, sondern erst jetzt so richtig los geht".
Durch die weitere Beauftragung der Missionare zeige der Papst, "dass es Botschafter braucht - Gesichter, die für die Barmherzigkeit stehen und sie verkörpern". Sinnhuber leitete in seinem ersten Missionars-Jahr Dutzende Exerzitien und Einkehrtage in Pfarren. Er beteiligte sich auch an Straßeneinsätzen in Wien, bei denen u.a. über Pantomime das Grundthema Barmherzigkeit angesprochen wurde. Höhepunkte waren für den Priester jedoch die "mehreren hundert Beichten", die er hörte - in den von ihm besuchten Pfarrgemeinden, bei Großtreffen wie etwa am Weltjugendtag in Krakau sowie auch in heimischen Schulen.
Lizenz zum Beichtpredigen
Ausgestattet sind die Barmherzigkeits-Missionare mit besonderen Vollmachten für die Aufhebung kirchenrechtlicher Tatstrafen in Fällen, die sonst dem Ortsbischof oder dem Heiligen Stuhl vorbehalten sind. Nur einmal habe er diese Vollmacht bisher eingesetzt, berichtete Sinnhuber. "Vordergründig ging es bei der Beauftragung nicht um besondere Befugnisse, sondern darum, Hürden abzubauen." Durchaus habe er seine Sendung durch den Papst auch als Motivation und "Freibrief" verstanden, sonntags öfter als sonst über die Beichte zu predigen und zum Empfang des Sakraments einzuladen.
Bei seiner "Werbetour" sei er aber auch auf Widerstand gestoßen, schilderte der Priester. Negativ reagiert hätten vereinzelt "ältere Menschen, die den Beichtstuhl in ihrer Kindheit noch auf unangenehme Weise kennengelernt haben - mit elterlichem Zwang zur Monatsbeichte etwa oder durch ein 'Aushorchen' und Abfragen seitens der Priester". Er selbst sei froh, dass jede verletzende Beichtpraxis heute passe sei, bekannte Sinnhuber. Auch Papst Franziskus äußere sich hier ganz klar. "Immer und immer wieder pocht er darauf, dass die Beichte nicht bloßstellen darf und keine Folterkammer ist."
Thema nur, was auf den Tisch kommt
Jüngere Generationen hätten kaum solche negative Vorerfahrungen und somit auch einen weit unbeschwerteren Zugang zum Sakrament, so Sinnhubers Wahrnehmung. Er treffe bei ihnen auf viel Offenheit und Zuspruch für heutige Grundsätze für Beichtpriester, die da sinngemäß lauten: "Was den Menschen beschämt, soll bedeckt werden", oder auch: "Was auf den Tisch kommt, wird besprochen - und nichts anderes." Folglich sei es auf Seiten der beichtenden Person natürlich wichtig, "ehrlich zu sagen, wie es aussieht - dass man sich eingestehen kann, dass man nicht perfekt ist."
Mit dieser Voraussetzung schenke die Beichte dem Menschen die Erfahrung, mit seinen Fehlern angenommen zu sein. "Es ist das Sakrament der Annahme, denn Gott sagt: Ich nehme dich, wie du bist", erklärte Sinnhuber. Im Bußsakrament bitte der Mensch Gott außerdem um Hilfe. "Jeder versucht im Leben das Gute, und jeder scheitert immer wieder dabei. Genau in dieser Situation, in der man an die Grenzen seiner eigenen Liebensfähigkeit stößt, wird einem in der Beichte gesagt: Versuch es weiter - ich gehe mit dir." Viele, die über Jahre nicht beichten waren, hätten im "Jahr der Barmherzigkeit" den Schritt gewagt - und seien dabei gestärkt worden.
Ungeplantes Sakrament
Behutsame Hinführung auf das Beichtgespräch hält Sinnhuber besonders bei Kindern und Jugendlichen für wichtig. In Erinnerung seien ihm hier zwei Schulbeichten des vergangenen Jahres. Die Religionslehrerin - eine Ordensfrau - habe wichtige Vorbereitungsarbeit geleistet und die Kinder klassenweise zur Beichte geführt.
Vor Ort erklärte dann Sinnhuber zunächst allen, worum es ging: "Nicht um einen Sündenkatalog, sondern darum, zu schauen, was mich belastet - und dass es die Chance gibt, mit jemandem darüber zu sprechen." Im Einzelgespräch sei dann oft gemeinsam aufgedeckt worden, was jeweils dahinter stand. "Oft wurde dann aus der Aussprache eine Beichte mit Lossprechung, ohne dass die Schüler dies geplant hatten. Das war dann besonders schön", so der Geistliche. Als "beste Werbung für die Beichte" bezeichnete er jene Schüler, die mit strahlendem Gesicht den Beichtstuhl verlassen hatten.
Mit der am Aschermittwoch beginnenden Fastenzeit ist für Beichtpriester erneut Hochsaison, gehört es doch für katholische Gläubige zu den Kirchengeboten, zumindest einmal jährlich in der vorösterlichen Zeit zu beichten. Warum gerade zu Ostern? "Weil Jesus zu Ostern für unsere Sünden gestorben ist - für das, worin wir uns von Gott entfernt haben. Besonders im Zugehen auf dieses Fest soll man diese Versöhnung mit Gott auch selbst erfahren. Man soll sich das, was am Karfreitag und Ostersonntag gefeiert wird, auch persönlich schenken lassen", erklärte Sinnhuber.
Quelle: kathpress