Patriarch Sako mit Kardinal-König-Preis ausgezeichnet
Der chaldäisch-katholische Patriarch Louis Sako ist am Sonntag in der nordirakischen Stadt Erbil mit dem Kardinal-König-Preis ausgezeichnet worden. Der Linzer Bischof Manfred Scheuer überreichte die Auszeichnung in seiner Funktion als Präsident der Kardinal-König-Stiftung im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes in der chaldäischen Kirche "Unserer Lieben Frau von der immerwährenden Hilfe" in Erbil. Dem Gottesdienst standen Sako, Scheuer und der Erzbischof von Erbil, Bashar Warda, vor. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.
"Die Kirche in Österreich zeigt ihre Solidarität nicht nur in Worten, sondern auch mit Taten", so Patriarch Sako in seinen Dankesworten. Zugleich bat er um weitere Hilfe für die bedrängten Christen im Irak. An der Preisverleihung nahmen auch Vertreter der Politik und der kurdischen Behörden teil.
Bischof Scheuer ging in seiner Laudatio auf das jahrzehntelange Bemühen Sakos ein, den Christen im Irak eine Zukunft zu verschaffen. Der Patriarch bemühe sich um Dialog und Versöhnungen zwischen den Religionen und Kulturen, und er betrachte es als oberste Priorität, dass sich der Irak zu einem demokratischen Rechtsstaat entwickelt, in dem alle Bürger gleiche Rechte und Pflichten hätten.
Die kleine Geldsumme, die mit dem Kardinal-König-Preis verbunden ist, sei als "Initialzündung" gedacht für eine größere Initiative aus Österreich, betonte Bischof Scheuer. Man wolle ein Zeichen der Solidarität setzen und beim Wiederaufbau der christlichen Städte und Dörfer in der Ninive-Ebene tatkräftig Hilfe leisten.
Bis zu 120.000 Christen vertrieben
Bis zu 120.000 Christen waren im Sommer 2014 vom IS aus Mosul und der angrenzenden Ninive-Ebene vertrieben worden. Sie hatten in den sicheren Kurdengebieten Schutz gefunden. Im Zuge der seit Herbst 2016 laufenden Militäroperation gegen den IS wurde die Ninive-Ebene inzwischen vom irakischen Militär und kurdischen Truppen weitgehend befreit. In jenem Teil der Ebene, der von den kurdischen Peshmergas gehalten wird, ist die Sicherheitslage relativ gut, die befreiten Dörfer und Städte sind weitgehend entmint, freilich zum Teil auch völlig zerstört. Die Wiederherstellung der Infrastruktur, die Entwicklung eines Wiederaufbauplans für Wohnstätten, Schulen oder Kirchen stehen noch aus. Noch offen ist auch die politische Zukunft der Ninive-Ebene.
Auf dem Programm des kurzen Besuchs Bischof Scheuers im Nordirak stand eine Fahrt in die zuletzt vom IS befreite Ninive-Ebene. Scheuer besuchte gemeinsam mit Patriarch Sako die befreiten Kleinstädte Batanya und Telskof. Batnaya, rund 15 Kilometer von Mosul entfernt, war mehr als zwei Jahre in der Hand des IS. Die Stadt ist fast vollständig zerstört, eine Rückkehr der Flüchtlinge damit auf längere Zeit unmöglich.
Im wenige Kilometer entfernten Telskof war der IS hingegen nur wenige Tage. Hier blieben die Häuser relativ gut erhalten. Die ersten 45 Familien, ein Priester und einige Ordensfrauen werden dieser Tage in die Stadt zurückkehren. In der provisorisch wiederhergestellten Pfarrkirche feierten Sako und Scheuer einen Gottesdienst, zu dem viele frühere Bewohner und Christen aus den umliegenden Dörfern und Städten kamen. Mehr als 1.000 Menschen drängten sich in der völlig überfüllten Kirche.
Geflüchtete Christen in Container-Lager
Ebenso bewegend wie die Exkursion in die Ninive-Ebene war für Bischof Scheuer und seine Delegation die Begegnung mit geflüchteten Christen, die in einem Lager aus Containern am Stadtrand von Erbil leben. In den Containern fanden 1.200 Familien - rund 5.000 Personen - Unterkunft. Aufgebaut wurde die Containersiedlung von einer Arbeitsgemeinschaft der örtlichen christlichen Kirchen, die jetzt auch gemeinsam für den Unterhalt der Betroffenen Sorge tragen.
Insgesamt versorgen die chaldäische, syrisch-katholische und syrisch-orthodoxe Kirche in und rund um Erbil in zahlreichen Lagern mehr als 50.000 Flüchtlinge. Nach und nach werden dabei auch Wohnungen angemietet, sodass die Menschen nicht mehr in Containern auf engstem Raum leben müssen.
Der kleinen Delegation aus Österreich, die den Linzer Bischof begleitet, gehören u.a. "Pro Oriente"-Präsident Johann Marte und der Vorsitzende der ICO (Initiative Christlicher Orient), Generaldechant Slawomir Dadas, an. Die ICO ist seit vielen Jahren mit Hilfsprojekten im Nordirak präsent, auch die Stiftung "Pro Oriente" pflegt beste Beziehungen zu den verschiedenen Kirchen in der Region.
Politische Gespräche
Bischof Scheuer traf im Rahmen seines Irak-Besuchs auch mit dem Außenminister der kurdischen Regionalregierung, Falah Mustafa Bakir, und dem Innenminister Karim Sinjari zusammengetroffen. Dabei betonte der Bischof, dass die Bemühungen um den Aufbau eines modernen, demokratischen und pluralistischen Staatswesens in der autonomen kurdischen Region, in dem alle Bewohner ohne Unterscheidung nach Religionsbekenntnis, Sprache oder Nation gleiche Rechte haben, mit großer Sympathie begleitet werde.
Minister Bakir legte seinerseits dar, dass seine Regierung auf das friedliche Zusammenleben und auf den Wert der Verschiedenheit setze. Man müsse sich bewusst sein, dass die Christen im Irak bereits vor dem Einmarsch der IS-Terroristen schwer gelitten hätten. Heute gehe es darum, den Christen im Zweistromland eine "Existenz in Würde" zu garantieren, damit sie "unbehelligt von andersgläubigen Nachbarn" friedlich leben können.
Es seien die entsprechenden materiellen Voraussetzungen -wie Wasser- und Energieversorgung - zu schaffen, man müsse aber auch die gesellschaftlichen Beziehungen sanieren und wieder aufbauen, denn die Christen hätten vor allem auch durch ihre unmittelbaren Nachbar gelitten. Immer wieder werde von christlichen Flüchtlingen berichtet, dass die ersten Angreifer die nächsten Nachbarn waren. Man müsse einander "akzeptieren und respektieren". In der kurdischen Region werde alles getan werden, um die Zukunft der Christen zu sichern. Zugleich appellierte der Minister an die westlichen Länder, den Christen etwa durch die Vergabe von Stipendien oder die Gründung von Wirtschaftsunternehmen zu helfen.
Auch Innenminister Sinjari betonte das Prinzip des gleichberechtigten Zusammenlebens. Entscheidend sei es, das Vertrauen zwischen den Gemeinschaften wiederherzustellen: "Versöhnung ist ein Schlüsselwort". Sinjari betonte zugleich die Mitverantwortung der westlichen Länder für die Rückkehr der von den IS-Terroristen vertriebenen Christen in ihre Heimstätten.
Im Hinblick auf die politische Zukunft der Ninive-Ebene und Mosuls betonten die beiden Minister übereinstimmend, dass man in Erbil "aufmerksam verfolgen und unterstützen" werde, "was die Leute wollen". Zur Frage, wie lange es noch dauern werde, bis Mosul endgültig vom IS befreit ist, sprachen beide Minister von gut drei Monaten. Am Sonntag hatten die irakische Armee und schiitische Milizen mit ihrer Offensive auf West-Mosul begonnen.
Kardinal-König-Stiftung
Die Kardinal-König-Stiftung wurde von Kardinal Franz König (1905-2004) - damals noch unter dem Namen "Communio et Progressio" - im März 1991 ins Leben gerufen. Zweck der Stiftung war und ist die "Bildung eines Handlungsbündnisses von Wissenschaft, Religion, Wirtschaft und Medien, um einen Beitrag zu leisten zur Bewältigung der weltweiten Probleme auf dem Gebiet der Meinungs- und Gewissensfreiheit, der Gerechtigkeit, des Friedens, der Bewahrung der Schöpfung und der allgemeinen Entwicklung der menschlichen Gesellschaft". Nach dem Tod von Kardinal König wurde die Stiftung im Juni 2008 in Kardinal-König-Stiftung umbenannt.
Bisherige Preisträger des "Kardinal-König-Preises" waren u.a. der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I., der inzwischen verstorbene koptische Papst-Patriarch Shenuda III., Caritas und Diakonie oder der tschechische Priester und Religionsphilosoph Tomas Halik.
Quelle: kathpress