Für ein Schisma reicht es nicht
Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich an der Basis und in der Hierarchie der katholischen Kirche in den USA manche schwer damit tun, wie Papst Franziskus die Kirche führt. Das betrifft Inhalte, aber auch seine Methode, bestehende Tabus aufzubrechen, zu diskutieren und anzugehen, ohne dabei gleich zu dekretieren. Für eine Ortskirche, die klare Ansagen ihrer Oberhirten gewohnt war, ist das eine neue Situation.
Die Probleme mit dem neuen Stil zeigen sich auch im Umgang mit dem Papstschreiben "Amoris laetitia". Die US-Bischöfe in ihrer Mehrzahl werben nicht gerade enthusiastisch dafür, und es gibt auch einige leidenschaftliche Widersacher. Angeführt werden diese von Kardinal Raymond Burke, der zu den vier Unterzeichnern des Schreibens an den Papst gehört, die fünf Lehrfragen ("dubia") zu dem Papstschreiben mit "Ja" oder "Nein" beantwortet haben wollen.
Begleitet wird der Widerspruch vom publizistischen Trommelschlag konservativer Kolumnisten wie Ross Douthat in der "New York Times". Er unterstützt die Warnung der vier Kardinäle, das Pastoralschreiben stifte Verwirrung und Unsicherheit unter den Gläubigen. Deshalb bedürfe es der Klarheit, was die Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe und die Konsequenzen für die Wiederzulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Eucharistie angeht. Douthat sieht gar ein "Schisma" (Kirchenspaltung) kommen, das mit einer formellen "Korrektur" des Papstes seinen Anfang nehmen könnte.
In dieser bitter geführten Debatte haben nun die Jesuiten die Rolle übernommen, Papst Franziskus gegen die Angriffe in Schutz zu nehmen und den Stil seiner Kirchenführung zu verteidigen.
"Der Schlüssel, um zu verstehen"
In einem bemerkenswerten Beitrag zu dem Intellektuellen-Magazin "America", das von den US-Jesuiten herausgegeben wird, erklärt Michael O'Loughlin, dass es ihrem Ordensbruder Franziskus darum gehe, gerade nicht mit einer Schwarz-Weiß-Logik komplizierte Lebens- und damit auch Pastoral-Situationen anzugehen.
"Das synodale Denken, weitreichende Beratungen mit der größten Anzahl an Menschen in den entferntesten Orten der Kirche, ist der Schlüssel, um zu verstehen, wie Franziskus führt", schreibt O'Loughlin. Das Ergebnis sei kein neuer Regelkatalog geworden, sondern eine Fußnote in "Amoris Laetitia", die einen Bezugsrahmen für die Anwendung auf den Einzelfall setze.
"America" verweist auf die Ausführungsbestimmungen zu dem Lehrschreiben, die argentinische Bischöfe verfasst haben. Für die USA nennt der Autor den neuen Bischof von San Diego, Robert McElroy. Dieser nahm sich den synodalen Prozess, der zu "Amoris Laetitia" führte, zum Vorbild und berief vergangenen Sommer selber 125 Katholiken seiner Diözese zusammen, um zu sehen, wie sich das Pastoralschreiben in die Praxis umsetzen lässt.
McElroy war überrascht über die Tiefe, mit der die Gläubigen die komplexen Probleme angingen und akzeptierte ihre Empfehlungen. In den kommenden Monaten werden die administrativen Strukturen angepasst und Priester unterwiesen, wie Gläubige, die bisher von den Sakramenten ausgeschlossen sind, wieder zur Kommunion zugelassen werden können.
"Das ist eine ekklesiale Frage, die zum Kern dessen vordringt, was Franziskus zu tun versucht", zitiert "America" den Bischof und fragt: "Müssen alle Entscheidungen zentral gefällt werden?"
"Vier Kardinäle bringen kein Schisma"
Thomas J. Reese, ein Jesuit, der für den "National Catholic Reporter" eine viel gelesene Kolumne schreibt, meint, die von Douthat und anderen genährten Spekulationen über eine Abspaltung seien weit hergeholt.
"Vier Kardinäle bringen kein Schisma", hält er dem entgegen. Franziskus könne sich auf breite Unterstützung bei den Gläubigen verlassen. Bis zu 90 Prozent der Katholiken in den USA hätten eine positive Meinung vom Papst. Und zwei Drittel befürworteten einen anderen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen.
"Franziskus gibt uns keine einfachen Antworten. Er fordert uns auf, die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu bedenken". Schon die Heilige Schrift schildere wie den Schriftgelehrten Regeln wichtiger als Mitgefühl waren. "Papst Franziskus wird für sein Mitfühlen kritisiert. So war das auch mit Jesus."
Quelle: kathpress