Mit Mühe den Menschenhändlern entkommen
Albanien ist das Schwerpunktland der heurigen Osteuropakampagne der Caritas, mit der vor allem Kindern und Jugendlichen in Not geholfen werden soll. Armut hat dabei viele Gesichter und eines der grausamsten ist jenes des Menschenhandels. Aus Albanien werden laut der Organisation "Terre des Hommes" die meisten Menschen nach Westeuropa geschleust, wo sie als Sex- und Arbeitssklaven ausgebeutet werden.
Aber auch im Land selbst ist der Menschenhandel nach wie vor ein großes Problem. Die Caritas versucht auch dagegen, zumindest punktuell, vorzugehen. Das Schicksal der 17-jährigen Sabina steht stellvertretend für viele junge Mädchen und Frauen, die Opfer des Menschenhandels wurden und werden.
Eindrücke aus Albanien
Sabina lebt mit ihrer Mutter Rexhina in der nordalbanischen Stadt Puke im bettelarmen albanischen Bergland. Weitab von den Zentren des Landes. Die 17-jährige bewohnt mit ihrer Mutter einen winzigen schäbigen Raum in einem Abbruchhaus. Vielleicht drei mal drei Meter misst ihr gesamtes Zuhause. Darin gibt es ein Sofa und einen Holzofen. Das ist alles. Keine Möbel, kein Wasser, und auch sonst nichts.
Sabina will selbst nicht sprechen, das übernimmt für sie ihre Mutter Rexhina. Als Alleinerzieherin sei sie überfordert gewesen, erzählt Rexhina. Der Vater von Sabina lebt inzwischen in der albanischen Hafenstadt Durres mit einer anderen Frau. Sabina habe sich immer mehr auf der Straße herumgetrieben. Und eines Tages sei sie zu einer ihrer Halbschwestern nach Durres gegangen.
Unter Tränen stammelt Rexhina, dass Sabina in einer Bar in Durres landete, in Wahrheit freilich ein Sexclub. Sabinas Halbschwester arbeitete dort als Prostituierte, und Sabina fing als Tänzerin an. Rexhina fuhr nach Durres und wollte ihre Tochter herausholen, doch der Barbesitzer ließ sie nicht zu ihr. In ihrer Verzweiflung wandte sich die Mutter an die örtliche Caritasstelle in Puke und die Caritas-Mitarbeiter halfen ihr schließlich, Sabina wieder herauszubekommen.
Sabina und Rexhina besuchen inzwischen regelmäßig das Caritas-Tageszentrum in Puke. Hier fühlen sie sich wohl und hier wird ihnen auch ganz konkret geholfen. Das Zentrum bietet einen Ort für Kinder und Jugendliche, Mütter und ältere Menschen. Frauen erhalten Gesundheitsversorgung, Rechtsberatung, treffen sich zum Handarbeiten oder in Kochgruppen. Für Jugendliche gibt es spezielle außerschulische Bildungsprojekte, Kinder werden im Kindergarten betreut und medizinisch begleitet. Ältere Menschen aus armen Familien haben schließlich im Zentrum die Möglichkeit zum geselligen Treffen in zumindest notdürftig geheizten Räumen. - In all diesen Aktivitäten wird die örtliche Caritas finanziell von der Caritas aus Österreich unterstützt.
Leichte Beute für Menschenhändler
Sabinas Schicksal ist alles andere als ein Einzelfall, wie Migena Mollanij von der Caritas betont. Wenn die jungen Mädchen in bitterer Armut leben und einfach keine Zukunftsperspektiven sehen, dann sind sie leichte Beute für Menschenhändler aller Art. Sabina wollte schlicht nicht so enden wie ihre Mutter. Die bekommt vom Staat lediglich eine Unterstützung von 3.600 LEK im Monat, also umgerechnet etwa 25 Euro. Deshalb muss sie Müll sammeln. Über den gesamten Winter wird sie sich damit insgesamt rund 15 Euro dazuverdienen, rechnet die vom Leben schon schwer gezeichnete Frau vor. Sie ist erst 43, sieht aber aus wie 65.
Die genaue Zahl der von Menschenhandel betroffenen Personen ist sehr schwer zu fassen. Die Albanische NGO NCATS (National Coalition of Anti-Trafficking Shelters) berichtete, dass 2015 in Albanien offiziell 85 Fälle von Menschenhandel nachgewiesen wurden, wobei die inoffizielle Zahl wohl weit darüber liegt. Die Opfer würden manipuliert und vorwiegend unter falschen Vorwänden verschleppt, vergewaltigt und missbraucht. Betroffen sind vor allem auch Frauen und Mädchen aus ärmlichen ländlichen Gebieten. Der Staat Albanien versucht zwar mittels einer strengeren Gesetzgebung dem Problem Herr zu werden und es gibt auch einen nationalen "Strategie- und Aktionsplan zur Bekämpfung von Menschenhandel", doch für die Umsetzung fehlt schlicht das Geld.
Sabina kann demnächst in der nordalbanischen Stadt Shkoder wieder eine Schule besuchen, organisiert und finanziert von der Caritas, die auch für eine Wohnmöglichkeit aufkommt. Die junge Frau ist damit noch einmal der Menschenhändler-Mafia entkommen und hat eine Perspektive für ihr Leben. Ob dies auch vielen anderen Mädchen und jungen Frauen in Puke und Umgebung gelingen wird, hängt nicht zuletzt auch davon ab, ob ihnen die Caritas - auch mit Spenden aus Österreich - bessere Zukunftsperspektiven ermöglichen kann.
(Caritas Spendenkonto: Erste Bank, IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, Kennwort: Kinder in Not, Online Spenden: www.caritas.at/kinder)
Quelle: kathpress