Franziskus-Pontifikat ist "Paradies für Neue Medien"
Die Persönlichkeit von Papst Franziskus "passt ganz hervorragend" zu heutigen Kommunikationsschienen wie Twitter, Facebook oder YouTube. Nach den Worten des langjähriger Chef-Kommunikators im Vatikan und Sprachrohrs dreier Päpste, P. Federico Lombardi, könnte man sagen, "dass das Pontifikat von Franziskus ein 'Paradies für Neuen Medien' ist. Denn es entspreche dessen spontaner Art, "ständig Gesten, Worte und Bilder zu produzieren, die dazu geschaffen scheinen, sofort weitergegeben zu werden, um Aufmerksamkeit zu bekommen, die Imagination anzukurbeln und sich im Gedächtnis einzunisten".
P. Lombardi äußerte sich am Dienstagabend beim 70-Jahr-Jubiläum der katholischen Nachrichtenagentur "Kathpress" im Wiener Raiffeisenforum; rund 250 Mitfeiernde aus Kirche und Medien nahmen daran teil, darunter Kardinal Christoph Schönborn als österreichischer "Medienbischof". Festredner Lombardi war Leiter von "Radio Vatikan" und für zehn Jahre auch des vatikanischen Presseamts, der Sala Stampa, bevor er diese Aufgabe im Vorjahr an den US-Amerikaner Greg Burke abgab. Durch diese Funktionen war der 74-jährige italienische Jesuit Sprachrohr dreier Päpste - vor Franziskus von Benedikt XVI. und Johannes Paul II.
Alle drei stünden für unterschiedliche und zugleich "herausragende Persönlichkeiten", für "drei Weisen zu kommunizieren", aber auch für hohe Glaubwürdigkeit durch die jeweilige Übereinstimmung von Wort und Leben. Lombardi habe Männer auf dem Stuhl Petri erlebt, "die nicht das Gefallen der Medien gesucht haben, sondern sie selbst geblieben sind".
Neue Medien nützen, Risiken beachten
Heute sei es unumgänglich, sich auf die Digitalisierung von Kommunikation einzulassen. Bereits Benedikt XVI. habe Schienen wie YouTube, Twitter und Video-News genutzt, Papst Franziskus setze dies "mit unaufhaltsamem Erfolg fort" und nütze "wertvolle Verbreitungswege für Bilder und einfache Botschaften", um vor allem, aber nicht nur junge Menschen zu erreichen. So überwinde Franziskus Sprachbarrieren "wie auch seine eigenen Grenzen, was Sprachen angeht, und erreicht leicht auf neue Weise alle Winkel der Erde", sagte der Jesuit. Es sei zu wünschen, "dass diese Liebe zwischen der Welt der Medien und Papst Franziskus noch möglichst lange anhält".
Er selbst sei kein "digital native" und werde "nostalgisch beim Denken an die Zeiten von Gutenberg", scherzte Lombardi. Somit sei es passend, dass die Zukunft der vatikanischen Medien in anderen Händen liege. Zugleich legte der Medienexperte dem Auditorium kritische Anmerkungen zur Digitalisierung vor: "Der Papst und der Vatikan sind wichtig, aber sie sind nicht die gesamte Kirche." Deren Vielgestaltigkeit werde durch die Dynamiken des Internets leicht übersehen, die Aufmerksamkeit richte sich überproportional auf die starken Webseiten und die bekanntesten Menschen, so der Jesuit: "Riskieren wir, uns in einem verwirrenden Magma wiederzufinden, aus dem nur noch Papst Franziskus und seine begabten Nachfolger herausragen oder andere schwindelerregende Gipfel oder mächtigen Institutionen, die Herr sind über die Suchmaschinen?"
Und, so Lombardi weiter: Der Enthusiasmus für die Neuen Medien dürfe die Aufmerksamkeit für qualitätsvolle Inhalte nicht schwinden lassen. "Ein kompetenter, informierter Journalismus, der Probleme in ihrer Tiefe und in ihrer realen Komplexität verstehen will, ist notwendig und wird es weiter sein, vielleicht sogar noch mehr als früher", wie Lombardi betonte.
Lombardi skizziert "seine" drei Päpste
Der Vatikansprecher skizzierte "seine" drei Päpste und deren Umfeld: Johannes Paul II., "Zerstörer der Mauer, die Europa teilte" und "unermüdlicher Pilger in jedem Winkel der Erde", sei ein starker, mehrsprachiger Kommunikator gewesen, fähig, direkt mit den größten Menschenmengen zu sprechen. Der Wojtyla-Papst war laut Lombardi ein "Meister des Ausdrucks im Sprechen und in der symbolischen Geste" - auch nach dessen krankheitsbedingten Verstummen der Stimme in seiner letzten Lebensphase.
Benedikt XVI. würdigte Lombardi als "Sucher und Diener der Wahrheit und nicht des einfachen Kompromisses". Dies habe sich z.B. in der Missbrauchskrise gezeigt, als der bayerische Papst eine "Perspektive des bewussten Hinsehens" eingenommen und den "demütigen und aufrichtigen Weg der Reinigung" gewiesen habe. Als Vorbild sieht Lombardi Benedikt auch hinsichtlich der Einschätzung der eigenen Kräfte im Verhältnis zur Verantwortung des übernommenen Dienstes: Der Amtsverzicht Benedikts hat nach Einschätzung Lombardis "für seine Nachfolger einen neuen Raum der Freiheit geöffnet".
Franziskus: Raum für Inspiration lassen
Franziskus schließlich sei ein "Verkünder des Evangeliums als ein Wort des Trostes und der Freude, der barmherzigen Liebe des Vaters für alle seine Geschöpfe, angefangen bei den Armen". Lombardi nannte den Argentinier einen "Hirten, der die Kirche voll Vertrauen in Bewegung bringt, ohne gleich zu verlangen, exakt zu wissen, wohin es geht". Der Kommunikationsstil von Papst Franziskus sei gekennzeichnet von einem hohen Grad an Freiheit und Kreativität. Ein Sprecher, der gerne wüsste, was sein Chef machen und sagen wird, um darauf mit Erklärungen und präzisen Informationen reagieren zu können, stoße hier bei Franziskus an Grenzen - dem eine solche Vorgangsweise "nicht möglich und nicht einmal vorstellbar" sei. Aber - wie Lombardi hinzufügte - dies sei auch nicht wünschenswert. Denn Franziskus sei es wichtig, "dem Heiligen Geist Raum für die Inspiration zu lassen, damit er neue und nicht vorausgeplante Initiativen ergreifen kann". Und er wolle sich freihalten von möglichen "Konditionierungen" eines kurialen oder institutionellen Ambientes um ihn herum, sagte Lombardi. "Es kann sich also keiner denken, den Papst kontrollieren zu wollen, und alle seine Mitarbeiter müssen sich dessen bewusst sein."
Ein Kommunikator für den Papst aus Lateinamerika lerne, mit Überraschungen zu rechnen, etwa dass verschiedene Initiativen wie Briefe, Nachrichten, Telefonate, oder auch Interviews "nicht im Vorhinein bei ihm vorbeikommen". Denn der Papst bevorzuge es, spontan und direkt denen zu antworten, die ihn gefragt haben. Derlei Improvisationen sind laut Lombardi Teil des Charakters von Franziskus. "Das kann zu mancher Schwierigkeit oder zusätzlicher Mühe für den führen, der diese Aktivität aufs Genauste verfolgen muss", räumte der Ex-Chef der Sala Stampa ein. "Aber gleichzeitig - und das ist sehr viel wichtiger - ist es ein faszinierender Zug seiner Person, der ihm eine immense Sympathie und Zuneigung so vieler normaler Menschen einbringt. Also, weiter so!"
Quelle: kathpress