St. Pölten nun eine "Reformationsstadt Europas"
Die Geschichte St. Pöltens wurde von der Reformation vor 500 Jahren wesentlich geprägt - woran im evangelischen Jubiläumsjahr nun auch ein eigener Titel erinnert: Wie Graz, Villach, Klagenfurt, Steyr, Waidhofen an der Ybbs und Wien ist die niederösterreichische Landeshauptstadt nun auch eine "Reformationsstadt Europas", vermeldete der evangelische Pressedienst am Mittwoch. Eine entsprechende Urkunde übergab Bischof Michael Bünker am Dienstagabend St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler.
Nachdem man 1520 die ersten Anhänger Luthers in St. Pölten noch angeklagt habe, sei schon eine Generation später die ganze Stadt evangelisch gewesen, berichtete Bischof Bünker beim Festakt. Dass sich früh ein öffentliches städtisches Schulwesen etabliert habe und auch ein Bürgerspital entstanden sei, deute auf eine rasche Verbreitung des reformatorischen Gedankenguts in St. Pölten mit Auswirkungen auf das soziale Leben hin. Luthers Impulse für die Kommune seien in St. Pölten gegen den Willen des Landesherrn und zuständigen Bischofs "vorbildlich" umgesetzt worden.
Bürgermeister Stadler (SPÖ) bezeichnete den Titel "Reformationsstadt" als Zeichen dafür, dass die Stadt schon immer Neuerungen gegenüber aufgeschlossen gewesen sei und Herausforderungen angenommen habe. Dazu gehörten der "Blick in die Weite" ebenso wie Religionsfreiheit und der interreligiöse Dialog, dem sich St. Pölten verpflichtet fühle.
Den Angaben zufolge waren im 16. Jahrhundert 90 Prozent der Bevölkerung in St. Pölten evangelisch. Zwischen 1576 und 1624 setzte die Gegenreformation und somit massiver Druck auf Evangelische ein. Schulen mussten geschlossen werden, wer nicht katholisch wurde, musste die Stadt verlassen. Rund 100 Jahre nach der Neugründung der evangelischen Pfarrgemeinde in St. Pölten leben heute in Niederösterreich rund 40.000 Evangelische in 28 Pfarrgemeinden.
Die evangelische Vergangenheit St. Pöltens wird 2017 in mehreren Veranstaltungen thematisiert, u.a. in Führungen zu evangelischen Schauplätzen, an denen auch der Bürgermeister und Historiker Stadler als Stadtführer unterwegs ist. Auf die evangelische Geschichte Niederösterreichs verweist anlässlich des Reformationsjubiläums eine am Dienstag präsentierte 68 Cent-Briefmarke, die die historische Luther-Bibel aus Mitterbach zeigt. Zudem gibt es auch weitere Sondermarken mit Sujekts des Künstlers Olaf Osten zum Jubiläums-Motto "Freiheit und Verantwortung".
Europaweit beteiligen sich 78 Städte am Projekt der "Reformationsstädte". Die Auszeichnung wird von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) vergeben, deren Generalsekretär Bünker ist. Impulse der Reformation sollen dadurch ebenso bewusst gemacht werden wie das Zusammenwirken zwischen Christen und Bürgergemeinde. Eine Bewerbung erfordert den Beschluss der Stadtregierung sowie der örtlichen Kirche.
Quelle: kathpress