Schönborn würdigt Krikorian in Nachruf als Ökumene-Pionier
Kardinal Christoph Schönborn hat der armenisch-apostolischen Kirche sein Beileid zum Tod von Erzbischof Mesrob Krikorian bekundet. Der am 14. Jänner im 85. Lebensjahr verstorbene Geistliche sei "nicht nur ein vorbildlicher Hirte für die ihm anvertrauten Gläubigen, sondern auch ein Arbeiter der ersten Stunde im ökumenischen Weinberg unseres Landes" gewesen, würdigte der Wiener Erzbischof in einem am Montag unterzeichneten Brief an den armenischen Katholikos-Patriarch Karekin II. seinen armenischen Amtskollegen, für den am Mittwoch in Wien eine Seelenmesse gefeiert wird (Armenische Kirche St. Hripsime, 1030 Wien, Kolonitzgasse 11 , 18 Uhr).
Die Christen in Österreich und darüber hinaus würden dem Theologen, Historiker und Seelsorger Krikorian sehr viel verdanken, betonte Schönborn. "Es ist auch sein Verdienst, dass die ökumenische Atmosphäre in Österreich von einer Haltung des Miteinanders und der Bereitschaft, voneinander zu lernen, geprägt ist." Untrennbar sei Krikorians Name verbunden mit den von der Stiftung "Pro Oriente" initiierten inoffiziellen Konsultationen zwischen katholischen und orientalisch-orthodoxen Theologen. Diese hätten zur Beilegung eines 1.500 Jahre währenden theologischen Streits durch die "Wiener Christologische Formel" beigetragen.
Die Arbeit der Ökumene-Stiftung "Pro Oriente" habe Krikorian von Anfang an wesentlich mitgeprägt, berichtete der Kardinal. In freimütiger Art habe er seinen katholischen Gesprächspartnern neue Horizonte und Perspektiven erschlossen. Die Dialoge der Stiftung mit den orientalisch-orthodoxen Theologen etwa seien nur deshalb zustandegekommen, weil Mesrob Krikorian über seine Erfahrungen beim inoffiziellen Dialog zwischen der byzantinischen Orthodoxie und den orientalisch-orthodoxen Kirchen ab 1967 so eindringlich zu berichten gewusst habe. Schließlich sei Krikorian bei allen fünf "Pro Oriente"-Konsultationen mit den orientalisch-orthodoxen Theologen Ko-Vorsitzender gewesen.
Eine ganze Reihe weiterer ökumenischer Engagements habe Krikorians Wirken gekennzeichnet, verwies Schönborn auf das oftmalige Auftreten in der "Ökumenischen Morgenfeier" des ORF, im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich, im Weltkirchenrat, im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen oder auch als als Delegierter seiner Kirche bei römischen Bischofssynoden.
Der verstorbene Erzbischof habe "vielen Christen in unserem Land Mut zur Ökumene gemacht, zum respektvollen Gespräch der getrennten Christen, auch zur Entdeckung der geistlichen Schätze der jeweils anderen Kirchen", so Schönborns Würdigungsworte. Diese Haltung habe Krikorian in den offiziellen Dialog zwischen der katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen eingebracht. Der Erzbischof sei eine "theologisch versierte, ökumenisch erfahrene, wissenschaftlich fundierte, zwischenkirchlich aufgeschlossene und besonnene Stimme" gewesen, der damit dem Dialog und der Kirche Jesu Christi einen großen Dienst an der Einheit geleistet" habe, zitierte der Kardinal den Salzburger Ostkirchenexperten Dietmar W. Winkler.
Leiter der Armenier-Seelsorge über Jahrzehnte
Der in Aleppo als Kind einer Familie von Völkermords-Überlebenden geborene Mesrob Krikorian wirkte seit 1959 als Seelsorger der armenisch-apostolischen Gemeinde in Österreich. 1964 war er Gründungsmitglied von "Pro Oriente" und trug wesentlich zum Vertrauensaufbau zwischen der Stiftung und den orientalisch-orthodoxen Kirchen bei. 1972 bis 1974 war Krikorian auch Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), von 1964 bis 1974 offizieller Vertreter seiner Kirche beim Weltkirchenrat in Genf Seelsorger der armenischen Gemeinde in Athen. 1986 wurde er Bischof und später Erzbischof der 1980 errichteten Eparchie seiner Kirche für Mitteleuropa und Skandinavien, die er bis 2011 leitete.
Die Anfänge der Armenier in Österreich gehen auf das 17. Jahrhundert zurück. Anfangs waren es vor allem Kaufleuten im Dienst des Hauses Habsburg. Noch um 1900 scheiterten Versuche, eine eigene Kirchengemeinde zu etablieren bzw. eine eigene Kirche zu bauen. Um 1960 betrug die Zahl der Armenier in Wien rund 350. Ihre Zahl wuchs dann aber rasch. Heute leben in Österreich bis zu 7.000 armenische Christen, davon ca. 3.000 in Wien. Kleine armenische Gemeinden gibt es neben Wien auch noch in Linz, Graz, Bregenz, Klagenfurt und Salzburg. Insgesamt vier Geistliche kümmern sich um die Seelsorge. Geleitetet wird die Armenisch-Apostolische Kirche in Österreich inzwischen von P. Tiran Petrosyan. Er ist Patriarchaldelegat für Mitteleuropa und damit neben Österreich u.a. auch für Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Skandinavien zuständig.
Quelle: kathpress