Paulus ermutigt zu interreligiösen Partnerschaften
Interreligiöse Beziehungen sollten als Chance begriffen werden, ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft zu fördern. Das hat die an der Universität Marburg (Deutschland) lehrende Neutestamentlerin Aliyah El Mansy in einem am Montag veröffentlichten Beitrag für die theologische Feuilleton-Seite im Internet "www.feinschwarz.net"; unterstrichen. Dafür könne man sich sogar auf biblische Traditionen stützen. Der Völkerapostel Paulus ermutige in seinem Brief an die Gemeinde der "quirligen und multikulturellen Hafenstadt" Korinth dazu, interreligiöse Partnerschaften nicht zu trennen und "darauf zu vertrauen, dass das Eigene im Miteinander nicht verloren geht", erinnerte die evangelische Bibelwissenschaftlerin. Ängste, Unsicherheiten und Vorurteile könnten so "losgelassen" werden.
In der von Paulus gegründeten Gemeinde von Korinth gab es laut El Mansy Verbindungen von Christen mit Personen, die ihren Hausgottheiten Rauchopfer darbrachten, in den Aphrodite-Tempel gingen oder bei Einladungen Götzenopferfleisch aßen. Von Ängsten motivierte Rufe seien daraufhin laut geworden, dass solche Ehen getrennt werden sollten. Demgegenüber zeige Paulus eine "Gelassenheit, die er aus der neu geschenkten Christusidentität schöpft". Der Apostel empfehle etwas, "das damals sicherlich so sehr wie heute überraschte: Wenn du mit einer ungläubigen Person verheiratet bist und diese stimmt einem Zusammenleben zu, sollst du dich nicht trennen (1Kor 7,12f)".
"Warum solltest du weniger zu Gott und zur Gemeinschaft gehören oder sie gefährden, wenn dein Ehepartner nicht christlich ist?", so die rhetorische Frage des Paulus. Auch Kinder aus dieser Verbindung seien "nicht unrein, sondern heilig". Paulus ruft in seinem Brief zu Vertrauen und Gelassenheit auf: "Es liegt nicht in deiner Hand, ob deine Frau/dein Mann zu uns gehören möchte - das kann sich so ergeben oder auch nicht."
Freilich: Paulus sage nicht, wie eine interreligiöse Ehe gelebt, seelsorgerlich begleitet und rituell gestaltet werden kann, räumte El Mansy ein. Doch das seien die Fragen, mit denen Paare, ihre Familien und ihr Umfeld heute konfrontiert sind. Die Bibelwissenschaftlerin erinnerte daran, dass die christlichen Kirchen bis in die 1990er-Jahre hinein sogar mit interkonfessionellen Ehen gerungen hätten und sich interreligiösen Ehen gegenüber bis heute in Handreichungen und Orientierungshilfen mindestens skeptisch bis warnend äußerten.
Trennendes anfangs ausgeblendet
El Mansy zitierte eine US-Studie von Naomi Schaefer Riley über interreligiöse Paare, die mehr als andere Ehen von Konflikten und Instabilität geprägt seien. Die Verbindungen würden oft eingegangen, ohne die mit ihren religiösen Wurzeln verbundenen praktischen Implikationen zu bedenken: "Das beginnt bei der Frage religiöser Rituale bei der Hochzeit, über die Gestaltung der Jahresfeste der Religionsgemeinschaften, bis hin besonders zur Erziehung und religiösen Initiation, wenn das erste Kind unterwegs ist." Erfahrungen der interkulturellen Seelsorge im deutschen Raum bestätigen laut El Mansy einige dieser Beobachtungen, zeichnen aber ein nicht ganz so negatives Bild.
Ein klarer, realistischer Blick auf interreligiöse Ehen lichte den "Schleier romantischer Ideale" rund um solche Beziehungen und rüttle an der Tabuisierung der Schwierigkeiten interreligiöser Beziehungen zu Gunsten einer falsch verstandenen "Toleranzprämisse". Weiters konfrontiere unverstelltes Wahrnehmen mit den strukturellen Problemen unserer Gesellschaft, statt individuelles Scheitern vorzuwerfen.
Verbände oder Gruppen wie der deutsche "Verband binationaler Familien und Partnerschaften e.V." hätten hier zuallererst Beratung und Begleitung zu leisten - "und zwar nicht aus einer Haltung der Angst heraus, Mitglieder zu verlieren, sondern in Akzeptanz, Wertschätzung, Respekt und Verständnis", schrieb die Neutestamentlerin. Es seien Räume zu schaffen, in denen interreligiöse Paare mit ihren speziellen und allgemeinen Erfahrungen einen Ort haben, sei es in der Seelsorge, im Gemeindealltag oder den Gottesdiensten. Jedenfalls gelte: Interreligiöse Beziehungen sind eine "Chance für unsere Gesellschaft".
Quelle: kathpress