Mit kreativen Neuansätzen gegen Kirchenaustritte
Mit kreativen Neuansätzen in der Seelsorge und einem generell besseren "Beziehungsmanagement" sollte dem Mitgliederschwund in der katholischen Kirche begegnet werden: "Es braucht dafür Experimentierfreude und Fehlerfreundlichkeit", meinte die Pastoraltheologin an der Katholischen Privat-Universität Linz, Hildegard Wustmans, im Interview mit der Linzer "KirchenZeitung" (Ausgabe 21. Jänner). Die jüngste Kirchenstatistik, die für Oberösterreich im vergangenen Jahrzehnt ein Minus von rund acht Prozent bei der Katholikenzahl (2006: 1,051 Millionen; 2016: 0,965 Millionen) ausweist, nannte sie einen Ansporn, neue Wege zu beschreiten.
"Wir müssen kreativ werden und an anderen Orten auf die Leute zugehen", meint Wustmans. Christ/innen, die sich zum Beispiel im Rahmen des Projektes "Erzähl mir was, ich höre dir zu" mitten in der Stadt auf der Straße zum Gespräch zur Verfügung stellen, zählt sie als gelungenes Beispiel aus Linz. Die Statistik ist für sie Ansporn, neue Wege in der Seelsorge zu beschreiten. "Es braucht dafür Experimentierfreude und Fehlerfreundlichkeit. Nicht alles, was probiert wird, wird funktionieren." Kirchenaustritte seien Ausdruck davon, dass die "Leute damit nicht zufrieden sind, wie ihnen Kirche begegnet", sagt die Pastoraltheologin. Wustmans wünscht sich generell ein besseres "Beziehungsmanagement" der katholischen Kirche.
Kirchlichen Ritualen und Sakramenten kommt nach der Überzeugung der Theologin eine Schlüsselrolle zu. An den konstant hohen Zahlen bei Taufe und Erstkommunion in der Kirchenstatistik könne man ablesen, dass "die Menschen etwas von der Kirche wollen und brauchen". Die Kirche müsse freilich angemessen darauf reagieren, "dass die Leute zu den Anlässen wie Taufen, Begräbnissen und Hochzeiten kommen und dann wieder weg sind." Diese sporadischen Kontakte gut zu nutzen sei eine missionarische "Super-Chance", wie Wustmans sagte.
"Nicht von Trost sprechen, sondern trösten"
In diese Formen solle verstärkt investiert werden, etwa indem "exzellente Hochzeiten" angeboten werden. Begegnungen mit Leuten, die man sonst in der Kirche nicht sieht, sollen von "glaubwürdigen" Seelsorgern bestmöglich gestaltet werden, etwa mit qualitätsvoller Liturgie und ansprechenden Predigten. "Nicht von Trost sprechen, sondern trösten", empfahl Wustmans als Beispiel.
Aber auch auf Neuansätzen in der City-Pastoral sollte mehr Augenmerk liegen: Christinnen und Christen, die sich zum Beispiel im Rahmen des Projektes "Erzähl mir was, ich höre dir zu" mitten in Linz auf der Straße zum Gespräch zur Verfügung stellen, nannte sie ein gelungenes Beispiel.
Wustmans sprach sich auch dafür aus, dass Kinder grundsätzlich vorbehaltlos getauft werden - auch, wenn die Eltern aus der Kirche ausgetreten sind. "Es gibt die Gemeinschaft der Christen, die für diese Kinder im Glauben Vorbild sein kann." Katholiken, die im Glauben eine wertvolle Ressource haben, seien gefordert, diese Erfahrung weiterzugeben.
"Das Reich Gottes will wachsen"
Die Linzer Pastoraltheologin warnte vor einem Unterschätzen der kontinuierlichen Krichenaustritte. "Man darf nicht glauben, es ist dieses Jahr eh nicht so schlimm, weil die Austritte zurückgegangen sind. Jeder Mensch, der die katholische Kirche verlässt, ist ein Alarmzeichen", kommentierte Wustmans die aktuelle Statistik. Von einem "Gesundschrumpfen" der Kirche könne keine Rede sein: "Das Reich Gottes will wachsen. Das zeigt u.a. das biblische Gleichnis vom Senfkorn, aus dem ein großes Gewächs wird, in dem Vögel nisten werden."
9236 Oberösterreicher kehrten 2016 der katholischen Kirche den Rücken; 904 traten wieder oder neu ein. Die Zahl der Taufen ist auch über einen längeren Zeitraum stabil. Sie lag in der Diözese Linz zuletzt bei 10.033. (www.kirchenzeitung.at)
Quelle: kathpress