Grazer Schauspielhaus gastiert in 24 steirischen Kirchen
Das Grazer Schauspielhaus gastiert heuer erstmals in Kirchen: Zwischen 27. Jänner und 9. Juni führt das Ensemble das Stück "Judas" der niederländischen Dramatikerin Lot Vekemans in 24 evangelischen und katholischen Gotteshäusern in der Steiermark auf. Premiere ist am 27. Jänner im Mausoleum in Graz. Anders als in der kirchlichen Tradition wird die Geschichte des Apostels dabei nicht nur aus der Schuldperspektive erzählt. Das Stück zeichne einen "starken und mutigen Judas", der genau dorthin zurückkehre, "wo er jedes Mal aufs Neue, über tausende von Jahren, immer wieder verurteilt wird", hieß es in einer Ankündigung des Kooperationsprojektes zwischen Schauspielhaus und Kirchen.
Die Kirche als Inszenierungsort ist laut Regisseur Markus Kubesch gleichzeitig Segen und Fluch: "Ich glaube, dass jeder, der die Kirche als gläubiger Mensch betritt, mit einer klaren Erzählung von Judas als Verräter aufgewachsen ist." Der Fokus des Stücks liege aber auf dem "unbekannten Teil" der Geschichte.
Judas-Darsteller Frederik Jan Hofman erzählt die Geschichte in einem Monolog aus der Perspektive des Judas. Für ihn zählt die Auseinandersetzung mit der Figur. Es gehe darum, "dem Betrachter eine neue, andere Sichtweise zu ermöglichen, mit der er sich auseinandersetzt", so Hofman.
In der Literatur gibt es seit längerem Ansätze einer Neudeutung der Judas-Figur: Autoren wie Walter Jens ("Der Fall Judas", 1975) oder Amos Oz ("Judas", 2015) haben Judas als wichtigen Protagonisten der Heilsgeschichte literarisch rehabilitiert.
"Theater und Kirche sind wie Schwestern"
"Theater und Kirche sind wie Schwestern, die die Frage nach dem Sinn des Lebens verbindet", so Gertraud Schaller-Pressler, die für die Diözese Graz-Seckau das Kooperationsprojekt mit evangelischer Kirche und Schauspielhaus koordiniert. Auch Liturgie sei ein "geistliches Spiel", bei dem sich die Akteure einer eigenen Kleidung und Sprache bedienten. Wie hinter jedem Theaterstück eine Aussage über den Menschen, die Welt und die Gesellschaft stehe, "möchte jede liturgische Feier Glaubenswirklichkeiten in die Gegenwart, ins Jetzt transferieren".
Helga Rachl von der evangelischen Kirche sieht den Mehrwert der Kooperation mit dem Theater auch darin, "dass unterschiedliche Milieus angesprochen werden" und mit dem Theaterstück "Judas" zudem ein theologischer Inhalt auf eine existenzielle Frage heruntergebrochen werde und das Thema Schuld und Erlösung erschließe.
Nach der Premiere im Mausoleum und der Aufführung in der evangelischen Heilandskirche Graz wandert das Stück als mobile Produktion durch die Steiermark und macht etwa im Stift St. Lambrecht und in der evangelischen Pfarrgemeinde Mürzzuschlag Station. Das Projekt wird von der Diözese Graz-Seckau gefördert, der Eintritt ist frei. (www.schauspielhaus-graz.com)
Quelle: kathpress