Literatur und Religion verbindet das Phantastische
Was verbindet Literatur und Religion? Die gemeinsame Suche nach Wahrheit? Nach dem Guten? Der Berliner Autorin und Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe zufolge besteht die Verbindung im beiderseitigen Zugang zum Phantastischen und zur "spukhaften Bildhaftigkeit", wie sie etwa Heiligengeschichten oder den Figuren von Teufel und Engel innewohnen. Auch wenn sich die Theologie heute mit diesen eigentlich genuin religiösen Bereichen schwer tue, so sei es gerade Literatur, die keine Berührungsängste kenne: "Die Literatur liebt das Phantastische, das Obskure und Abseitige", so Hoppe in einem Interview mit dem Wiener Theologen Jan-Heiner Tück, das am Freitag auf der Website der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien veröffentlicht wurde.
Das Interview fand im Vorfeld des Vortrags von Felicitas Hoppe am kommenden Dienstag, 17. Jänner, an der Universität Wien statt. Die Autorin wird im Rahmen der von Tück initiierten "Poetikdozentur" unter dem Titel "Und schrieb in den Sand ..." über das Thema Mündlichkeit und Schriftlichkeit in Literatur und Religion referieren (Beginn 18.30 Uhr, Hörsaal 47, Universität Wien).
Seit jeher gebe es einen Konnex zwischen Religion und Literatur, so Hoppe, da Religion und Gottesfrage immer "bedeutsam" gewesen seien und sich daher in Literatur spiegelten. Wer sich ernsthaft mit der Geschichte von Theologie, Philosophie und Literatur beschäftige, der werde feststellen, "dass es nie eine Zeit des Desinteresses gegeben hat, wohl aber eine Befangenheit, was den öffentlichen Diskurs betrifft". Gleichwohl blieben religiöse Kategorien wie etwa der Himmel oder die Hölle weitgehend "literarisch unausgelotete" Bereiche.
Felicitas Hoppes Bücher - sie schreibt seit 1996 Romane und Erzählungen - kreisen immer wieder um das "Geheimnis der Identität" und die "Wahrheit" der Fiktion. 2012 erschien ihr vielbeachteter Roman "Hoppe", zuvor ihr Roman "Johanna" (2006) über die Jungfrau von Orleans. In ihren Augsburger Vorlesungen "Sieben Schätze" (2009) widmete sie sich religiösen Fragen.
Hoppes Vortrag bei der "Poetikdozentur" ist der fünfte der Reihe; vor ihr beleuchteten Sibylle Lewitscharoff und Nora Gomringer - ebenfalls Büchner-Preisträgerinnen -, Thomas Hürlimann und Alois Brandstätter aus je eigenem Blickwinkel das Verhältnis von Literatur und Religion. Dabei hat sich laut Initiator Tück gezeigt, dass in der zeitgenössischen Literatur eine Abkehr von der Ausgrenzung von Metaphysik und Transzendenz feststellbar sei. Dadurch blieben "Überhangfragen" offen, die heute wieder stärker ins Bewusstsein rücken. (Infos: http://dg-ktf.univie.ac.at/poetikdozentur)
Quelle: kathpress