"Christlicher Einheitsbrei nicht Ziel der Ökumene"
Vom Einsatz für die Einheit der Christen - die Ökumene - hängt die Glaubwürdigkeit der Kirchen ab: Das hat der Wiener Ökumene-Experte Prof. Rudolf Prokschi in der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" dargelegt. Bei der Ökumene gehe es nicht um den "christlichen Einheitsbrei" des kleinsten gemeinsamen Nenners aller Kirchen, sondern letztlich um "die Einheit aller, die auf den dreifaltigen Gott getauft sind", betonte der Theologe. Wichtig sei es dabei, dass diese Einheit in der gemeinsamen Teilnahme an der einen Kommunion zum Ausdruck komme, so Prokschi in einem Interview zur bevorstehenden Weltgebetswoche für die Einheit der Christen (18. bis 25. Jänner).
Es gebe viele Unterschiede und auch "theologische Spitzfindigkeiten" zwischen den christlichen Kirchen, "die aber sicher nicht kirchentrennend sind", zeigte sich der Fachmann überzeugt. Oft würden diese Unterschiede die pastorale Praxis betreffen, die sich in den verschiedenen Traditionen anders entwickelt hat. Was die theologischen Kernaussagen des gemeinsamen christlichen Glaubens an Menschwerdung, Tod und Auferstehung Jesu betrifft, so seien diese auf den ersten Konzilen (Nicäa 325 und Konstantinopel 381) im Großen Glaubensbekenntnis noch vor der ersten Kirchenspaltung festgelegt worden, so Prokschi: "Dieser Grundlagentext ist für alle Kirchen verbindlich."
Auf die entscheidenden Knackpunkte im Verhältnis zwischen katholischer und evangelischer Kirche angesprochen, meinte der Ökumene-Experte, dass in erster Linie das unterschiedliche Kirchen- und Amtsverständnis von entscheidender Bedeutung sei. Damit hängten dann auch das Eucharistieverständnis und die Sakramentenlehre zusammen. Prokschi: "Es ist meines Erachtens ein wesentlicher Unterschied, ob man von einer sakramentalen Weihe oder von einer Ordination spricht. Mit dieser Frage müssen sich auf jeden Fall die Experten beider Seiten noch intensiv beschäftigen."
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) habe sich in der Ökumene sehr viel getan, erinnerte Prokschi. Leider sei diese "Erfolgsgeschichte" für viele schon in Vergessenheit geraten bzw. überhaupt nicht präsent, weil viele erst nachher geboren wurden. Man müsse zum einen wohl zugeben, "dass es immer wieder auch Rückschläge gab und die aktuelle Situation von manchen als Stillstand empfunden wird". Dennoch gebe es auch in der jüngsten Geschichte immer wieder ökumenische Highlights, so Prokschi. Er verwies in diesem Zusammenhang auf den Besuch von Papst Franziskus im schwedischen Lund zur Eröffnung des Reformationsjubiläums.
Quelle: kathpress