Pfarrer wird aktiv gegen Ungarns Flüchtlingspolitik
Über schlimme Zustände im ungarischen Flüchtlingslager Körmend berichten Migranten, die von Zoltan Nemeth, dem katholischen Pfarrer der Ortschaft zwölf Kilometer hinter der österreichischen Grenze, vorübergehend einquartiert wurden. Trotz der Kälte leben die Flüchtlinge in Zelten, die durch Holzöfen kaum ausreichend beheizt werden können, geht aus einem Bericht der Tageszeitung "Der Standard" (Montag) hervor. Die Umstände, die ein Schlafen kaum möglich machten, sollten die Flüchtlinge zum Weiterziehen "ermuntern".
Kurz vor Weihnachten habe ihn ein Hilferuf aus dem Camp auf seinem Pfarrgebiet erreicht, berichtete Nemeth. "Wir erfrieren! Bitte helfen Sie uns!", so die Botschaft. Er habe daraufhin in einem abgetrennten Teil seines Pfarrhauses acht junge Männer aus Afrika, dem Irak, Afghanistan und Kuba aufgenommen. Die Flüchtlinge würden einmal täglich ins Lager gehen, um sich wie vorgeschrieben zu melden und mit ihren Angehörigen zu Hause übers Internet zu kommunizieren. Erste vorsichtige Begegnungen mit den teils Ablehnung signalisierenden Pfarrangehörigen habe es bislang erst beim Weihnachtsessen gegeben, bei dem die Flüchtlinge mithalfen.
Die Kirche in Europa ist laut Nemeth heute eine "Kirche des Katastrophentourismus": In der Notlage würden ganz wenige wirklich alles geben, um zu helfen, "während die Mehrheit rundherum steht und nur glotzt, nur darauf wartet, dass irgendetwas geschieht", sagte der Priester. Er selbst sei kein Held, sondern "oft nur Glotzer gewesen", erklärte er. Ihn plagten Gewissensbisse, da er schon viel früher hätte handeln müssen.
Pfarrer Nemeth missachtet damit auch die Linie der katholischen wie auch der calvinistischen und unierten Kirche in Ungarn, schreibt der "Standard": Die drei größten Glaubensgemeinschaften des Landes gelten als Unterstützer der abweisenden Flüchtlingspolitik von Regierungschef Viktor Orban. Einige wenige Geistliche halten sich nicht daran, darunter neben Nemeth u.a. auch Erzabt Asztrik Varszegi aus der Benediktinerabtei Pannonhalma oder Pfarrer Zoltan Palfai aus dem südostungarischen Mako.
Quelle: kathpress