"Bibel im Unterschied zum Koran kein 'Buch, das Gott schrieb'"
Die Bibel im Unterschied zum islamischen Verständnis des Koran "kein Buch, das Gott geschrieben hat". Auf diesen für die Hermeneutik und Textkritik wesentlichen Unterschied hat der Regensburger Bibelwissenschaftler Christoph Dohmen im Interview mit der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" (Ausgabe 8. Jänner) hingewiesen. Die Bibel buchstäblich und damit fundamentalistisch zu lesen, wäre eine "Selbstaufgabe des Denkens".
Die Bibel ist nach jüdisch-christlichem Verständnis "eine Heilige Schrift dadurch, dass sie Glaubenszeugnisse durch Menschen niederlegt" und damit "Menschenwort mit all seinen Begrenzungen" sei, wie Dohmen darlegte. Beim von Muslimen direkt auf Gott zurückgeführten Koran dagegen gebe es das Verständnis, dass davon eine "Urschrift im Himmel" existiere. Für beide - Bibel und Koran - gilt nach den Worten des Theologen, dass deren Texte immer wieder neu verstanden werden müssen: "Fundamentalismus bei der Auslegung führt bei beiden zu schlimmen Dingen."
Das Zweite Vatikanische Konzil habe die Einheit und Ganzheit der Heiligen Schrift unterstrichen; "in ihrer Gesamtheit kann sie als Wort Gottes geglaubt werden", wies Dohmen hin. Auf keinen Fall könne man aber sagen: "Das ist Wort Gottes, und deshalb ist das buchstäblich so". Eine solche Bibelauslegung sei "fundamentalistisch" und widerspreche kritischem Denken.
Zur neuen Einheitsübersetzung sagte der Bibelwissenschaftler, die Revision sei weit mehr als "ein Tilgen von Druckfehlern oder eine kleine Überarbeitung": Es hätten sich einige grundlegende Prinzipien geändert; z.B. sei der frühere, von eingebundenen Germanisten betriebene Versuch relativiert worden, die Sprache der Bibeltexte möglichst verständlich zu halten. "Jetzt dagegen haben wir uns dafür entschieden", so Dohmen: "Die Bibel soll verständlich sein, aber sie ist ein Text aus einer fernen Zeit, und das darf und soll auch spürbar bleiben - die Texte müssen nicht leicht eingängig sein."
Quelle: kathpress