Botschaft zum Weltfriedenstag 1982
Botschaft Seiner Heiligkeit Papst Johannes Paul II. zur Feier des Weltfriedenstages
1. Januar 1982
„FRIEDEN: GOTTES GESCHENK, DEN MENSCHEN ANVERTRAUT“
An euch Jugendliche, die morgen die großen Entscheidungen dieser Welt treffen werdet, an euch Männer und Frauen, die ihr heute Verantwortung für das Leben der Gesellschaft habt,
an die Familien und Erzieher,
an die einzelnen und an Gemeinschaften,
an die Staatsoberhäupter und Regierungen,
an euch alle richte ich diese Botschaft am Beginn des Jahres 1982. Ich lade euch ein, zusammen mit mir über das Thema dieses neuen Weltfriedenstages nachzudenken:
Frieden, Gottes Geschenk, den Menschen anvertraut. Diese Wahrheit stellt sich uns immer dann vor Augen, wenn wir unseren persönlichen Einsatz bestimmen und Entscheidungen hierzu treffen wollen. Diese Wahrheit spricht die ganze Menschheit an, alle Männer und Frauen, die sich füreinander und alle gemeinsam für die Welt verantwortlich wissen.
1. Schon am Ende des ersten Weltkrieges hat mein Vorgänger Papst Benedikt XV. diesem Thema eine Enzyklika gewidmet. Erfreut über die Einstellung der Kämpfe, hielt er es jedoch für unbedingt notwendig, Haß und Feindschaft in einer von gegenseitigen Liebe beseelten Versöhnung zu überwinden. Darum begann er seine Enzyklika mit folgenden Worten: „Frieden, dieses herrliche Gottesgeschenk, das, wie Augustinus sagt, „unter den vergänglichen Gütern dieser Erde das feinste ist, von dem man sprechen, das ersehnteste, das man sich wünschen, das beste, das man finden kann“ (De Civ. Dei, XIX, c. XI)“ (Enzyklika Pacem Dei munus: AAS 12 [1920] 209).
Friedensbemühungen in einer zerrissenen Welt
2. Seitdem mußten meine Vorgänger diese Wahrheit oft in Erinnerung rufen bei ihrem stetigen Bemühen, zum Frieden zu erziehen und zu ermutigen, für einen dauerhaften Frieden zu arbeiten. Heute ist der Frieden in der ganzen Welt eine vorrangige Sorge geworden, und dies nicht nur für jene, die für das Geschick der Völker Verantwortung tragen, sondern vor allem für weite Teile der Bevölkerung und unzählige einzelne Menschen, die es sich hochherzig und unbeirrbar zur Aufgabe stellen, eine Friedensmentalität zu schaffen und zwischen den Völkern und Nationen einen wahrhaften Frieden zu errichten. Dies ist gewiß eine ermutigende Tatsache. Aber es läßt sich nicht verbergen, daß trotz der Anstrengungen, die von allen Männern und Frauen guten Willens unternommen werden, weiterhin schwere Bedrohungen über dem Frieden in der Welt liegen. Darunter finden sich einige in Form von Streitigkeiten im Innern mehrerer Nationen; andere entstammen den tiefreichenden und starken Spannungen zwischen den Nationen und den einander entgegengesetzten Machtblöcken innerhalb der Weltgemeinschaft.
Die verschiedenen Frontstellungen, deren Zeugen wir heute sind, unterscheiden sich gewiß von jenen, die wir aus der Geschichte kennen, durch einige neue Merkmale. Zunächst nimmt man ihren globalen Charakter wahr: Selbst ein örtlich begrenzter Konflikt ist häufig Ausdruck von Spannungen, die anderswo in der Welt ihren Ursprung haben. Ebenso geschieht es oft, daß sich ein Konflikt noch weiter entfernt vom Ort seines Ausbruchs tief auswirkt. Weiterhin kann man von einem totalen Charakter sprechen: Die heutigen Spannungen mobilisieren alle Kräfte der Völker; außerdem finden die Suche nach dem eigenen Profit und sogar die feindselige Gesinnung selbst heute ihren Ausdruck ebenso in der Führung des ökonomischen Lebens oder in der technischen Anwendung der Wissenschaften wie auch im Gebrauch der Massenmedien oder im militärischen Bereich. Schließlich muß man den radikalen Charakter hervorheben: Der Einsatz bei diesen Konflikten ist das Überleben der gesamten Menschheit wegen der ungeheuren Zerstörungsgewalt der heutigen Waffenarsenale.
Während viele Faktoren die Einheit der Menschheitsfamilie fördern könnten, erscheint diese somit als eine zerrissene Welt, in der die Aufspaltungen in Ost und West, in Nord und Süd, in Freund und Feind stärker sind als die einigenden Kräfte.
Ein Grundproblem
3. Die Ursachen dieser Situation sind selbstverständlich vielfältig und liegen in unterschiedlichen Bereichen. Die politischen Ursachen sind natürlich leichter zu erkennen. Einzelne Gruppen mißbrauchen ihre Macht, um ganze Völker zu beherrschen. Getrieben vom ungezügelten Verlangen nach Ausdehnung, gelangen bestimmte Nationen dahin, ihren Wohlstand ohne Rücksicht, das heißt auf Kosten des Glücks der anderen, aufzubauen. Ein zügelloser Nationalismus läßt so Pläne für eine Vorherrschaft entstehen, in deren Rahmen die Beziehungen zu den anderen Nationen als eine unerbittliche Alternative erscheinen: entweder Unterwerfung und Abhängigkeit oder Konkurrenzkampf und Feindseligkeit. Eine tief erreichende Analyse enthüllt als Ursache dieser Situation die Anwendung gewisser geistiger Konzepte und Ideologien, die den Anspruch erheben, das einziggültige Fundament der Wahrheit über den Menschen, sein soziales Leben und seine Geschichte zu bieten.
Vor dem Dilemma „Krieg oder Frieden“ sieht sich der Mensch also konfrontiert mit sich selbst, seinem Wesen, dem Entwurf seines persönlichen wie gemeinschaftlichen Lebens, dem Umgang mit seiner Freiheit. Sollen die Beziehungen zwischen den Menschen wirklich unerbittlich verlaufen im Zeichen von Unverständnis und gnadenlosem Gegeneinander auf Grund irgendeiner schicksalhaften Gesetzmäßigkeit menschlicher Existenz? Oder haben die Menschen nicht vielmehr die besondere Berufung - im Unterschied zu den Tieren, die sich untereinander nach dem Gesetz des Dschungels bekämpfen - und die grundsätzliche Möglichkeit, mit ihresgleichen in friedlichen Beziehungen zu leben und sich miteinander an der Gestaltung von Kultur, Gesellschaft und Geschichte zu beteiligen? Wenn der Mensch sich die Frage nach dem Frieden stellt, führt ihn dies letztlich zur Frage nach dem Sinn und den Bedingungen seiner eigenen Existenz als einzelner und in Gemeinschaft.
Der Frieden, ein Geschenk Gottes
4. Der Frieden ist nicht so sehr ein oberflächlicher Ausgleich unterschiedlicher materieller Interessen - der damit in den Bereich der Quantität, der Sachen, gehörte - , sondern im Kern seiner Wirklichkeit vielmehr ein Wert aus dem wesentlich menschlichen Bereich, nämlich des Menschen selbst, und darum von geistiger, sittlicher Art, eine Frucht aus Wahrheit und Tugend. Der Frieden entsteht aus dem Zusammenwirken von Menschen mit freiem Willen, die durch ihren Verstand auf das Gemeinwohl hingelenkt werden, das in Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe erreicht werden soll. Diese geistige, sittliche Ordnung stützt sich gerade auf die Gewissensentscheidung von Menschen, den Einklang ihrer wechselseitigen Beziehungen zu suchen, und dies unter Beachtung der Gerechtigkeit für alle und darum auch der grundlegenden Menschenrechte, die mit jeder Person zutiefst verbunden sind. Es ist nicht ersichtlich, wie eine solche moralische Ordnung von Gott absehen könnte, dem Urquell des Seins, der grundlegenden Wahrheit und dem höchsten Gut. Schon in diesem Sinne kommt der Frieden von Gott als seinem Fundament: er ist ein Geschenk Gottes. Indem sich der Mensch die Reichtümer und Güter des Universums kraft seiner geistigen Begabung erarbeitet und aneignet - und gerade um ihretwegen sind oft Konflikte und Kriege entstanden -, „steht (er) vor der Tatsache, daß er zuallererst von Seiten der Natur und letzten Endes von selten des Schöpfers beschenkt wird“ (Enzyklika Laborem exercens, 12). Gott ist aber nicht nur derjenige, der den Menschen die Schöpfung anvertraut, damit sie diese in solidarischer Weise verwalten und entwickeln, zum Besten aller Menschen ohne Diskrimination; er ist auch derjenige, der dem Gewissen des Menschen jene Gesetze einprägt, welche ihn verpflichten, auf vielfältige Art und Weise das Leben und die ganze Person seines Nächsten zu achten, der ja wie er selbst als Bild und Gleichnis Gottes geschaffen ist, so daß damit Gott alle diese grundlegenden Menschenrechte garantiert. Ja, Gott ist wirklich die Quelle des Friedens: Er ruft zum Frieden auf und garantiert ihn zugleich; er schenkt ihn als Frucht der Gerechtigkeit.
Darüber hinaus hilft Gott den Menschen, den Frieden zu verwirklichen oder ihn wiederzugewinnen. Denn der Mensch in seiner begrenzten Existenz, dem Irrtum und dem Bösen unterworfen, geht gleichsam nur tastend und mit vielen Schwierigkeiten auf die Suche nach dem Gut des Friedens. Sein Geist ist von Scheinwahrheiten verdunkelt, von falschen Gütern angezogen, von irrationalen und egoistischen Instinkten in die Irre geleitet. Von daher ergibt sich für ihn die Notwendigkeit, sich dem alles überragenden Licht Gottes zu öffnen, das in sein Leben hereinstrahlt, es vom Irrtum reinigt und von aggressiven Leidenschaften befreit. Gott ist dem Herzen des Menschen nicht fern, der ihn um etwas bittet und die Gerechtigkeit zu erfüllen sucht; in einem stetigen, in Freiheit geführten Dialog zeigt Gott dem Menschen das Gut des Friedens als die Fülle der Lebensgemeinschaft mit ihm selbst und mit den Brüdern. In der Bibel begegnet das Wort „Frieden“ häufig im Zusammenhang mit der Vorstellung von Wohlsein, Harmonie, Glück, Sicherheit, Eintracht, Heil, Gerechtigkeit sowie als das höchste Gut, das Gott, „der Herr des Friedens“ (2 Thess 3,15) bereits jetzt schenkt und in seiner Fülle verheißt: „Wie einen Strom leite ich den Frieden zu ihr (zur Stadt Jerusalem)“ (Jes 66, 12).
Das Geschenk Gottes, den Menschen anvertraut
5. Wenn der Frieden ein Geschenk ist, so ist doch der Mensch keineswegs von der Verantwortung befreit, ihn zu suchen und sich zu allen Zeiten seiner Geschichte darum zu bemühen, ihn durch persönliche und gemeinschaftliche Anstrengungen zu erreichen. Der von Gott geschenkte Frieden ist daher immer auch eine Errungenschaft und Verwirklichung des Menschen; denn er wird ihm gegeben, um frei angenommen und durch seine schöpferischen Willensentscheidungen Schritt für Schritt verwirklicht werden. In ihrer Liebe zum Menschen läßt die göttliche Vorsehung diese ihrerseits niemals im Stich, sondern drängt und führt ihn, selbst in den dunkelsten Stunden der Geschichte, in geheimnisvoller Weise auf den Weg des Friedens zurück. Gerade die Schwierigkeiten, Enttäuschungen und Tragödien in Vergangenheit und Gegenwart müssen als Lehren der Vorsehung betrachtet werden; und dem Menschen kommt es zu, daraus die nötige Weisheit zu ziehen, um neue, rationalere und mutigere Wege zum Aufbau des Friedens zu erschließen. Der Bezug auf die Wahrheit Gottes gibt dem Menschen das Ideal und die notwendigen Energien, um ungerechte Situationen zu überwinden, sich von Ideologien der Macht und Vorherrschaft zu befreien und den gemeinsamen Weg zur wahren universellen Brüderlichkeit aufzunehmen. In der Treue zu Christus, der das „Evangelium des Friedens“ verkündet und den Herzen Frieden geschenkt hat, indem er sie mit Gott versöhnte, haben die Christen - wie ich im letzten Teil dieser Botschaft weiter ausführen werde - noch entscheidendere Gründe, den Frieden als ein Geschenk Gottes zu betrachten und zugleich mutig zu seiner Errichtung in dieser Welt beizutragen, und dies in gleichem Maße, wie sie seine höchste Vollendung im Reiche Gottes ersehnen. Sie wissen sich dabei eingeladen, ihre Anstrengungen mit den Bemühungen der Gläubigen anderer Religionen zu vereinen, die unermüdlich Haß und Krieg anprangern und sich von unterschiedlichen Zugängen her für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen.
Es war wichtig, zunächst diese hoffnungsvolle Vision der Menschheit auf den Frieden hin in ihren natürlichen Grundlagen zu betrachten und dabei die moralische Verantwortung als Antwort auf das Geschenk Gottes hervorzuheben. Dies alles erhellt und motiviert das Handeln der Menschen im Bereich der Information, der Studien und des praktischen Einsatzes zugunsten des Friedens, drei Bereiche, die ich nun mit einigen Beispielen veranschaulichen möchte.
Information
6. Der Weltfrieden hängt in einem gewissen Maß von einer besseren Kenntnis ab, die die Menschen und Völker voneinander haben sollten. Diese Kenntnis ist natürlich bedingt durch die Information und deren Qualität. Wer mit Liebe und Achtung vor dem Mitmenschen die Wahrheit sucht und verkündet, tut ein Werk des Friedens. Das gleiche tun alle, die sich darum bemühen, Interesse zu wecken für die Werte der verschiedenen Kulturen, für das Eigenwesen der einzelnen Nationen, für den Reichtum an menschlichen Werten in jedem Volk. Ein Werk des Friedens tun ferner jene, welche durch ihre Informationen weite Entfernungen überbrücken, so daß wir uns wirklich mitbetroffen fühlen vom Schicksal der Männer und Frauen, die weit entfernt von uns Opfer von Krieg oder Unrecht sind. Gewiß könnte eine Überhäufung mit solchen Informationen, vor allem wenn sie von Katastrophen berichten, für die uns jedes Fassungsvermögen fehlt, zu Gleichgültigkeit und Abgestumpftheit bei demjenigen führen, der bloßer Zuschauer bleibt, ohne jemals eine ihm mögliche Initiative zu ergreifen. Aber an sich ist die Rolle der Massenmedien hierbei durchaus positiv: Fortan ist jeder von uns aufgefordert, für alle seine Menschenbrüder der Nächste zu werden (vgl. Lk 10, 29-37).
Gute Information hat auch einen direkten Einfluß auf Erziehung und politische Willensbildung. Wenn man will, daß die Jugendlichen für Friedensfragen aufgeschlossen seien und sich darauf vorbereiten, am Aufbau des Friedens mitzuwirken, müssen die Erziehungsprogramme der Information über die konkreten Situationen, wo der Frieden bedroht ist, und über die notwendigen Voraussetzungen zu seiner Förderung unbedingt einen bevorzugten Platz einräumen. Die Menschen in leitender Position werden ja mit ihren Kräften allein den Frieden nicht errichten können. Einen sicheren Frieden kann man nur erreichen, wenn unerschütterliche Entschiedenheit aller Menschen guten Willens dahintersteht. Die Männer und Frauen in leitender Stellung müssen von einer öffentlichen Meinung getragen und motiviert sein, die sie ermutigt und ihnen gegebenenfalls auch ihre Mißbilligung ausdrückt. Konsequenterweise muß es dann für die Regierungen auch normal sein, der Öffentlichkeit alles zu erklären, was Friedensfragen berührt.
Studien, die zur Errichtung des Friedens beitragen
7. Der Aufbau des Friedens hängt ebenso vom Fortschritt der entsprechenden Forschungen ab. Die wissenschaftlichen Studien über den Krieg und sein Wesen, über seine Ursachen, Mittel, Ziele und Einsätze enthalten zahlreiche Hinweise auf die Bedingungen des Friedens. Seitdem solche Untersuchungen die Beziehungen zwischen Krieg und Politik deutlich sichtbar machen, zeigen sie damit, daß zur Regelung von Konflikten die Zukunft eher der Verhandlung gehört als den Waffen. Daraus ergibt sich, daß die Bedeutung des Rechts für die Erhaltung des Friedens zunehmen wird. Es war schon immer bekannt, wie in jedem Staat die Förderung der Gerechtigkeit und die Beachtung der Menschenrechte durch die Arbeit der Juristen breite Unterstützung fanden. Deren Bedeutung ist jedoch ebenso groß, wenn es darum geht, die gleichen Ziele auf internationaler Ebene zu verfolgen und hierfür die juristischen Instrumente zu verfeinern, die den Frieden errichten und erhalten sollen. Seitdem jedoch die Sehnsucht nach Frieden den Menschen in seiner innersten Tiefe bewegt, hängen Fortschritte auf dem Weg des Friedens ebenso von den Untersuchungen der Psychologen und Philosophen ab. Gewiß umfaßt die Lehre vom Krieg bereits Studien über die menschliche Aggressivität, über Todes verlangen, über den Herdentrieb, der ganze Völker unerwartet lahmen kann, bleibt jedoch noch viel zu sagen über die Furcht des Menschen, seine Freiheit anzunehmen, über seine Unsicherheit vor sich selbst und vor anderen. Eine bessere Kenntnis der Lebensregungen, des Gefühls der Sympathie, der Bereitschaft zur Liebe und zum Teilen tagt zweifellos dazu bei, die psychologischen Abläufe besser zu verstehen, die dem Frieden dienen.
Die Psychologie ist so aufgerufen, durch solche Studien die Reflexion der Philosophen zu erhellen und zu ergänzen. Diese haben sich seit jeher Fragen zu Krieg und Frieden gestellt. Immer hatte die Philosophie ihre besondere Verantwortung in diesem Bereich, und leider ist das Erbe jener berühmten Philosophen noch immer lebendig, die im Menschen „einen Wolf für den Menschen“ gesehen haben und im Krieg eine Notwendigkeit der Geschichte. Es ist allerdings auch wahr, daß mehrere Philosophen das Fundament für einen dauerhaften, ja sogar ständigen Frieden gelegt haben, indem sie beispielsweise feste theoretische Grundlagen für das internationale Recht vorlegten.
Alle diese Bemühungen verdienen, aufgegriffen und vertieft zu werden; die Denker, die sich diesen Fragen widmen, können dabei den sehr reichen Beitrag einer Strömung heutiger Philosophie nützen, die dem Thema der Person eine überragende Bedeutung einräumt und in einzigartiger Weise dazu hilft, die Themen der Freiheit und der Verantwortung zu durchdringen. Die Reflexion über Menschenrechte, Gerechtigkeit und Frieden kann dort erhellende Hinweise finden.
Indirekte Aktion
8. Wenn die Förderung des Friedens in gewissem Sinne auf Information und Forschung angewiesen ist, so hängt sie doch vor allem von den Taten ab, die Menschen für dieses Ziel vollbringen. Bestimmte Formen der Aktion, wie sie hier gemeint sind, haben nur einen indirekten Bezug zum Frieden. Es wäre jedoch falsch, sie als nebensächlich anzusehen; denn, wie wir durch einige Beispiele kurz andeuten werden, bieten fast alle Bereiche menschlicher Aktivität unerwartete Gelegenheiten, den Frieden zu fördern.
Dies ist der Fall beim kulturellen Austausch im weitesten Sinn des Wortes. Alles, was den Menschen ermöglicht, sich durch künstlerische Initiativen besser kennenzulernen, beseitigt damit Barrieren. Dort, wo das Wort versagt und die Diplomatie eine unsichere Hilfe ist, können Musik und Malerei, Theater und Sport die Menschen einander näherbringen. Dasselbe gilt für die wissenschaftliche Forschung: die Wissenschaft motiviert und versammelt eine universelle Gemeinschaft, bei der sich ohne Spaltung alle Menschen einfinden, die Wahrheit und Schönheit lieben. Wissenschaft und Kunst nehmen so in ihrem Bereich das Aufkommen einer universellen Friedensgemeinschaft vorweg.
Selbst die Welt der Wirtschaft ist dazu berufen, die Menschen zueinander zu bringen, indem sie ihnen ihre gegenseitige Abhängigkeit und Ergänzungsbedürftigkeit deutlich macht. Zweifellos schaffen wirtschaftliche Beziehungen oft ein Feld unerbittlicher Auseinandersetzung, gnadenloser Konkurrenz und manchmal sogar schamloser Ausbeutung. Aber sollte es nicht möglich sein, diese gleichen Beziehungen in solche des Dienstes, der Solidarität umzuwandeln und bereits dadurch eine der häufigsten Ursachen für Uneinigkeit zu entschärfen?
Gerechtigkeit und Frieden im Innern der Nationen
9. Wenn der Frieden die Sehnsucht aller Menschen sein muß, so ist doch seine konkrete Errichtung eine Aufgabe, die direkt und vornehmlich den politischen Führern zukommt. Unter diesem Gesichtspunkt ist der hauptsächliche Ort für den Aufbau des Friedens immer der Staat als eine politisch organisierte Gemeinschaft. Wenn die Bildung einer politischen Gemeinschaft zum Ziel hat, die Gerechtigkeit zu verwirklichen, das Gemeinwohl zu fördern und alle Bürger zur Mitarbeit zu gewinnen, dann wächst der Frieden dieser Gemeinschaft nur in dem Maße, wie diese drei verpflichtenden Aufgaben berücksichtigt werden. Der Frieden kann nur dort aufblühen, wo die grundlegenden Forderungen der Gerechtigkeit erfüllt werden. Die vorbehaltlose und praktizierte Achtung vor den unverlierbaren und unveräußerlichen Rechten des einzelnen Bürgers ist unabdingbare Voraussetzung dafür, daß Frieden in einem Volk herrscht. Im Hinblick auf diese Grundrechte sind alle anderen Rechte gleichsam abgeleitet und zweitrangig. In einem Volk, wo jene Rechte nicht geschützt sind, ist sogar die Idee des allgemeinen Charakters des Rechts tot, da in diesem Falle nur einige wenige zu ihrem alleinigen Vorteil ein Prinzip der Diskrimination aufrichten, so daß schließlich die Rechte und selbst die Existenz der einen nach dem Gutdünken der Stärkeren aufgehoben sind. Ein solches Volk kann daher keinen inneren Frieden haben; es trägt in sich selbst den Keim der Spaltung, der Zerrissenheit. Aus demselben Grunde kann eine politische Gemeinschaft nur dann wirksam zum Aufbau des internationalen Friedens beitragen, wenn sie für sich selbst den Frieden erreicht hat, das heißt, wenn sie im eigenen Bereich die Förderung der Menschenrechte ernst nimmt.
In dem Maße, wie die Führer einer bestimmten Nation sich dafür einsetzen, eine vollkommen gerechte Gesellschaft aufzubauen, tragen sie schon entscheidend zur Errichtung eines wahrhaften, festen und dauerhaften Friedens bei (vgl. Enzyklika Pacem in terris, II).
Gerechtigkeit und Frieden unter den Völkern
10. Wenn aber der innere Frieden eines jeden Volkes die notwendige Voraussetzung ist, damit wahrer Frieden gedeihen kann, so ist doch diese Bedingung nicht ausreichend. Die Verwirklichung des Friedens auf Weltebene kann sich nämlich nicht ohne weiteres aus dem isolierten Willen der einzelnen Völker ergeben, die zudem oft zwiespältig sind und manchmal zueinander im Gegensatz stehen. Um diesen Mangel zu beheben, haben die Staaten geeignete internationale Organisationen geschaffen, deren Hauptziel unter anderem ist, ihre Zielsetzungen untereinander abzustimmen und auf die Wahrung des Friedens sowie die Förderung der Gerechtigkeit unter den Völkern auszurichten.
Durch die Autorität, die die großen internationalen Organisationen erlangt haben, und durch ihre Initiativen haben diese ein beachtliches Werk im Interesse des Friedens vollbracht. Ohne Zweifel hat es auch Niederlagen gegeben; sie haben nicht schnell genug allen Konflikten zuvorkommen und sie verhindern können. Sie trugen jedoch dazu bei, vor aller Welt zu zeigen, daß Krieg, Blut und Waffen die Spannungen keineswegs vermindern. Sie haben sozusagen den erfahrungsmäßigen Beweis erbracht, daß die Menschen sogar auf Weltebene imstande gewesen sind, durch gemeinsame Anstrengungen zusammen nach dem Frieden zu suchen.
Die christliche Dynamik des Friedens
11. An dieser Stelle meiner Botschaft möchte ich mich nun noch besonders an meine Brüder und Schwestern in der Kirche wenden. Die Kirche unterstützt und ermutigt alle ernsthaften Bemühungen, die dem Frieden dienen. Sie zögert nicht zu sagen, daß das Wirken all jener, die sich mit besten Kräften für den Frieden einsetzen, in den Heilsplan Gottes in Jesus Christus eingeordnet ist. Den Christen aber ruft sie in Erinnerung, daß sie noch tiefere Gründe haben, wirksame Zeugen für das göttliche Geschenk des Friedens zu sein.
Vor allem hat Christus durch seine Botschaft und sein Beispiel neue friedenstiftende Verhaltensweisen angeregt. Er hat die Friedensethik hoch über die gängigen Auffassungen von Gerechtigkeit und Anstand erhoben. Schon gleich am Anfang seiner Sendung ruft er aus: „Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden“ (Mt 5, 9). Er sendet seine Jünger aus, den Frieden von Haus zu Haus, von Ort zu Ort zu tragen (ebd. 10,11 -13). Er ermahnt sie, den Frieden jeder Art von Rache, selbst gewissen legitimen Ansprüchen vorzuziehen, wodurch er die Wurzel der Aggressivität aus den Herzen der Menschen reißen möchte (ebd. 5, 38- 42). Er fordert, jene zu lieben, die durch Barrieren verschiedenster Art zu Feinden geworden sind (ebd. 5,43- 48). Er führt als Beispiel Fremde an, die man gewöhnlich verachtet, so die Samariter (vgl. Lfc 10, 33; 17, 16). Er lädt ein, stets demütig zu sein und grenzenlos zu verzeihen (vgl. Mt 18, 21-22). Die Bereitschaft, mit denen, die nicht einmal das Lebensnotwendige haben, zu teilen - was er zur Schlüsselfrage des Jüngsten Gerichtes gemacht hat -, muß auf radikale Weise dazu beitragen, brüderliche Beziehungen untereinander herzustellen.
Diese Aufforderungen Jesu und sein Beispiel haben schon an sich einen großen Niederschlag im Verhalten seiner Jünger gefunden, wie es die Geschichte seit zwei Jahrtausenden bezeugt. Das Wirken Christi liegt aber auf einer noch tieferen Ebene, die in einer geheimnisvollen Verwandlung des Herzens besteht. Er hat in der Tat verwirklicht, was die Engel bei seiner Geburt verkündet haben, nämlich daß „Friede ist auf der Erde bei den Menschen, die Gott liebt“ (Lfc 2,14), und das nicht nur, indem er ihnen die Liebe des Vaters offenbart, sondern sie vor allem durch sein Opfer mit Gott versöhnt. Denn es waren Sünde und Haß, die dem Frieden mit Gott und mit den Mitmenschen hinderlich im Wege standen: Er hat sie durch sein Lebensopfer am Kreuze vernichtet und jene, die einst Feinde waren, in einen Leib versöhnt (vgl. Eph 2, 16; Rom 12, 5). Deshalb waren die ersten Worte des Auferstandenen an die Apostel: „Der Friede sei mit euch“ (Joh 20,19). Diejenigen, die glauben, bilden in der Kirche eine prophetische Gemeinschaft.
Sie machen im Heiligen Geist, der von Christus vermittelt wird, nach der Taufe und der in ihr erfolgenden Eingliederung in den Mystischen Leib Christi die Erfahrung des Friedens, wenn Gott ihnen diesen durch das Sakrament der Versöhnung und in der eucharistischen Kommunion schenkt. Sie verkünden „das Evangelium vom Frieden“ (Eph 6, 15); sie bemühen sich, ihn in ihrem konkreten Alltag selbst zu leben; und sie verlangen nach der Zeit der vollkommenen Versöhnung, wo durch einen neuen Eingriff des lebendigen Gottes, der die Toten erweckt, der Mensch in völliger Transparenz vor Gott und vor seinen Brüdern und Schwestern stehen wird. Diese Glaubenssicht stützt das Wirken der Christen für den Frieden.
So stellt sich die Kirche schon allein durch ihre Existenz inmitten der Welt dar als eine Gemeinschaft von Menschen, die durch die Gnade Christi versöhnt in Frieden leben, in liebender Lebensgemeinschaft mit Gott und allen Brüdern und Schwestern über alle menschlichen Barrieren hinweg. Sie ist schon durch sich selbst - und bemüht sich darum, es konkret noch immer mehr zu werden - ein Geschenk und ein Ferment des Friedens, das von Gott der ganzen Menschheit angeboten ist. Gewiß, die Glieder der Kirche sind sich voll bewußt, daß sie oft noch Sünder sind, auch in diesem Bereich; sie fühlen aber zumindest ihre große Verantwortung, dieses Geschenk des Friedens ins Werk zu setzen. Deswegen müssen sie zuallererst ihre eigenen Spaltungen überwinden, um sich unverzüglich auf den Weg zur Fülle der Einheit in Christus zu begeben; auf diese Weise wirken sie mit Gott zusammen, um der Welt seinen Frieden zu schenken. Sie sollen natürlich auch mit allen Menschen guten Willens nach Kräften zusammenarbeiten, die in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft und des internationalen Lebens sich für den Frieden einsetzen. Die Kirche wünscht, daß ihre Söhne und Töchter sich durch ihr Zeugnis und ihre Initiativen vorrangig um diejenigen bemühen, die dem Frieden die Wege bereiten und ihm zum Durchbruch verhelfen. Zugleich ist sie sich jedoch dessen bewußt, daß es sich auf diesem Gebiet um eine schwierige Aufgabe handelt, die viel Bereitschaft, Unterscheidungsvermögen und Zuversicht verlangt, um eine echte Herausforderung.
Der Frieden, eine beständige Herausforderung für den Christen
12. Der christliche Optimismus, der im siegreichen Kreuz Christi und in der Sendung des Heiligen Geistes gründet, berechtigt durchaus nicht zu Illusionen. Für den Christen ist der Frieden auf Erden immer eine Herausforderung wegen der Sünde, die im Herzen des Menschen gegenwärtig ist. Gestützt von Glauben und Hoffnung setzt sich der Christ dafür ein, die Gesellschaft gerechter zu machen; er kämpft gegen Hunger, Not und Krankheit; er nimmt sich der Fremden, der Gefangenen und all derer an, die am Rande der Gesellschaft leben (vgl. Mt 25, 35-36). Doch weiß er auch, daß alle diese Initiativen, selbst wenn sie etwas von der Barmherzigkeit und der Vollkommenheit Gottes zum Ausdruck bringen, in ihrer Tragweite immer begrenzt, in ihren Ergebnissen ungewiß und in ihrer Motivierung mehrdeutig sind. Gott allein, der das Leben gibt, wird, wenn er alles in seinem Sohn vereinen wird (vgl. Eph 1, 10), die sehnsuchtsvolle Hoffnung der Menschen erfüllen, indem er selbst alles, was im Lauf der Geschichte für Gerechtigkeit und Frieden in seinem Geist getan worden ist, zur Vollendung führt.
Deshalb wird der Christ, wenn er mit erneutem Eifer alles unternimmt, um kriegerischen Auseinandersetzungen zuvorzukommen oder sie zu beenden, sich nicht täuschen weder über seine Fähigkeit, dem Frieden zum Siege zu verhelfen, noch über die Tragweite seiner Bemühungen, die er zu diesem Zweck unternimmt. Infolgedessen interessiert er sich für alle Initiativen der Menschen, die dem Frieden dienen, und beteiligt sich oft an ihnen, wobei er diese mit Realismus und Selbstbescheidung betrachtet. Man könnte fast sagen, daß er sie auf zweifache Weise „verwirklicht“: er führt sie aus mit aller Unzulänglichkeit des sündigen Menschen und zugleich setzt er sie in Beziehung zum Heilsplan Gottes. Der Christ weiß vor allem darum, daß Angriffslust, Hegemoniestreben und Manipulationsabsicht anderen gegenüber im Herzen der Menschen schlummern und manchmal sogar ihre Intentionen beeinflussen, trotz eventueller Erklärungen oder Bekundungen pazifistischer Art. Er weiß ebenso, daß eine völlig und für immer friedliche menschliche Gesellschaft auf Erden leider eine Utopie ist und daß die Ideologien, die diese anpreisen, verständlicherweise unerfüllbare Hoffnungen nähren, was auch immer die Gründe für ihre Einstellung sein mögen: falsche Sicht der menschlichen Natur; Unvermögen, die Probleme in ihrer Gesamtheit zu betrachten; Ausflucht, um die Angst zu verdrängen, oder bei wieder anderen kalkulierter Eigennutz. Der Christ ist sogar davon überzeugt - und das besonders, wenn er selbst die schmerzliche Erfahrung gemacht hat -, daß diese trügerischen Hoffnungen gradlinig zum Pseudo- Frieden der totalitären Regime führen. Diese realistische Sicht entmutigt jedoch keinesfalls die Christen in ihrem Einsatz für den Frieden. Im Gegenteil, sie stärkt ihren Eifer; denn sie wissen auch, daß der Sieg Christi über Sünde, Haß und Tod den Menschen, die sich nach Frieden sehen, eine noch stärkere Motivierung zum Handeln bietet, als es die edelsten Auffassungen vom Menschen vermögen, und eine weit tiefere Hoffnung als jene, die sich an den kühnsten Träumen entfacht.
Aus diesem Grund zögert der Christ nicht, während er sich voller Eifer darum bemüht, alle Formen kriegerischer Auseinandersetzung zu bekämpfen und ihnen zuvorzukommen, gleichzeitig im Namen einer elementaren Forderung der Gerechtigkeit daran zu erinnern, daß die Völker das Recht und sogar die Pflicht haben, durch angemessene Mittel ihr Existenz und ihr Freiheit gegen einen ungerechten Angreifer zu verteidigen (vgl. Konst. Gaudium et spes, Nr. 79). In Anbetracht des fast wesenhaften Unterschieds, der zwischen den klassischen Formen des Krieges und einem nuklearen oder bakteriologischen Krieg besteht, wie auch des Skandals des Rüstungswettlaufs angesichts der ungeheuren Nöte der Dritten Welt, unterstreicht jedoch dieses im Prinzip sehr reale Recht nur um so mehr für die gesamte Menschheit die Dringlichkeit, sich wirksame Verhandlungsmöglichkeiten zu schaffen. So kann der atomare Schrecken, der unsere Zeit bedrängt, die Menschen dazu bewegen, ihr gemeinsames Erbe noch um diese sehr einfache Entdeckung zu bereichern, die ihnen leicht zugänglich ist, nämlich die Erkenntnis, daß der Krieg das barbarischste und unwirksamste Mittel ist, um Konflikte zu lösen. Mehr als jemals zuvor ist die menschliche Gesellschaft heute also genötigt, sich die Mittel zur gegenseitigen Verständigung und zum Dialog zu schaffen, die sie zum Überleben braucht, sowie jene Institutionen, die unerläßlich sind, um Gerechtigkeit und Frieden zu verwirklichen.
Möge sie sich auch dessen bewußt werden, daß diese Aufgabe die menschlichen Kräfte übersteigt!
Das Gebet für den Frieden
13. Im Verlauf der ganzen Botschaft habe ich an die Verantwortung der Menschen guten Willens und besonders der Christen appelliert, da Gott den Frieden den Menschen anvertraut hat. Mit dem Realismus und der Hoffnung, die der Glaube gestattet, habe ich die Aufmerksamkeit der Bürger und der Regierenden auf eine gewisse Zahl von Initiativen und Verhaltensweisen gelenkt, die schon jetzt möglich und geeignet sind, den Frieden dauerhaft zu verwirklichen. Darüber hinaus oder mehr noch im Kern dieser notwendigen Bemühungen, die vor allem als eine Angelegenheit der Menschen erscheinen könnten, ist der Frieden aber vor allem ein Geschenk Gottes - das darf man niemals vergessen - und muß deshalb stets von seiner Barmherzigkeit erbeten werden.
Eine solche Überzeugung scheint die Menschen in allen Kulturen beseelt zu haben, welche dem Frieden in ihren Gebeten den ersten Rang eingeräumt haben. Man findet dies in allen Religionen. Wieviel Menschen, die die mörderischen Kämpfe und die Konzentrationslager erlebt haben, wie viele Frauen und Kinder, die infolge der Kriege in größte Not geraten waren, haben sich nicht schon vor uns an den Gott des Friedens gewandt! Heute, da die Gefahren durch ihr Ausmaß und ihren grundsätzlichen Charakter eine einzigartige Schwere annehmen, da die Schwierigkeiten für die Verwirklichung des Friedens sich in einer neuen, oft unlösbaren Weise stellen, können viele Menschen, sogar solche, die mit dem Gebet wenig vertraut sind, spontan den Zugang dazu finden.
In der Tat, unsere Zukunft ist in den Händen Gottes, der allein den wahren Frieden schenkt. Und wenn die Herzen der Menschen aufrichtig nach der Verwirklichung des Friedens trachten, ist es wiederum die Gnade Gottes, die ihre Absichten inspiriert und stärkt. Alle sind eingeladen, in diesem Sinn das Gebet des hl. Franz von Assisi zu sprechen, dessen achthundertsten Geburtstag wir gerade feiern: Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens: daß ich liebe, wo man haßt; daß ich verzeihe, wo man beleidigt; daß ich Frieden stifte, wo Streit ist.
Die Christen ihrerseits lieben es, für den Frieden zu beten, indem sie in sich das Gebet so vieler Psalmen aufsteigen lassen, die voll sind von Bitten um Frieden und die von ihnen mit der allumfassenden Liebe Jesu gesprochen werden. Dies ist auch schon ein gemeinsamer und sehr tiefer Brauch bei allen ökumenischen Initiativen. Und auch andere Gläubige in der Welt erwarten vom Allmächtigen das Geschenk des Friedens. Ebenso sind mehr oder weniger bewußt viele Menschen guten Willens bereit, dasselbe Gebet in der Verborgenheit ihres Herzens zu sprechen. Möge so von den vier Enden der Erde ein inständiges Gebet zu Gott emporsteigen! Schon das wäre eine schöne Einmütigkeit auf dem Weg zum Frieden. Und wer könnte daran zweifeln, daß Gott diesen Gebetsruf seiner Kinder erhört: Herr schenke uns den Frieden! Gib uns deinen Frieden!
Aus dem Vatikan, am 8. Dezember 1981.