Schönborn für mehr Mut zu Selbsterkenntnis
Kardinal Christoph Schönborn hat am Samstag bei der Jahresschluss-Andacht im Wiener Stephansdom zu mehr Mut zur Selbsterkenntnis und zur Erneuerung der inneren Haltungen, der Tugenden, aufgerufen. Ohne Haltungen wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Gerechtigkeit, Treue und Verlässlichkeit würden auch die ausgefeiltesten Compliance-Regeln in Betrieben und im öffentlichen Leben nichts bewirken, so der Wiener Erzbischof.
Viele Menschen glaubten, ihr Verhalten sei fehlerlos, so Schönborn. Sie würden die Fehler nur bei den anderen sehen - den Regierenden, bei Nächsten. "Doch du bist nicht fehlerlos. Selbsterkenntnis hilft uns, uns nicht über andere zu erheben", gab der Wiener Erzbischof zu bedenken.
Grundtugend sei die "religio", die Gottesfurcht, so Schönborn. Sie finde sich auch bei Nichtgläubigen in Form der Ehrfurcht vor dem Leben, Ehrfurcht vor anderen und letztlich vor dem Schöpfer. Tugenden regelten auch das Verhältnis unter Menschen. Wo es Respekt voreinander gebe, könnten auch Feindschaften überwunden werden, sagte der Kardinal.
Lackner würdigt Barmherzigkeits-Jahr
Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner rief in der Jahresschlussandacht dazu auf, trotz des erfolgten Missbrauchs von Mitmenschlichkeit durch Terroristen, die als Flüchtlinge eingereist waren, sich die Hoffnung aus aufrichtig geteilter Mitmenschlichkeit nicht nehmen zu lassen. "Die Angst darf nicht über das Vertrauen bestimmen. Nach einem Jahr harter politischer Auseinandersetzungen scheinen denkerische Kräfte wiederum gestärkt, Vernunft und fairer Umgang wachsen im politischen Diskurs. Vorschnelles Aburteilen weicht dem globalen Problembewusstsein. Europa weiß um seine Verantwortung - auf breiter Basis mitgetragen, da liegt begründete Hoffnung", so Lackner.
Der Erzbischof würdigte die Früchte des abgelaufenen "Jahres der Barmherzigkeit". Der einzelne sei in den Vordergrund gerückt, "wir dürfen und müssen diesem weit entgegen gehen, seine Lebenswirklichkeit ernst nehmen und nicht vorschnell aburteilen". Franziskus fordere auf, "Gewissen bilden zu helfen und nicht zu ersetzen"; sein Appell an die Jugend laute schlicht "Lest die Bibel!" Wer immer den Papst treffe, den bitte er um das Gebet.
So habe Franziskus kürzlich in einem Brief an Bürgermeister Heinz Schaden, der am Vatikan-Kongress der Flüchtlingsstädte teilgenommen habe, geschrieben: "Bitte bete für mich!", berichtete Lackner.
Krautwaschl: 2017 bringt kirchliche Jubiläen
In Graz feierte der steirische Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl im St.-Ägidius-Dom den Jahresschluss-Gottesdienst. Er hob in seiner Ansprache die Notwendigkeit von Solidarität als Form der Hoffnung hervor und berichtete über entsprechende Beispiele und Erlebnisse im vergangenen Jahr, u.a. auch in Asien. "Ich habe Kirche erfahren und erleben dürfen in unterschiedlichen Weltgegenden, unter großen Herausforderungen von Minderheit, von Repression usw. Da gab es Menschen, die unbeirrt für sich selbst in der kleinen Münze des Alltags ihr Leben aus dem Evangelium gestaltet haben."
Beeindruckt zeigte sich Krautwaschl auch von der Lebendigkeit vieler steirischer Pfarrgemeinden, etwa in Nachbarschaftshilfe oder der Einteilung der Gottesdienstgestaltung. "Da wird landauf, landab so etwas wie ein feines Netz von Erfahrungen und Zuversichten gesponnen, in denen große Hoffnung wächst. Es zeigt sich im Kleinen, dass eben der Gott, der die Liebe und der das Erbarmen ist, der die Solidarität ist und der die Gemeinschaft ist, größer ist und mehr Recht hat. Tragen wir dazu bei, in unserem Land dieses Netz dichter zu knüpfen", appellierte der Bischof.
Er hob hervor, dass 2017 mehrere Jubiläen und Gedenken begangen würden, auch in der Ökumene. "Wenn wir mit unseren Geschwistern im Glauben, die aus der Reformation hervorgegangen sind, ins Jahr 2017 gehen und uns an die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung erinnern, die vor 20 Jahren in Graz gefeiert wurde, dann wird damit auch an diesem Netz der Zuversicht gesponnen." Dieses Netz lade ein, sich auf Gott zu verlassen.
Die katholische Kirche in der Steiermark schicke sich zudem an, das Jubiläum "800 Jahre Diözese" zu feiern. Die Kirche wolle in diesen Situationen "mit all ihren Fehlern und Schwächen, mit all ihren zu großen und zu kleinen Forderungen und Anforderungen" etwas "Großes und Außergewöhnliches" sein, nämlich "eine Gemeinschaft von Menschen, die glauben, dass sie angenommen sind und ausgehalten sind". Kirche sei folglich auch Gemeinschaft von Menschen, "die einander aushalten", so Krautwaschl.
Schwarz: Menschlichkeit hat Platz in Politik
Der Kärntner Bischof Alois Schwarz setzte sich in der Jahresschluss-Andacht in Klagenfurt ähnlich wie Schönborn mit dem Thema "Haltungen" auseinander. Verantwortungsträger in Politik, Medien und Kirche müssten "hinsehen, hinhören und vor allem entschieden handeln". "Menschlichkeit und menschliche Werte müssen in der Politik Platz haben", sagte Bischof Schwarz und appellierte zu einem "verantwortungsvollen Umgang mit Macht". Dafür brauche es intensive Wertediskurse, basierend auf europäischen Grundhaltungen wie zum Beispiel Solidarität, Toleranz, Nächstenliebe sowie uneingeschränkte Achtung von Menschenrechten und Menschenwürde.
Bei vielen der aktuell geführten Diskussionen würden, so Bischof Schwarz, oft Fakten in den Hintergrund gedrängt und "vorwiegend emotionale Argumente zur Meinungsbildung herangezogen". Die Folge sei eine zunehmende Verunsicherung in der Gesellschaft.
Verantwortungsträger in Kirche, Medien und Politik seien deshalb herausgefordert, auf diese Verunsicherungen zu reagieren, "ohne jedoch dabei weitere Ängste zu schüren". Das Christentum sei dabei die Richtschnur, denn es sei "eine bedingungslos das Leben bejahende Religion, die Hoffnung vermittelt", so der Kärntner Bischof.
Küng: 2017 als Fatima-Jahr begehen
Der St. Pöltner Bischof Klaus Küng ließ in der Jahresschlussmesse mehrere Großereignisse von 2016 aus der Weltkirche und der österreichischen Kirche Revue passieren, darunter das "Jahr der Barmherzigkeit", den Weltjugendtag, den Staatsakt mit Nationalratspräsidentin Bures, Kardinal Schönborn, Kanzler Kern und 250 ehemaligen Heimkindern im Parlament sowie den Medienkongress österreichischer pfarrlicher Mitarbeiter. Was 2017 betreffe, hätte er gerne - so Küng - "dass die gesamte Diözese St. Pölten im November der Muttergottes geweiht wird, weil wir 2017 das Jubiläum 100 Jahre seit den Erscheinungen der Muttergottes in Fatima begehen und, eng damit im Zusammenhang, noch ein zweites Jubiläum dazukommt: 70 Jahre Rosenkranzsühnekreuzzug".
Der Rosenkranzsühnekreuzzug sei gerade mit Niederösterreich eng verbunden, erinnerte der Bischof. Denn Bundeskanzler Leopold Figl und Bundeskanzler Julius Raab sowie viele Gläubige hätten sich der "Magna Mater Austriae" im Gebet für die Freiheit Österreichs anvertraut.
Die von der Kirche anerkannten Erscheinungen der Muttergottes "hatten und haben immer einen prophetischen Charakter", so Küng: "Fatima war ein ernster Aufruf zur Umkehr zu Gott, damit wir und die Welt Frieden finden. Dieser Aufruf ist heute wohl aktueller denn je. Wir müssen für den Frieden kämpfen, in unseren Herzen, in unseren Familien und in der Welt und offen sein für Gott."
In der historischen Silvesterpredigt von 1941 habe der St. Pöltner Bischof Michael Memelauer (1874-1961), "in einer schweren Zeit wie wir sie kaum nachfühlen können", den Mut gehabt, die Euthanasie anzuprangern. Die Leute seien täglich mit dem Tod konfrontiert gewesen, in- und außerhalb der Familie, doch "der Bischof hatte in dieser schweren Zeit den Mut, die Dinge beim Namen zu nennen. Er hat für die gesprochen, die selbst nicht sprechen konnten. Er hat aus dem Glauben heraus und im Vertrauen auf Gott gesprochen. Es war eine klare Absage an die Vernichtung des Lebens, an die Tötung von Menschen", sagte Bischof Küng.
Auch heute gelte, dass Christen vor der Welt nicht über Tötung schweigen dürften. Papst Franziskus sei "hier sehr klar in seinen Worten". Ebenso habe auch Mutter Teresa, die 2016 heiliggesprochen wurde, gemahnt, dass "die Tötung unschuldiger Kinder der größte Zerstörer des Friedens ist". Aber auch die Familie auf der Grundlage von Mann und Frau mit Offenheit für Kinder müsse kirchlicherseits verteidigt werden, ebenso die Religionsfreiheit, so Küng abschließend.
Quelle: kathpress