"Einfache Antworten sind keine Lösung"
Für den Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl gibt es keine einfachen Antworten auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen. Das habe mit Komplexität zu tun: "Heute kann ich nicht einen Knopf drücken und das Ergebnis vorausbestimmen", so Krautwaschl am Sonntag im Interview mit der "Kleinen Zeitung". Sozialsystem, Pflege, Gesundheitsreform, Arbeitsmarkt, die immer weniger werdenden einheimischen Kinder, Flüchtlinge: "Einfache Antworten sind da keine Lösung".
Auch "gut und schlecht" seien keine angemessenen Größen, um die Welt zu beschreiben, "da kommen all die Farbtöne dazwischen nicht vor". Er versuche, die Welt mit den Augen Gottes anzuschauen: "Er gibt uns immer wieder Gelegenheit, das Miteinander zu stärken". Im Grunde gehe es darum, "den anderen als Geschenk zu sehen: als Nachbarn, als politischen oder kirchlichen Verantwortungsträger".
Mit Sorge erfülle ihn die Lage der Christen im Nahen Osten. Zigtausende seien schon weggegangen, "unter anderem, weil es nicht überall Religionsfreiheit gibt". Andererseits gebe es dort auch Menschen, die Christen als Vorbilder erlebten und Interesse am Christentum hätten. Angst sei allerdings kein guter Lehrmeister; bleiben würde nur der Dialog.
Klar spricht sich der Grazer Bischof für Kreuze in Klassenzimmern und den Religionsunterricht an Schulen aus. In Österreich sehe er einen "irrsinnig guten Grundwasserspiegel an Menschen, die sich zur Kirche bekennen". Mit einem "Staatskirchentum" habe die Kirche von heute allerdings nichts mehr zu tun. "Man wird nicht mehr als Christ geboren, sondern zu einem Christen getauft."
Papst Franziskus und sein Schreiben "Amoris laetitia" findet Krautwaschl "grandios". "Wir haben zu lange in einer euro-zentrierten Gesellschaft gelebt, der Papst kommt aus einer ganz anderen Umgebung, in der sich die Kirche schon lange bewähren muss." Die Kirche müsse sich auf die heutige Komplexität der Welt reagieren, sonst könne es passieren, dass man viele Menschen vor den Kopf stößt.
Die "großen gesellschaftlichen Veränderungen" hätten ihn als Bischof 2016 herausgefordert aber auch zu lernen, "dass das, was der Bischof sagt, sehr intensiv wahrgenommen wird und auch, dass es für die Menschen etwas Besonderes ist, wenn der Bischof zu ihnen kommt". Von 2017 erwartet er sich durch das Gedenkjahr "500 Jahre Reformation", "unsere Schwestern und Brüder der evangelischen Kirche besser kennenzulernen und damit auch den Reichtum unseres gemeinsamen Glaubens."
Quelle: kathpress