"Virus der Polarisierung" eindämmen
Nach einem bewegten Jahr hat Kardinal Christoph Schönborn für das Land und die Menschen vor allem einen Wunsch: Dass das "Virus der Polarisierung" eingedämmt werden kann und eine u.a. durch den Bundespräsidentschaftswahlkampf aber auch durch akute soziale Fragen und die Flüchtlingsthematik gespaltene Gesellschaft wieder zusammengeführt wird. Das sagte der Wiener Erzbischof in einem Interview mit "krone.tv", in dem Schönborn auf Höhe- wie Tiefpunkte des vergangenen Jahres 2016 zurückblickte.
Als wichtige Baustellen in Österreich machte Schönborn die grassierende Arbeitslosigkeit und die Sicherheitsfrage aus. "Unser Land macht Sorgen", sagte der Kardinal und er gehe davon aus, "dass die kommenden Jahre schwieriger werden". Dabei dürfe man nicht aus den Augen verlieren und müsse dankbar sein, dass in Österreich seit über 70 Jahren Frieden herrsche. Dennoch seien die Sorgen gerade junger Menschen ernst zu nehmen, die zunehmend Probleme hätten, einen Job zu finden, von dem man leben und eine Familie ernähren kann: "Als ich maturiert habe, 1963, haben alle anschließend eine Lebensstellung gefunden. Man konnte als Alleinverdiener eine Familie gründen, ein Haus bauen. Das ist heute für viele Menschen nur mehr ein Traum".
Zu den Höhepunkten zählte Kardinal Schönborn etwa den Weltjugendtag im Sommer im polnischen Krakau. Er selbst war mit rund 200 Jugendliche aus der Erzdiözese Wien nach Krakau gereist, um dort gemeinsam mit fast zwei Millionen jungen Menschen den Glauben zu feiern, berichtete Schönborn. "Das tut gut, wenn man selbst über 70 ist und so viele Jugendliche erleben kann". Positiv sei auch, dass der "längste Wahlkampf der Republik" mit der Wahl eines neuen Bundespräsidenten zu Ende gegangen sei.
Stark bewegt haben ihn auch seine Reisen, insbesondere jene in den Irak und nach Ägypten, berichtete Schönborn weiter. Im März hatte der Kardinal der kurdischen Region des Irak einen dreitägigen Solidaritätsbesuch abgestattet und dabei u.a. Flüchtlingscamps und kirchliche Hilfsprojekte besucht. Im Oktober war Schönborn einer Einladung des koptischen Papst-Patriarchen Tawadros II. nach Ägypten gefolgt. Im Rahmen des Besuches war Schönborn u.a. mit den Angehörigen und Witwen der 20 im Jahr 2015 in Libyen von IS-Terroristen am Strand enthaupteten Männer zusammengetroffen.
Quelle: kathpress