Schönborn feiert Weihnachten mit Obdachlosen
Seit 20 Jahren feiert Kardinal Christoph Schönborn Weihnachten mit Obdachlosen. Im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" berichtet er erstmals, wie er ganz persönlich den Heiligen Abend verbringt.
Dieser sei mit einem ganz bestimmten Ritus verbunden: "Zuerst ist da die Weihnachtsvesper im Stephansdom, die immer sehr gut besucht ist. Dann findet die Bescherung hier im Haus statt, zu der ich immer einige einsame Leute einlade, von denen ich weiß, dass sie niemanden haben und alleine zuhause sitzen würden, wenn sie nicht eingeladen würden." Und schon seit 20 Jahren feiere ich mit der Caritas-Gemeinde die Mette. Das sei eine Gemeinde, die vor allem aus den Obdachlosen-Häusern gebildet wird. "Diese Mette ist für mich jedes Jahr ein Höhepunkt."
Es berühre ihn immer ganz besonders tief, "wenn während der Weihnachtsmette im Kreise der Caritas-Gemeinde der Verstorbenen des vergangenen Jahres gedacht wird". Zwei Dinge würden ihm dabei immer ganz nahe gehen: "Das ist die hohe Zahl an Menschen, die jedes Jahr stirbt, einfach aus Folge der Armut und des Lebens, das sie zum Teil auf der Straße verbracht haben." Gleichzeitig beeindrucke ihn aber: "Jeder und jede hat einen Namen, ist ein Gesicht, ist eine Person, jemand, der in der Caritas-Gemeinde einen Platz gehabt hat und hat. Das ist für mich eigentlich immer der schönste Moment in dieser Mette, weil es zeigt, dass Gott, der selber ein armes Kind geworden ist, keinen - und besonders keinen Armen - vergisst."
Zur Frage, wo Gott für ihn 2016 besonders gewirkt hat, erinnerte der Kardinal an seinen Besuch im Irak im März. Dort habe er ein Flüchtlingslager besucht. Schönborn: "Wir waren schon am Wegfahren, als eine Mutter rief: "Helfen Sie uns." Und wir sind noch einmal stehengeblieben, ausgestiegen und zu einem der Häuser hingegangen. Da waren der kleine George und seine Mutter. Die Mutter erzählte, dass der Bub eine Krankheit habe und dass er nicht überleben werde, wenn er nicht operiert wird. Und da kam uns ganz stark der Wunsch ins Herz, dass wir schauen müssen, ob wir dem Buben helfen können. Und dann haben sich wunderbare Helfer und Spender gefunden, sodass die Finanzierung einer lebensrettenden Operation in Österreich möglich war." Und schließlich konnte der kleine George operiert und gerettet werden.
Erste Weihnachten als Flüchtlingskind
Seine erste Erinnerung an Weihnachten habe er, als er als Vierjähriger in Weißenbach am Attersee, "wo wir als Flüchtlinge untergebracht waren, bei einer Familie". Schönborn: "Aber natürlich hat Weihnachten für mich im Lauf der Jahre eine ganz andere Bedeutung bekommen als nur die Frage des Christbaumes und der Weihnachtsgeschenke. Die waren übrigens Ende der 40er-Jahre noch sehr bescheiden. Ich kann mich erinnern, dass ich damals einen Holzbauernhof bekommen habe. Das ist das erste Weihnachtsgeschenk, an das ich mich erinnern kann."
Angesprochen darauf, dass sich viele Menschen vor Weihnachten fürchten, etwa wegen Familienkonflikten oder Sterbefällen, meinte der Kardinal: "Genau für diese Menschen und für diese Situation ist Gott Mensch geworden. Er ist ja bewusst nicht im römischen Kaiserpalast oder bei der reichsten Familie von Galiläa auf die Welt gekommen, wo alles Wonne und Honigkuchen war, sondern er ist in einer armen Familie Mensch geworden." Deswegen müsse man eigentlich sagen: "Die, die sich mit Weihnachten schwer tun, sind Gottes besondere Lieblinge. Denen wendet er sich ganz besonders zu."
Sein Weihnachtswunsch an alle Österreich: "Ich wünsche mir, dass Glaube, Hoffnung und Liebe in unserem Land wachsen." Es werden die Zeiten für viele Menschen nicht leichter, "deshalb müssen wir aber nicht die Hoffnung verlieren. Denn überall geht es um die Liebe. Es liegt an uns, wie das Klima in unserem Land ist. Ob ich Liebe, und Zeit schenke - oder ob ich mich verweigere."
Quelle: kathpress