Manche Asylwerber "gefährdet durch falsche Indoktrinationen"
Oberösterreichs Caritas-Direktor Franz Kehrer hat sich unter dem Eindruck des Berliner Attentats dafür ausgesprochen, in der Integrationsarbeit für Flüchtlinge "genau hinzuschauen und die Menschen beim Hineinwachsen in unsere Gesellschaft zu begleiten". Dies sei erforderlich angesichts der "schmerzlichen" Erfahrung, dass Asylwerber unterschiedliche Lebenserfahrungen gemacht hätten und "manche durch die Ungewissheit und die lange Zeit des Wartens auch gefährdet sind durch falsche Indoktrinationen", wies Kehrer am Donnerstag im Interview mit den "OÖNachrichten" hin. Integration gelinge nicht von selbst, aber gleichzeitig gebe es "sehr viele positive Beispiele, wo es gelingt".
Der Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin - kurz vor einem "Fest des Friedens und der Familie" - habe ihn "nicht nur in der Seele verletzt, dass so etwas in unserer Gesellschaft geschieht", sagte der Caritas-Direktor der Diözese Linz. Er verstehe die Gewalttat auch als ein "Zeichen, dass unsere Werte Freiheit und Frieden nicht einfach gepachtet sind. Wir müssen sie immer wieder erarbeiten."
Auch Verlierer in den Blick nehmen
Der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik in Österreich warf Kehrer Versäumnisse und blinde Flecken vor. Die Schere zwischen Wohlhabenden und Armen gehe auseinander, und die Anforderungen in der Gesellschaft steigen nach der Beobachtung des Caritas-Direktors "derart massiv, dass es schon Gruppen von Menschen gibt, die ihnen nicht mehr gewachsen sind". Es wachse die Zahl jener, die nicht mehr das Notwendigste zum Leben haben und Hilfe in den Caritas-Sozialberatungsstellen suchen. Die Politik habe offenbar keine Rezepte für Personen, die in sehr schwierigen Lebenssituationen sind, bemängelte Kehrer: "Zum Beispiel, wie können für sie Arbeitsplätze geschaffen werden." Die politische Diskussion drehe sich manchmal zu sehr um "Nebensächlichkeiten" statt um Vermeidung der Armut oder Schaffung von leistbarem Wohnraum.
"Auf jeden Fall ein Rückschritt" sei das Scheitern beim Versuch, eine bundesweite Regelung der Mindestsicherung zu treffen, meinte Kehrer. "Manchmal kritisieren wir die EU, weil sie keine gemeinsamen Lösungen zusammenbringt, da ist man in diesem Punkt auch in Österreich selbst gescheitert."
Für notwendig hält Kehrer - wie er sagte - eine fundierte Auseinandersetzung damit, wie man die Sozialsysteme in Österreich auch in Zukunft sichern kann. "Und da erwarte ich mir, dass man nicht nur diskutiert, was man einsparen könnte, sondern auch darüber, wer einen fairen Beitrag leistet." Ein Blick auf das, was alle Teile der Gesellschaft leisten können, sei erforderlich z.B. angesichts der Tatsache, dass internationale Konzerne in Europa kaum Steuern zahlen.
Quelle: kathpress