Diözesanadministrator für "Bischof mit wachem Blick"
Der Innsbrucker Diözesanadministrator Jakob Bürgler wünscht sich für die vakante Diözese einen Bischof, "der die Wirklichkeit so anschaut, wie sie ist; mit offenem, wachem Blick". Das sagte der seit Jänner wirkende provisorische Leiter der Diözese im Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" am Samstag. Im Blick auf Polarisierungen im Zuge der Präsidentschaftswahl gehe es nun darum das Miteinander zu stärken, so Bürgler, der sich gegen ein generelles Bettel- und Schlafverbot in Innsbruck aussprach.
Trotz der fast einjährigen Sedisvakanz ortete Bürgler noch keine akuten Stau bei wichtigen Themen: "Wenn man sich die Fragen anschaut, die anstehen und für die es tatsächlich aus rechtlichen Gründen einen Bischof benötigt, dann sind das sehr wenige." Bei den Zukunftsoptionen gebe es mehrere Punkte etwa hinsichtlich gesellschaftlicher Neupositionierungen, die erst der neue Bischof entscheiden solle. Tirol erlebe seit Jahren eine starke Säkularisierung. "Das fordert uns als Kirche massiv. Wir können die Dynamik nicht umdrehen", so Bürgler. Gleichzeitig gebe es aber "viele positive Beispiele, wie Menschen die Kirche auch lebensnah erleben".
Das Miteinander stärken
Kritisch bewertete Bürgler die im Bundespräsidentschaftswahlkampf beobachtbaren Polarisierungen: "Menschen unterstellen sich gegenseitig, nicht mehr dem Wohl der Gesellschaft zu dienen. Sie werten sich gegenseitig ab, Hass greift um sich. Da wurden ganz tiefe Gräben aufgerissen." Es sei deshalb höchst an der Zeit, dass wieder Kräfte die Regie übernehmen, die das Miteinander stärken. Das habe auch etwas mit Weihnachten zu tun. Angesprochen auf den Einfluss der Kirche darauf konstatierte Bürgler, dass die Kirche zwar einen wichtigen Beitrag für das gute Zusammenleben von Menschen leiste, "aber nicht mehr den entscheidenden." Er persönlich sei "sehr froh" über den klaren Ausgang der Wahl. Damit seien das Bemühungen um eine umsichtige gesellschaftliche Diskussion und um Integration unterstützt worden.
Zur Flüchtlingsthematik führte Bürgler aus, dass die trotz spürbarer Ängste, Emotionen und Vorbehalte klar Position bezogen und dabei versucht hat, nicht ins parteipolitische Hickhack hineingezogen zu werden. Zur Gefahr eine drohenden Islamisierung sagte er: "Überall dort, wo Asylwerber und Flüchtlinge gut integriert sind, stellt sich diese Frage nicht. Derzeit auch nicht in der Diözese Innsbruck." Demgegenüber sei aber klar, dass sich die zahlenmäßige Entwicklung verändere, "wenn Menschen zu uns kommen und ein anderes Religionsbekenntnis haben".
Bürgler regte an, die bestehenden Ängste in einem größeren sozialen Kontext zu betrachten. So werde in den USA oder in Teilen Europas derzeit darüber diskutiert, ob sich der Staat von der Verantwortung für Menschen in Not zurückziehen solle. "Unsere Position ist hier klar und deshalb sind wir auch gegen eine Deckelung der Mindestsicherung. Wir glauben, dass Menschen in einer Notsituation die Hilfe der Gesellschaft verdienen", so Bürgler.
Gegen Bettelverbot
"Das Bettelverbot lehnen wir ab, wir treten für die Möglichkeit des stillen Bettelns ein", hielt der Diözesanadministor im Blick auf die aktuelle Diskussion in Innsbruck fest. Es gehe vielmehr darum, die Armut in unserem Land nicht zu verdrängen, sondern auf Augenhöhe zu begegnen und dabei eine gute Lösung mit allen gesellschaftlichen Kräfte zu finden.
"Mit Verboten löst man die Probleme nicht. Das gilt auch für das diskutierte Schlafverbot", führte er weiter aus. Die Kirche sei zwar dafür, dass die Altstadt nicht der Ort sein kann, wo Menschen übernachten sollen. "Aber ich verbinde das mit der Forderung, dass die Betroffenen einen Ort haben, wo sie schlafen können", so Bürgler. Die frohe Botschaft von Weihnachten sei, "dass Gott inmitten der Armseligkeit und der Krisen da ist. Und wir sind gesendet, dort zu helfen, wo wir helfen können, damit es menschlicher wird.
Quelle: kathpress