"Weihnachten im Schuhkarton"
Seit einigen Jahren führt der Verein „Geschenke der Hoffnung e.V“ aus Berlin die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ (WiS) durch. Es wird eingeladen, für notleidende Kinder in Osteuropa einen Schuhkarton mit Geschenken zu packen. „Weihnachten im Schuhkarton“ ist keine Hilfsaktion. „Weihnachten im Schuhkarton“ ist eine Geschenk- und Missionsaktion.
Der Verein „Geschenke der Hoffnung“
Der Verein „Geschenke der Hoffnung e.V.“ bezeichnet sich selbst als ein „christliches Werk mit internationalem Profil, das Menschen in Not hilft und das Evangelium weitergibt.“ Gegründet wurde der Verein 1963 als „Billy Graham Evangelistic Association Deutschland“. Im November 2001 wurde der Verein in „Geschenke der Hoffnung e.V.“ umbenannt. „Weihnachten im Schuhkarton“ ist Teil der weltweiten Aktion „Operation Christmas Child“. Träger und Inhaber dieser Aktion ist das amerikanische Hilfs- und Missionswerk „Samaritan's Purse“. Der Leiter dieses Werkes und der Billy Graham Evangelistic Association ist Franklin Graham. „Geschenke der Hoffnung e.V.“ führt die Aktion „Operation Christmas Child“ im deutschsprachigen Raum durch. Der Verein ist auch über diese Aktion hinaus personell und programmatisch eng mit „Samaritan's Purse“ verbunden. Für Österreich und Südtirol wird die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ von einem Regionalleiter in Graz koordiniert.
Neben „Weihnachten im Schuhkarton“ hat der Verein in den letzten Jahren zunehmend neue Aktionen ins Leben gerufen, die alle dem doppelten Gedanken verpflichtet sind, Menschen in Not zu helfen und sie für Jesus Christus zu gewinnen. So gibt es neben der Möglichkeit Kinderhilfsprojekte, medizinische Projekte, Flüchtlings- und Katastrophenhilfe zu unterstützen, die Möglichkeit Patenschaften zu übernehmen oder sich an Evangelisationsprojekten zu beteiligen.
„Geschenke der Hoffnung e.V.“ hat in Österreich kein Spendengütesiegel, in Deutschland kann der Verein auf das DZI - Spendensiegel verweisen.
Die Aktion
Vor allem Kinder und Jugendliche werden eingeladen, für notleidende Kinder in Osteuropa einen Schuhkarton mit verschiedenen neuen Geschenken zu packen. Dazu bietet „Geschenke der Hoffnung e.V“ Lehrmaterial für Schulklassen, sowie Entwürfe für Stunden mit Kindern- und Jugendgruppen zum Thema „Weihnachten im Schuhkarton“ an. Für die konkrete Umsetzung gibt der Verein u.a. auf seiner Homepage Tipps und Ideen für das richtige Bepacken der Kartons. So sind Spielsachen, Hygieneartikel, Schulsachen, Bekleidung und Süßigkeiten genannt. Unter den Artikeln, die nicht in den Schuhkarton dürfen, sind neben nachvollziehbaren Einschränkungen auch „Produkte, die Hexerei oder Zauberei zum Thema haben“ (z.B. Harry Potter, Zauberkästen …) ausgeschlossen. Die Kartons sollen mit Etiketten versehen werden, die grob anzeigen für welches Alter und Geschlecht der Inhalt gedacht ist. Es wird auch darum gebeten, einen Betrag von € 8.- für Abwicklung und Transport zu geben.
Die fertig gepackten Kartons werden von der Abgabestelle zu regionalen Sammelstellen gebracht. Dort findet eine Überprüfung der Schuhkartons statt, damit sich keine unerwünschten bzw. verbotenen Artikel in den Päckchen befinden, ehe sie mit internationalen Speditionen in die jeweiligen Empfängerländer transportiert werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Verein mit dem gespendeten Geld verantwortungsbewusst umgeht und die - den Vorgaben entsprechenden - Geschenke ihre Empfänger erreichen.
Anzuerkennen ist, dass durch diese Aktion Kindern eine Freude bereitet wird. Ebenso werden den an der Sammlung beteiligten Kindern und Jugendlichen Werte wie soziale Mitverantwortung und Teilen nahegebracht. Wie bei jeder anderen Spendenaktion sollte man sich aber auch hier vor einer Beteiligung mit den Hintergründen und der Ausrichtung der Aktion auseinandersetzen.
Eine Frage der Entwicklungspolitik
Hauptziel von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit ist immer die Verringerung von Armut, die nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen, die in Not sind. Um dies zu erreichen, braucht es langfristige zielorientierte Maßnahmen, die immer in Kooperation und auf Initiative der Organisationen vor Ort geplant und durchgeführt werden. Im Rahmen von solchen langjährigen Kooperationen gibt es bei vielen Organisationen auch punktuelle Solidaritätsaktionen für Kinder. Diese müssen jedoch auf deren tatsächlichen Bedarf ausgerichtet sein und die Kriterien, welche Kinder davon profitieren sollen, müssen transparent und nachvollziehbar sein.
Bei „Weihnachten im Schuhkarton“ scheinen oben genannte Voraussetzungen nicht gänzlich gewährleistet zu sein. Die Aktion nennt als Empfänger zwar notleidende Kinder, versteht sich jedoch nicht als Hilfsaktion (im Sinne der Entwicklungszusammenarbeit), sondern als Missions- und Geschenkaktion.
Durch diese Aktion werden die Lebensbedingungen der notleidenden Kinder nicht längerfristig verbessert, etwa die Ernährung, die medizinische Versorgung, die Wohnverhältnisse oder die Möglichkeiten, eine Schul- oder Berufsausbildung zu erhalten. Diese Aktion leistet daher keine nachhaltige Entwicklungshilfe für Kinder in Not. Schön ist, dass Kinder etwas geschenkt bekommen und sich darüber freuen können. Es ist aber nicht gewährleistet, dass die Schachtel etwas enthält, was das beschenkte Kind braucht oder will. Auch die Wirtschaft in den Empfängerländern profitiert nicht von dieser Aktion. Der Erlös aus dem Verkauf der Geschenke kommt ausschließlich der Wirtschaft der Länder zugute, aus denen die Kartons kommen.
Der Transport der Geschenkkartons über weite Strecken ist nicht nur mit einem enormen finanziellen Aufwand verbunden, sondern auch aus ökologischen Gründen problematisch. Im Sinne einer effizienten Verwendung von Spendenmitteln ist es immer sinnvoller, Güter direkt vor Ort zu kaufen, um Transportkosten zu sparen, die lokale Wirtschaft zu unterstützen und Güter zu kaufen, die dem lokalen Kontext der begünstigten Kinder angepasst sind. Sachspendenaktionen in der Art von „Weihnachten im Schuhkarton“ wären aus entwicklungspolitischer Sicht nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen sinnvoll: dann, wenn die benötigten Geschenke im Empfängerland nicht herzustellen oder zu beschaffen sind.
Geschenke und Mission
Wer bei der Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ mitmachen will, sollte sich der Frage stellen, ob er/sie mit seinem/ihrem sozialen Engagement Teil evangelikal geprägter Mission sein will. Die Verteilung der Geschenkkartons erfolgt in der Regel in einer Weihnachtsfeier einer örtlichen Kirchengemeinde bei der Weihnachtslieder gesungen werden und die biblische Weihnachtsgeschichte erzählt wird. Neben dem Schuhkarton wird den Kindern die Broschüre „Das größte Geschenk“ (seit 2014 mit einem neuen Text) angeboten. Es wird auch dazu eingeladen weitere Angebote der Gemeinde wahrzunehmen. Wie „Geschenke der Hoffnung e.V“ auf seiner Homepage schreibt, ist die missionarische Nachbetreuung fester Bestandteil und Ziel der Aktion: „Für Gemeinden ist die Weitergabe der Schuhkartons eine wunderbare Gelegenheit, mit Kindern und ihren Eltern ins Gespräch zu kommen - und sie ganz unverbindlich auch zu ihren regulären Veranstaltungen wie Gottesdiensten, Bibelstunden oder Kinderkursen einzuladen.“
Die den Kinder angebotene Broschüre „Das größter Geschenk“ erzählt zuerst vom Leben und Wirken Jesu. Ausführlich wird dann erklärt, dass die Sünde das größte Problem der Menschen ist.
Sünde ist alles, was wir tun, sagen oder denken, das gegen Gott gerichtet ist […] Jeder von uns macht fortwährend unrechte Dinge. Keiner von uns folgt vollständig Gottes Weg. Wir lügen und verletzten andere und tun dann so, als ob wir nichts unrechtes getan haben. Gott ist so vollkommen und gut, dass er unsere Sünden nicht ignorieren kann. Unser schlimmes Verhalten (Sünde) hat Folgen. Die schlimmste Folge ist die endgültige Trennung von Gott und allem Guten und damit der Tod. Das nennt die Bibel Hölle. Wenn wir nicht für immer von Gott getrennt sein wollen, brauche wir jemand, der uns hilft.“ Weiter heißt es „Weil Gott Dich aber liebt, hat er seinen Sohn Jesus gesandt, der sein Leben gab, um die Strafe für Deine Sünde durch den Tod am Kreuz auf sich zu nehmen.
Am Ende der Broschüre soll das Kind entscheiden, ob es ein „Freund und Nachfolger Jesu“ werden will. Es wird ein Gebet vorgeschlagen, in dem es seine Sünden bereuen und Jesus dafür dankt soll, dass er es gerettet hat. Das Kind wird aufgefordert eine Namensliste anzulegen, wem es erzählen kann, dass es nun ein „Freund und Nachfolger Jesus“ ist.
Für die Evangelisation und Mission, die Gemeinden im Anschluss an die Verteilung anbieten können, stellt „Geschenke der Hoffnung e.V“ einen evangelikal geprägte Glaubenskurs der Billy Graham Evangelistic Association zu Verfügung.
Weitere Informationen im Internet:
Kirchliche Stellungnahmen:
- Informationen der Erzdiözese München und Freising, Sekten- und Weltanschauungsfragen:
Weihnachten im Schuhkarton / "Geschenke der Hoffnung"
- Informationen des Bistums Trier:
„Weihnachten im Schuhkarton “ - eine umstrittene Missions- und Geschenkaktion
Die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton “ ist kein Beitrag zu nachhaltiger Hilfe
- Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens:
Weihnachten im Schuhkarton als missionarisches Projekt. Das Ziel hinter allen Bemühungen.
- Internetportal "evangelisch.de
"Weihnachten im Schuhkarton ": Teddys und Mission
Kriterien zur Einschätzung von Hilfsaktionen
- Bistum Augsburg:
Hier finden Sie unter dem Stichwort "Hilfsaktionen" eine Checkliste (PDF-Dokument) als Hilfestellung bei der Bewertung von Aktionen, die sich an notleidende Menschen richten.
Internetseiten von Geschenke der Hoffnung e.V/ Samaritan's Purse
- Internetseite „Geschenke der Hoffnung e. V.“
- Internetseite „Samaritan's Purse“ „Operation Christmas Child“
- Internetseite „Billy Graham Evangelistic Association“
- Traktat: „Das größte Geschenk“: http://www.geschenke-der-hoffnung.org/fileadmin/user_upload/Weihnachten_im_Schuhkarton/Das_groesste_Geschenk.pdf
erstellt von Johannes Sinabell