Duzdar kündigt schärferes Vorgehen gegen Hasspostings an
Internetdelikte wie etwa Hasspostings auf Sozialen Medien sollen in Österreich künftig schärfer geahndet werden. Maßnahmen dazu hat Staatssekretärin Muna Duzdar am Freitag bei einer Diskussionsveranstaltung der Katholischen Sozialakademie (ksoe) in Wien angekündigt: "90 Prozent der Verhetzung findet heute im Netz statt. Das ist ein wirkliches Problem", so die SP-Politikerin. Neue Gesetze sollten sicherstellen, dass die Staatsanwaltschaft Verfahren künftig nicht so schnell einstelle wie bisher. Auch eine eigene Meldestelle für Online-Vergehen sei geplant sowie eine Freiwilligen-Plattform zur Stärkung der "digitalen Zivilcourage", erklärte Duzdar.
Ein zunehmender "Hass der Worte" im Internet drohe zum "Hass der Taten" zu werden, warnte die Staatssekretärin. Aufgezeigt hätten dies brennende deutsche Asylheime oder Mord der Londoner Unterhaus-Abgeordneten Jo Cox, der eine Folge des "Hass der Brexit-Kampagne" gewesen sei. Im US-Wahlkampf seien Gerüchte und Falschmeldungen zum Instrument politischer Meinungsmache geworden, zudem würden von Meinungsrobotern ("Social bots") und Fake-Accounts gesteuerte Postings und Retweets das Bild gesellschaftlicher Realität verzerren. Das Internet sei zu einer "Wutmaschine" geworden und trage entscheidend zur Radikalisierung von Menschen bei, so Duzdar.
Handlungsbedarf sah die Politikerin zunächst bei illegalen Inhalten, wobei Online-Plattformen stärker in die Pflicht zu nehmen seien. Vier Fünftel der von Juristen als illegal eingestuften Postings, Kommentare und Videos bei Twitter und Facebook - es ging dabei um Verhetzung, Verleumdung, Ehrenbeschneidung oder Verstöße gegen das Verbotsgesetz - würden von den Plattformen in ihrer selbst auferlegten Frist von 24 Stunden nicht gelöscht, habe eine aktuelle österreichische Studie gezeigt. Die Politik habe das Phänomen "Hass im Netz" viel zu lange unterschätzt und als Aktivität Einzelner gesehen. So sei der Eindruck entstanden, das Internet sei ein straffreier Raum und Online-Hass eine Bagatelle.
Für ihr Ziel, "das Netz von Hass zu befreien und als Ort der Freiheit zurückzugewinnen", reiche das bloße Löschen von Hasspostings jedoch nicht aus, betonte Duzdar. Seien die Problem-Poster auch kaum rational zu überzeugen, müsse man alles daran setzen, "die mitlesende, schweigende Mehrheit zurückzugewinnen". Menschen sollten hellhörig werden und fähig dazu, sich zu wehren - indem sie etwa bei Unwahrheiten die Quelle erfragen und somit Fakten entlarven, oder beleidigenden Tonfall zurückzuweisen. Andernfalls würden stets "die Aggressiven und Lautstarken den Eindruck vermitteln, sie wären repräsentativ".
Persönlich will die Staatssekretärin zu einem "Schulterschluss zwischen Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft" beitragen. "Ich habe kein Politikverständnis, wo Staat da oben ist und die Zivilgesellschaft und auch die Religionsgemeinschaften nicht auf Augenhöhe sind. Das wäre nicht zeitgemäß", so Duzdar. Sie habe daher für die Regierungskampagne auch Statements von Vertretern der Religionsgemeinschaften eingeholt. In den heutigen "bewegten Zeiten" seien Demokratie und Rechtsstaat nicht in Stein gemeißelt und bräuchten stete Erneuerung, sagte die Politikerin. "Hält man alles für selbstverständlich, läuft man in Gefahr, von Entwicklungen überrollt zu werden, die man nicht vorhersieht".
Über einen spezifisch "christlichen" Zugang zur Problematik sprach die Sozialethikerin Paloma Fernandez de la Hoz. "Für Christen gibt es Gegner, aber keine Feinde", mahnte die ksoe-Expertin. Eine "Dämonisierung" verbiete sich somit. "Wenn ich aus einem Gegner - also aus dem Mensch, der andere Interessen und andere Weltanschauung vertritt - einen Feind mache - das ist ein militärische Begriff für jemanden, der vernichtet gehört - dann verlassen wir das Feld der Demokratie und auch des christlichen Glaubens." Auch de la Hoz äußerte sich besorgt über die Zunahme von "extremer verbaler Aggressivität" gegenüber Gegnern in der medialen Politikdebatte.
Quelle: kathpress