Schönborn für kinder- und fremdenfreundlicheres Österreich
Für eine kinder- und fremdenfreundlichere Gesellschaft hat sich Kardinal Christoph Schönborn ausgesprochen. In einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" nahm Schönborn u.a. zur Abtreibung Stellung und nannte es eine "große schmerzliche Wunde", dass "so viele Kinder nicht das Licht des Lebens erblicken dürfen, weil Mütter oder Eltern sich nicht für das Kind entscheiden können". Jede Hilfe, die hier gegeben wird, sei ein Segen, so der Kardinal: "Ich kann aus persönlichen Erfahrungen immer wieder bezeugen, was für eine Freude es ist, wenn es gelingt, einer Mutter oder Eltern Mut zu machen, zu einem Kind ja zu sagen. Auch einem behinderten Kind gegenüber."
Er kenne viele Situationen, "wo es ein Arzt war, eine Nachbarin oder eine Verwandte, die Mut gemacht hat und gebeten hat: Sag ja zum Kind - es wird gehen", berichtete der Erzbischof: "Diese Hilfe, dieses Mutmachen, ist das, was ich mir für unser Land wünsche."
Auf die Flüchtlinge im Land angesprochen zeigte sich der Wiener Erzbischof überzeugt, dass es dort, wo Menschen direkten persönlichen Kontakt mit Flüchtlingen haben, sehr viel weniger Angst gebe als dort, "wo Flüchtlinge als anonyme Bedrohung wahrgenommen werden". Schönborn: "Deshalb wünsche ich mir zu Weihnachten, dass möglichst Viele wenigstens mit einem Menschen, der hier in Österreich Schutz sucht, in Kontakt treten, zuhören und versuchen, seine Geschichte kennenzulernen."
Es sei sicher der Idealfall, wenn eine Flüchtlingsfamilie oder einzelne Flüchtlinge in einer Pfarrgemeinde Anschluss finden, und in vielen Gemeinden im gesamten Land sei dies tatsächlich auch so der Fall. Viel schwieriger sei die Integration, wenn Flüchtlinge in Heimen untergebracht sind und es Monate oder Jahre dauert, bis ihre Asylsituation geklärt ist, so Schönborn: "Das macht mir Sorgen."
Positiv verwies der Erzbischof etwa auf Lern-Cafés der Caritas in ganz Österreich, in denen vor allem jüngere Flüchtlinge Deutsch lernen. "Daneben gibt es Gott sei Dank sehr viele zivilgesellschaftliche Bemühungen, die nirgendwo in den Statistiken aufscheinen: Etwa Menschen, die sich bereit erklären, Sprachunterricht zu geben, zu begleiten, Jugendliche Flüchtlinge in Familien einzuladen, damit sie Anschluss finden", so Schönborn. Nachsatz: "Die Nächstenliebe ist erfinderisch!"
"Klagen oft auf sehr hohem Niveau"
Zur Frage, wie familien- und kinderfreundlich er Österreich einschätzt, sagte Schönborn wörtlich: "Ich wünsche mir, dass es allen Kindern auf der Welt so gut geht, wie es durchschnittlich den Kindern in Österreich geht." Es gebe zwar leider auch hierzulande viel Not, vor allem von alleinerziehenden Müttern und armutsgefährdeten Familien. Aber kein Kind in Österreich müsse in einer Mülltonne nach seiner Nahrung suchen und in irgendeiner schmutzigen Pfütze versuchen, sein Wasser zu trinken. "Wenn wir klagen, klagen wir oft auf einem sehr hohen Niveau", so der Kardinal wörtlich.
Zur Bemerkung, dass so viele Menschen auf der Suche nach Sinn und Halt im Leben sind, plädierte der Kardinal für eine "nachgehende Kirche", die die Menschen dort abholt, wo sie stehen. Es gehe nicht um die Frage "Wie bekommen wir Menschen dazu, zu uns zu kommen?", sondern darum: "Wie finden wir selbst den Weg dorthin, wo Menschen zu finden sind?" Das könne nur gelingen, "wenn man aufmerksam ist und hinschaut".
Quelle: kathpress