Katholische Bischöfe würdigen Reformation und Luther
Die Reformation hat bei allem Leid und Unrecht, das sich katholische und protestantische Christen gegenseitig angetan haben, auch für die katholische Kirche viele positive Aspekte mit sich gebracht; Insofern gebe es auch einiges, wofür man der Reformation ganz generell und Martin Luther im Besonderen dankbar sein kann. Das betonen die beiden Bischöfe Benno Elbs und Manfred Scheuer in einem Audio-Beitrag (Podcast), der auf der offiziellen Website der Evangelischen Kirchen in Österreich zum Reformationsjubiläum (www.evangelisch-sein.at) veröffentlicht wurde.
Martin Luther sei ein "Mann des offenen Wortes" gewesen, der auch unter Lebensgefahr nicht davor zurückschreckte, "das zu sagen, was er dachte", so der Feldkircher Bischof Elbs. Zugleich habe Luther dadurch aber auch mitunter "über das Ziel hinausgeschossen" und auch andere Menschen verletzt. Die katholische Kirche habe sicher auf lange Sicht davon profitiert, dass Luther die Bibel wieder ins Zentrum der Kirche und es Glaubens gerückt habe, zeigte sich Elbs überzeugt: "Das hat auch die katholische Kirche bereichert."
Der Linzer Manfred Scheuer bezeichnete Luther als "Zeuge des Glaubens". Letztlich sei sein Wirken von der Frage her zu beurteilen, "ob es zu Christus hinführt oder wegführt". Und hier falle die Bilanz jedenfalls positiv aus, betonte Bischof Scheuer.
Die Podcast-Serie zum Reformationsjubiläum auf der Website www.evangelisch-sein.at wird von der ökumenischen Radioagentur "Studio Omega" produziert und soll auf leicht bekömmliche Weise zentrale Aspekte der Reformation und ihrer Protagonisten in Geschichte und Gegenwart einem breiten Publikum zugänglich machen. Dabei kommt auch der ökumenische Aspekt nicht zu kurz.
Die katholische Kirche könne im "gegenseitigen Austausch der Gaben" von einigen Stärken der evangelischen Kirchen profitieren, zeigte sich Bischof Scheuer gegenüber "Studio Omega" überbezeugt. Er verwies u.a. auf die radikale Bezogenheit auf das Wort Gottes, die starke Betonung des Priestertums aller Getauften und das Verständnis von Kirche als Volk Gottes. Das sei zwar in der katholischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) auch wieder stärker im Zentrum, "trotzdem können wir davon lernen und dafür sind wir dankbar", so Scheuer.
Andererseits wolle er aber auch die Frage stellen, inwieweit die evangelische Kirche nicht auch von einer gewissen Einseitigkeit geprägt sei: So rücke der Einzelne in seiner Gottesbeziehung so sehr in den Vordergrund, dass die Gemeinschaft der Glaubenden demgegenüber im Hintergrund stehe, merkte der Bischof an.
Martin Luther sei ein "Zeuge des Evangeliums", ein "Erneuerer des Glaubens" und ein "Verkünder Jesu Christi" gewesen, bekräftigte der Linzer Bischof, der in der österreichischen Bischofskonferenz für Ökumene zuständig ist. Zugleich dürfe man freilich auch kritisch anmerken, dass Luther "sicher nicht der Erfinder der Toleranz war". In Luthers Verhältnis zu den Juden, Katholiken, der Täuferbewegung oder den revoltierenden Bauern seiner Zeit sei vieles problematisch. Es gehe aber auch nicht darum, Luther zu mystifizieren, sondern ihn als einen Glaubenden zu sehen, "der selbst weiß, dass er der Umkehr bedarf". (Infos: www.evangelisch-sein.at)
Quelle: kathpress