Familienverband nach PISA: Schulische Vielfalt sichern
Nach den für Österreich wenig erfreulichen PISA-Testergebnissen hat der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) davor gewarnt, "eine einzige Schulform wie die verschränkte Ganztagsschule als Allheilmittel zu verkaufen". Die von Unterrichtsministerin Sonja Hammerschmid eingeleitete Bildungsreform und die Investitionen in den Ausbau der Ganztagsschulen seien zwar "ein guter Beginn", das österreichische Schulwesen zu verbessern, räumte KFÖ-Vizepräsidentin Astrid Ebenberger in einer Aussendung am Dienstag ein. Zugleich plädierte sie aber dafür, "eine Vielfalt an Schulprogrammen im Rahmen der Autonomie ermöglichen, um die ideale Schule für jedes Kind zu finden".
Jedes Kind habe unterschiedliche Bedürfnisse, so Ebenberger. Ein gutes Bildungssystem müsse auf diese Bedürfnisse eingehen und Wahlmöglichkeiten lassen: "Kein Kind darf auf der Strecke bleiben."
Dies gelte für "Risikoschüler", für deren gezielte Förderung alles zu tun sei, ebenso wie für Hochbegabte. Ebenberger: "Wir dürfen nicht in eine Durchschnittsfalle tappen, auch die hochbegabten Schüler müssen gezielt gefördert werden."
Individualisierung und die Herstellung von Chancengerechtigkeit dürften keine "Schlagworte" bleiben; es brauche eine gut geplante Umsetzung und ein begleitendes Monitoring. Die KFÖ-Bildungsexpertin appellierte an die Verantwortlichen, zudem einen stärkeren Blick auf den aus den PISA-Ergebnissen ersichtlichen "Gender Gap" zu werfen: Dass die Mädchen gegenüber den Burschen in manchen Bildungsbereichen "massiv zurückbleiben, darf nicht sein".
Tests wie PISA auch kritisch sehen
Als Totalversagen des heimischen Bildungssystem will Ebenberger die schlechten PISA-Testergebnisse allerdings nicht interpretiert wissen. Diese und andere internationale Testungen sowie deren Wirkung auf die nationale Schulentwicklung verdienten durchaus "einen kritischen Blick". Denn standardisierte Testformate führen laut Ebenberger oft zu einer allzu starken Fokussierung auf die dort geforderten Kompetenzen. "Was die Schüler an den einzelnen Standorten wirklich brauchen tritt dabei oft in den Hintergrund."
Die KFÖ-Vizepräsidentin kritisierte, dass vielfach Kompetenzen bereits als wichtiger bewertet würden als das angeeignete Wissen. "Was nützt etwa die Lesekompetenz, wenn die Kinder keine Bücher mehr lesen, wenn das Interesse am Weiterlernen, an weiterem Wissen nicht mehr geweckt wird?" Studien über die Auswirkungen eines nur mehr kompetenzorientierten Unterrichts fehlten bisher: "Möglicherweise erwartet uns dann ein böses Erwachen", so Ebenbergers Befürchtung. Ihr Appell an die Bildungspolitik: "Ja zum individualisierenden, die Kompetenzen und die Autonomie fördernden Unterricht; aber vor allem auch Ja zu einer intensiven kognitiven Basisbildung, und Nein zu einer Verbannung von Leistung, Lernen und Wissen aus unserem schulischen Geschehen!"
Quelle: kathpress