Kirche muss Suche nach Wahrheit wach halten
Gerade weil in Sozialen Netzwerken Gefühle und auch Unwahrheiten statt Fakten eine immer größere Rolle spielen, muss die Kirche das Ringen um Wahrheit noch stärker in den öffentlichen Diskurs einbringen. Das hat der Münchner Medienethiker Alexander Filipovi eingemahnt. Er referierte beim 7. Medienforum in Salzburg, zu dem Erzbischof Franz Lackner am Donnerstagabend eingeladen hatte.
Bedingt durch die Entwicklungen im Bereich der Sozialen Netzwerke liege die öffentliche Kommunikation nicht mehr nur bei Journalisten, sagte Filipovi: "Wir haben es mit einer Demokratisierung der öffentlichen Kommunikation zu tun." Jeder und jede könne sein Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit wahrnehmen und sich durch Twitter- und Facebook-Postings Gehör verschaffen. Institutionen und Medien würden nicht mehr als Repräsentanten der eigenen Stimme wahrgenommen. In den Sozialen Netzwerken werde jeder Mensch selbst zum Redakteur, eine Tatsache, die in Hinblick auf den Umgang mit Fakten und Wahrheit allerdings schwerwiegende Folgen habe.
Die Überprüfung von Fakten und das Hinterfragen der Glaubwürdigkeit von Quellen stehe in der Nutzung der Sozialen Medien nicht im Mittelpunkt: "Wir leben in einer postfaktischen Gesellschaft", so Prof. Filipovi. Diskurse seien vermehrt durch Gefühle anstatt durch Inhalte und Tatsachen geprägt. Nicht zuletzt im US-Wahlkampf habe man dieses Phänomen beobachten können. Unwahrheiten würden sich in Windeseile verbreiten, Richtigstellungen würden bei den Lesern dann aber nicht mehr ankommen.
Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlten und das Vertrauen in Institutionen verloren hätten, zeigen sich besonders empfänglich für manipulierte Inhalte. Das stelle wiederum Medien, Gesellschaft und auch die Kirche vor Herausforderungen.
Die Bedeutung des Journalismus sah Filipovi durch die aktuelle Entwicklung nicht geschmälert, im Gegenteil: die Expertise des Journalismus sei es, auf Perspektiven von Wahrheiten hinweisen. Zugleich nahm der Medienethiker aber auch die Medienkonsumenten in die Pflicht. Es gelte, sich aus der eigenen Informationsblase im Internet zu befreien und sich auch um die Wahrnehmung anderer Meinungen zu bemühen.
Die Kirche könne als Vermittlerin einen wichtigen Beitrag leisten, zeigte sich der Berater der deutschen Bischofskonferenz überzeugt. Aufgabe sei es, wieder Vertrauen in Institutionen und Medien zu schaffen. "Das Thema auf die Agenda setzen, Multiplikatoren stärken und in allen Medien, in allen Kanälen präsent sein" hielt Filipovi für wichtige Maßnahmen.
Alexander Filipovi ist Sozial- und Medienethiker in München. Er ist Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München und gibt u.a. mit Kollegen die medienethische Zeitschrift Communicatio Socialis heraus (www.communicatio-socialis.de).
Quelle: kathpress