Schönborn beklagt vor Hofburg-Wahl "Virus der Polarisierung"
Vor einem "Virus" hat Kardinal Christoph Schönborn zwei Tage vor der wiederholten Bundespräsidenten-Stichwahl gewarnt. "Ich meine nicht den Grippevirus, der auch mich erwischt hat. Ich meine einen viel gefährlicheren Virus" - den auch von Papst Franziskus beklagten "Virus der Polarisierung", schrieb der Wiener Erzbischof in seiner Freitags-Kolumne für die Gratiszeitung "Heute". Dieser Virus folge nur einer Logik: dem Freund-Feind-Schema. Der Weg zu Hass und Gewalt sei dann nicht mehr weit, weil echte Verständigung verhindert werde und die Bereitschaft schwinde, aufeinander zuzugehen.
Diese Tendenz zeigt sich nach der Beobachtung Schönborns derzeit weltweit und während des fast einjährigen Wahlkampfes um das höchste Amt im Staat "leider auch in Österreich". Dabei seien tiefe Gräben entstanden, "Feindbilder wurden konstruiert", die jeweils "anderen" schlecht gemacht. Der Papst habe dies als weltweites Anwachsen der Gegensätze beschrieben, als er jüngst formulierte: "Wir erleben eine Zeit, in der unseren Gesellschaften die Polarisierung und die Ausschließung als einzige Möglichkeit zur Lösung von Konflikten seuchenartig wieder aufleben."
Der Kardinals fragte besorgt: "Wie wird es nach der Wahl weitergehen? Wird die eine Hälfte des Landes der anderen wieder die Hand reichen können?" Das werde unser aller Aufgabe sein, vor allem die des neuen Bundespräsidenten. Was die Bürger des Landes jetzt schon tun könnten: "Zur Wahl gehen!", empfahl Schönborn.
Katholische Jugend: "Jede Stimme zählt!"
Auch die Katholische Jugend (KJ) rief Jugendliche und junge Erwachsene auf, am Sonntag wählen zu gehen. In einer Demokratie gehe es um Beteiligung, die auch von der KJ immer wieder eingefordert werde, betonte Vorsitzender Matthias Kreuzriegler. "Wer nicht zur Wahl geht und somit die Verantwortung an andere übergibt, ist im Nachhinein nicht berechtigt, sich zu beschweren. Jede Stimme zählt!"
Für das Amt des Bundespräsidenten erhoffe sich die Katholische Jugend eine "Persönlichkeit, die die Gräben, die sich während des langen Wahlkampfes aufgetan haben, überwindet und verbindend wirkt". Jede Art von gesellschaftlicher Spaltung, vereinfachendem Schwarz-Weiß-Denken, Verunsicherung und Abschottung bezeichnete Kreuzriegler als "nicht tragbar". Er verwies auf die christliche Sozialethik als maßgeblich für die Wahlentscheidung, die sich "eindeutig für ein solidarisches Miteinander" und die Option für Menschen am Rand der Gesellschaft ausspreche.
Quelle: kathpress