Bundespräsident sollte sich Papst zum Vorbild nehmen
Der künftige österreichische Bundespräsident soll sich nach Ansicht des Theologen Paul M. Zulehner Papst Franziskus zum Vorbild nehmen, dessen erste "Auslandsreise" aus dem Vatikan hinaus nach Lampedusa und eine spätere dann nach Lesbos führte. Es wäre eine "Geste staatsmännischen Einfühlungsvermögens", würden die Kandidaten für das höchste Amt im Staat ähnliche Zeichen der Anteilnahme mit Flüchtlingen ins Auge fassen, schrieb der Theologe auf seinem Weblog im Vorfeld der Wahl am Sonntag. Und es gelte - wie Heinz Fischer dies getan habe - auch jenen in Österreich den Rücken zu stärken, die nicht hetzen, sondern helfen, die Gastfreundschaft leben, Patenschaften mit Schutzsuchenden pflegen und es "ertragen, dass sie wegen ihrer Hilfsbereitschaft dumm angeredet, ja manchmal verspottet werden".
Die von FPÖ-Kandidat Norbert Hofer im Wahlkampf verwendete Formel "So wahr mir Gott helfe!" nahm der Werteforscher und Religionssoziologe zum Anlass für den Hinweis: "Der wahre Gott ist ein einziger.... Alle sind seine Ebenbilder." Das Bekenntnis zum "Schöpfer der einen Welt und aller Menschen" erfordere auch eine universelle Solidarität, nicht aber den in Europa und den Vereinigten Staaten aufkeimenden Nationalismus.
Als ein "Gesetz" innereuropäischer Entsolidarisierung kritisierte Zulehner in diesem Kontext "Dublin 2". Italien oder Griechenland sei es nicht zuzumuten, als Erstaufnahmeland alle Geflohenen aufzunehmen, zudem habe man "Italien mit Lampedusa im Regen stehen lassen". Die Reisen des Papstes dorthin bzw. nach Lesbos hätten auch dazu gedient, Solidarität innerhalb der Europäischen Familie einzumahnen.
Nicht Stacheldraht, Flüchtlinge besuchen
Vergleichbares stünde auch dem künftigen Bundespräsidenten Österreichs gut an, befand Zulehner. Sie sollten nicht zu den Grenzzäunen Mazedoniens, nicht zur Frontex-Linie reisen, sondern etwa einen Gastbesuch in einem jordanischen UN-Flüchtlingslager machen. Oder geographisch näher: ein Besuch im ökumenisch getragenen "Haus Ibrahim" in Stockerau mit seinen 16 unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen oder bei den Don-Bosco-Schwestern in Stams, wo der hohe Besucher die Geschichte einer 13-Jährigen Südafghanin hören könnte, deren Vater vor den Taliban umgebracht wurde, die mit Mutter und Bruder in den Nordiran floh und dann über die Türkei, wo sie den Kontakt zur Mutter verlor, nach Österreich kam. Es würde - so Zulehner - den Präsidenten berühren, wenn er das Mädchen mit Freudentränen sagen hörte: "Hier in Stams kann ich zum ersten Mal in meinem Leben zur Schule gehen!"
Der Einwand vieler, das kleine Österreich könne nicht die Not der Welt beheben, sei richtig, bemerkte Zulehner. "Daher Europa, daher die UNO, daher braucht es internationale Solidarität und nicht nationalistische Abgrenzung." Und wenn es heiße, man müsse doch "die Ängste der Menschen ernstnehmen", stelle sich die Frage, wie Politiker mit Ängsten umgehen: "Mindern sie diese durch eine staatsmännische Politik des langen Atems oder mehren sie diese durch eine kurzsichtige Parteipolitik?"
Die Überzeugung des Wiener Theologen: Das Asylrecht lasse keine Obergrenze zu. "Die Begrenzung geht nur durch Behebung der Fluchtursachen, durch humanitäre Korridore, durch einen Marshallplan für Syrien 'danach', auch für Afrika." (https://zulehner.wordpress.com)
Quelle: kathpress