"Bibel ist phantastisch geschrieben"
Die Bibel ist nach Überzeugung des österreichischen Schriftstellers und Literaturprofessors Alois Brandstetter "phantastisch geschrieben". Für ihn sei der Apostel Paulus einer der bedeutendsten Autoren der Weltliteratur, sagte der "von der Kirche literarisch sozialisierte" Autor in einem Interview für die aktuelle Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag". Auch die Propheten des Alten Testaments hätten ihm immer gefallen.
Brandstetter setzte Ende Oktober die Wiener "Poetikdozentur" an der Katholisch-Theologischen Fakultät mit einer Vorlesung zum Thema "Literatur und Religion" fort. Seine erfolgreiche schriftstellerische Arbeit (u.a. "Zu Lasten der Briefträger" 1974, "Die Abtei" 1977, "Über den grünen Klee der Kindheit" 1982, "So wahr ich Feuerbach heiße" 1988, zuletzt "Aluigis Abbild" 2015) begann er erst, als er bereits als Germanist habilitiert war. Bis 2007 war er Universitätsprofessor für Ältere deutsche Sprache und Literatur in Klagenfurt, wo er auch heute noch lebt.
In den Büchern Brandstetters, der aus einem gläubigen Elternhaus stammt und kurze Zeit im Linzer Knabenseminar Petrinum verbrachte, finden sich etliche Bezüge zur Kirche. Das habe nichts damit zu tun, dass er beim gläubigen Publikum Erfolg haben wolle. "Ich weiß auch nicht, ob ich darum als katholischer oder frommer Autor, wie man mich hin und wieder beschrieben hat, gelten kann", sagte Brandstetter. Er habe großen Respekt vor der Frömmigkeit, "aber vor meiner eigenen nicht".
In Bezug auf seine eigene Religiosität müsse auch jeder Schriftsteller seinen eigenen Weg finden, befand der in wenigen Tagen 78-jährige gebürtige Oberösterreicher. Die Sonntagsmesse bedeute ihm sehr viel. "Man kann auch fleißig praktizierend sein und dann doch wieder erschrecken, weil man sich fragt: Was hast du für ein Gottesbild?"
Brandstetter berichtete, er habe bei der Einführung zu seiner Wiener Poetik-Vorlesung von Professor Jan-Heiner Tück erfahren, dass Papst Johannes Paul II. zu seinen Lesern gehörte. Aus einem Tagebuch des Papstes über seine Lektüren ging hervor, dass der selbst literarisch tätige Pontifex "Zu Lasten der Briefträger" auf Deutsch las. "Das ist eine Ehre", freute sich Brandstetter.
Quelle: kathpress