Landau wünscht sich von Kirche Antworten auf aktuelle Fragen
Caritas-Präsident Michael Landau wünscht sich von der Kirche Antworten auf aktuelle Fragen. Zu lange habe diese auf Fragen geantwortet, "die uns niemand mehr gestellt hat, anstatt Fragen zu beantworten, die uns heute gestellt werden. Papst Franziskus hat hier dankbarerweise eine Blickumkehr vorgenommen", so Landau im Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" am Sonntag.
Sichtbar sei das im Umgang mit der Flüchtlingskrise geworden. Hier habe die Reaktion von Kirche und Staat "eine Weile gedauert"; deutliche schneller habe die Zivilgesellschaft reagiert. Inzwischen leisteten aber viele Pfarren und Klöster "großartige Arbeit für Menschen auf der Flucht". Dankbar sei er etwa Kardinal Christoph Schönborn für die Aufnahme von Flüchtlingen am Stephansplatz.
Die Kirche sei nicht zum "Ja-Sagen" gestiftet worden, so der Caritas-Präsident. Sie werde krank, "wenn sie nur um sich kreist; sie gehört hinaus zu den Menschen, sie hat an der Seite der Armen zu stehen, auch auf das Risiko hin, sich Beulen zu holen und sich die Hände schmutzig zu machen. Das ist genau mein Zugang. Glaube und Leben gehören zusammen", betonte Landau mit Bezug auf den Papst.
Diskutiere die Kirche zu viel über ihre Strukturen, werde sie unfruchtbar. "Es kommt auf das konkrete Tun an. Dienst an den Armen bringt mehr Leben in eine Gemeinde als manch kluger Vortrag oder manch pastoraltheologisches Seminar."
Armutsbekämpfung ist Hauptanliegen
Landau verteidigte in dem Interview auch den Sozialstaat. "Unsere guten Werkzeuge müssen wir weiterentwickeln, wir dürfen nicht zulassen, dass sie diffamiert werden. Die Mindestsicherung ist ein gutes Beispiel dafür." "Mythen", die mit der Mindestsicherung verbunden sind, will er aufklären: So sei die Wahl zwischen Arbeit und Mindestsicherung oft illusorisch. "Viele erhalten nur eine Zuzahlung aus der Mindestsicherung, weil sie von ihrem Erwerbseinkommen gar nicht leben könnten", so Landau. Wer möchte, dass weniger Menschen auf die Mindestsicherung angewiesen sind, müsse deshalb die Rekordarbeitslosigkeit bekämpfen und nicht die von Armut betroffenen Menschen.
Für aggressives Betteln oder Betteln mit Kindern habe er kein Verständnis. Es müsse aber erlaubt sein, um Hilfe zu bitten, auch im öffentlichen Raum. Betteln sieht er als Stachel im Fleisch der Gesellschaft, weil es auf vorhandene Not hinweise. "Auch ich gebe nicht jedes Mal etwas, doch es ist gut, sich die Sensibilität für die Notlagen anderer zu bewahren." Die sozialen Probleme der Ostslowakei oder Rumäniens ließen sich zwar nicht in Innsbruck oder Wien lösen, "aber sie gehen auch uns etwas an", so der Caritas-Präsident.
Quelle: kathpress