Hochkarätige Tagung mit orientalischen Kirchen
In Wien tagt von 28. November bis 1. Dezember eine hochkarätige "Pro Oriente"-Kommission mit Vertretern aus der katholischen und den orientalisch-orthodoxen Kirchen. Nach der Gründung 2015 ist dies nun die erste reguläre Sitzung der "Pro Oriente"-"Commission for Ecumenical Encounter between the Catholic Church and the Oriental Orthodox Churches" (CEE). Zum einen werden theologische Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen den Kirchen auf der Tagesordnung stehen, zum anderen sollen aber auch die gemeinsamen Herausforderungen durch die zunehmende Christenverfolgung im Nahen Osten thematisiert werden.
Ziel der Tagung sei es, die bereits bestehenden Zeichen kirchlicher Einheit darzustellen und jene Hindernisse, die einer vollen Kirchengemeinschaft der katholischen Kirche mit den orientalisch-orthodoxen Kirchen noch im Weg stehen, aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und nach Möglichkeit auszuräumen, teilte "Pro Oriente" im Vorfeld mit. Gerade in Bezug auf kirchentrennende Hindernisse gebe es traditionelle Geschichtsbilder in den jeweiligen Kirchen, die einer Wiederherstellung der Einheit entgegenwirken würden, so die Wiener Stiftung.
Von besonderer Bedeutung seien für die neue Kommission zudem Aspekte der permanenten Christenverfolgung und Bedrohung des christlichen Erbes in den nahöstlichen Heimatländern der meisten orientalisch-orthodoxen Kirchen. Die Zahl der orientalisch-orthodoxen Christen, die ihre angestammte Heimat auf Grund massiver Bedrohungen verlassen müssen, steige ständig. Die neue Kommission verstehe sich daher auch als ein "Raum des Austausches, in dem Theologen über die Sorgen und Nöte ihrer Kirchen berichten können".
Wissenschaftlicher Leiter der Tagung ist der Salzburger Ostkirchenfachmann Prof. Dietmar Winkler. Am Dienstag gibt es im Rahmen der Tagung um 19.30 Uhr ein öffentlich zugängliches Abendgebet in der armenisch-apostolischen Kirche St. Hripsime im 3. Bezirk (Kolonitzgasse 11).
Mit Prof. Winkler an der Spitze sind folgende Experten ständige Mitglieder der neuen "Pro Oriente"-Kommission: die armenisch-apostolischen Bischöfe Armash Nalbandian (Katholikosat von Etschmiadzin) und Anoushavan Tanielian (Katholikosat von Kilikien), der syrisch-orthodoxe Metropolit Mar Polycarpus Augin Aydin, der koptisch-orthodoxe Theologe P. Shenuda Asaad, der äthiopisch-orthodoxe Theologe P. Daniel Seifemicahel Feleke und der indisch-orthodoxe Theologe P. Baby Varghese. Unter den Beobachtern sind Msgr. Gabriel Quicke vom Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen, P. Frans Bouwen aus Jerusalem und der Leiter des Salzburger Universitätslehrgangs für Syrische Theologie und des syrischen Kollegs "Beth Suryoye", Prof. Aho Shemunkasho.
"Wiener Christologische Formel"
Die orientalisch-orthodoxen Kirchen (syrisch-orthodoxe Kirche, indisch-orthodoxe Kirche, koptisch-orthodoxe Kirche, äthiopisch-orthodoxe Kirche, eritreisch-orthodoxe Kirche, armenisch-apostolische Kirche) hatten sich nach dem Konzil von Chalcedon im Jahr 451 von der damaligen Kirche des Römischen Reiches getrennt.
Für die Stiftung "Pro Oriente" zählte die Begegnung mit den orientalisch-orthodoxen Kirchen seit jeher zu ihren Arbeitsschwerpunkten. Bereits 1971 fand auf Einladung der Stiftung die erste inoffizielle Wiener Konsultation katholischer und orientalisch-orthodoxer Theologen statt. Diesem sehr erfolgreichen Meeting verdanken die Kirchen durch die sogenannte "Wiener Christologische Formel" die Überwindung von 1.500 Jahre währenden terminologischen und kulturell-politisch bedingten Missverständnissen über das Bild von Jesus Christus als "wahrem Gott und wahren Menschen". Der damalige koptische Bischof - und spätere Papst-Patriarch - Schenuda III. hatte die Formel auf Basis der Messgebete entwickelt; sie sollte vielen gemeinsamen Erklärungen von Päpsten und Patriarchen als Basis dienen und der Versöhnung zwischen orientalisch-orthodoxen Kirchen und römisch-katholischer Kirche den Weg bahnen.
Die inoffiziellen "Pro Oriente"-Dialoge zwischen katholischen und orientalisch-orthodoxen Theologen trugen bis 1997 wesentlich zur Aufnahme des offiziellen Dialogs zwischen römisch-katholischer Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen bei. Im Jänner 2003 erfolgte schließlich die Gründung der Internationalen Kommission für den offiziellen theologischen Dialog zwischen der katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirche. Dietmar Winkler gehört auch dieser Kommission an.
Nach der Aufnahme des offiziellen Dialogs sahen die Kirchen zunächst keine Notwendigkeit, den inoffiziellen Dialog fortzusetzen, wie er von "Pro Oriente" geführt worden war. Bald zeigte sich jedoch, dass eine inoffizielle wissenschaftliche Begleitung des offiziellen Dialogs von großem Nutzen sein kann. Daher ergriff "Pro Oriente" die Initiative und es kam zur Gründung der "Commission for Ecumenical Encounter between the Catholic Church and the Oriental Orthodox Churches", deren konstituierende Sitzung im November 2015 in Wien stattfand.
"Auch wenn die Vertrauensbasis und das Klima unter den teilnehmenden Kirchen am offiziellen Dialog ausgesprochen positiv ist, so wird dennoch kein wirklicher Neuansatz gewagt", erläutert Winkler. Vielmehr würden Ergebnisse der 1970er- und 1980er-Jahre wiederholt und gefestigt. Gerade hier bedürfte es der "effektiven Unterstützung seitens eines wagemutigen inoffiziellen Dialogs", so der Ostkirchenexperte.
Quelle: kathpress