Der Papst und die Frauen am Altar
Keine der vielen Kommissionen, die Papst Franziskus bisher eingesetzt hat, verursachte bereits vor ihrem ersten Zusammentreten soviel Wirbel, wie diese: Die Kommission zur "Untersuchung des Diakonats von Frauen". Als Franziskus sie im Mai ankündigte, rüttelte er damit für die einen am letzten Tabu in der katholischen Kirche, andere sahen ihren langgehegten Traum von der Frau am Altar in greifbare Nähe gerückt. Der Papst selbst zeigte sich im Juni verärgert über Medienberichte, die behaupteten, er öffne das Diakonat für die Frau. Er stellte klar, dass die Kommission nur die Geschichte der Diakoninnen in den ersten Jahrhunderten der Kirche untersuchen solle.
Am Freitag, ein halbes Jahr danach, nahm das Gremium nun im Vatikan die Arbeit auf. Ihre zwölf Mitglieder, unter ihnen die an der Universität Wien lehrende Theologin Marianne Schlosser, traten am Sitz der vatikanischen Glaubenskongregation zu ihrer ersten Sitzung zusammen.
Bereits die Zusammensetzung der Kommission ist eine kleine Sensation: Sechs Frauen und sechs Männer, berief der Papst im August zu Mitgliedern. Eine solche Geschlechterparität ist eine Premiere im Vatikan. Auch das Auswahlverfahren war ungewöhnlich. Franziskus ließ sich dafür nicht nur vom Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, eine Liste mit Kandidaten vorlegen, sondern ebenso von der Präsidentin der Internationalen Vereinigung der Ordensoberinnen, Carmen Sammut. Die Ordensoberinnen hatten den Papst im Mai bei einer Audienz nach dem Frauendiakonat gefragt und damit den Stein ins Rollen gebracht.
Auch wenn die Kommission selbst nur eine "objektive Untersuchung über die Situation in den Anfängen der Kirche" durchführen soll, wie es in der Mitteilung vom Freitag heißt. Klar ist: Ihre Ergebnisse werden in jedem Fall auch die aktuelle Debatte über den Diakonat der Frau befeuern. Zudem erscheint es Beobachtern wenig plausibel, dass der Seelsorger Franziskus das Gremium allein aus historischem Interesse eingesetzt haben sollte.
Ob die zwölf Fachleute viel Neues oder gar Überraschendes zutage fördern können, darüber sind sich Fachleute uneins. Der deutsche Kirchenhistoriker Hubert Wolf etwa sieht noch erheblichen Forschungsbedarf, andere rechnen lediglich mit weiteren historischen Details.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Vatikan mit dem Diakonat der Frau beschäftigt. Die Internationale Theologenkommission, das wichtigste theologische Beratergremium der Glaubenskongregation, äußerte sich 2003 zumindest skeptisch zu einer möglichen Zulassung von Frauen, legte jedoch keine eindeutige Empfehlung vor. Die Frage müsse letztlich vom Lehramt geklärt werden.
Brisant ist das Thema deshalb, weil der Diakonat nicht irgendein Amt in der katholischen Kirche ist. Es ist ein Weiheamt, zwar das rangniedrigste, aber Diakone erhalten damit dasselbe Sakrament wie Priester und Bischöfe: die Weihe. Deshalb gilt das Diakonat der Frau nicht nur seinen Gegnern als Einfallstor für die Priesterweihe von Frauen. Die Argumentation geht so: Wenn das Weihesakrament einmal an Diakonninen gespendet wird, gibt es keinen zwingenden Grund mehr, ihnen die Weihe im Fall des Priesteramts zu verweigern. Auch historisch ist die Sache schwierig. Die Internationale Theologenkommission hatte die Frage der Diakoninnenweihe in der frühen Kirche ausdrücklich offen gelassen.
Das macht die Sache kompliziert. Denn in der Frage der Priesterweihe ist die katholische Kirche festgelegt. Auch Franziskus hat wiederholt betont, dass der Ausschluss von Frauen hier definitiv sei. In der Frage des Frauendiakonats gibt es eine solche definitive Festlegung nach Ansicht vieler Theologen jedoch nicht.
Einen möglichen Ausweg der emeritierte Bonner Theologie-Professor Karl-Heinz Menke im August in einem Interview der Zeitung "Die Welt" an. Frauen könnten demnach als Diakoninnen bestimmte Aufgaben übernehmen, die nicht zwingend an eine Weihe gebunden seien, wie Beerdigungen und Trauungen, so Menke, der ebenfalls der vom Papst eingesetzten Kommission angehört. Er äußerte die Vermutung, dass Franziskus eine solche Möglichkeit prüfen wolle.
Quelle: kathpress