Hinter die "Scheinwelt der Wahlkämpfe" blicken
Angesichts von noch mehr als 400.000 noch unentschlossenen Wahlberechtigten bei der anstehenden Kür des Bundespräsidenten hat die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Gerda Schaffelhofer, dazu aufgerufen, hinter die "Scheinwelt der Wahlkämpfe" zu blicken. "Durchschauen wir immer die Wahltaktik?", so ihre skeptische Frage auch vor dem Hintergrund der kürzlich entschiedenen US-Präsidentschaftswahl. "Gott in den Mund zu nehmen ist z. B. ganz einfach und kostet gar nichts", warnte Schaffelhofer in einem Interview der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" (Ausgabe 27. November)
Es genüge nicht, nur schnell und oberflächlich hinzuhören. Im Wahlkampf würden alle Kandidaten sagen, was ihre potenziellen Wähler hören möchten. Die KAÖ-Präsidentin betonte, man müsse sich schon genauer mit den Kandidaten beschäftigen. "Ich sage es einmal so: Nicht überall, wo christlich draufsteht, ist Christliches tatsächlich drin. Nicht jeder, der sich nach außen hin christlich gibt, weil er auf Wählerfang unter Christen aus ist, ist im Herzen auch tatsächlich Christ." Schaffelhofer nannte das im 1. Johannesbrief des Neuen Testaments festgehaltene Kriterium: "An ihren Taten sollt ihr sie erkennen."
Politische Vertreter, "die Mauern bauen, Solidarität untergraben, Verantwortung primär als Selbstschutz interpretieren und Parteiinteressen vor das Gemeinwohl stellen", seien für Christen nicht wählbar. Das gelte für Amerika ebenso wie für Europa und Österreich.
Dass Katholiken und Mitglieder anderer Kirchen mit Donald Trump einen Mann in den Sattel gehoben hätten, "der sich wie ein wild gewordener Cowboy über mühsam errungene Werte wie Toleranz, Menschenwürde, Achtung der Frau, um nur einige zu nennen, hinwegsetzt", habe sie "erschüttert", bekannte Schaffelhofer. "Wohin dies führen wird, werden wir, fürchte ich, noch erleben."
"Kein Rückzug ins eigene Kirchlein"
Dass Kirche und Politik getrennte Bereiche sein sollten, bezeichnete Schaffelhofer als "Unsinn". Christen seien aufgerufen, an der Gestaltung der Welt im Sinne des Evangeliums mitzuarbeiten. "Da darf es kein Wegschauen geben, keinen Rückzug ins eigene Kirchlein, da braucht es, gerade wenn es um eine richtungsentscheidende Wahl geht, ein genaues Hinschauen und Mitentscheiden."
Befragt nach ihrer Einschätzung des "längsten Wahlkampfes aller Zeiten" meinte Schaffelhofer, es sei nicht ihre Aufgabe, parteipolitische Empfehlungen zu geben. Christen dürfe es jedenfalls nicht egal sein, in welche Richtung die Politik geht. Weiß wählen oder gar nicht wählen wäre ein "Kneifen", das dem christlichen Auftrag zur Weltmitgestaltung widerspräche. "Wir müssen uns entscheiden, sonst entscheiden andere für uns."
Quelle: kathpress