Neuer Blick auf Ehe und Familie
"Wo die Seele atmen lernt" heißt das neue Buch des Feldkircher Bischofs Benno Elbs. Er versucht darin einen "neuen Blick auf Ehe und Familie mit Papst Franziskus", wie es im Untertitel heißt. Bischof Elbs vertrat - gemeinsam mit Kardinal Schönborn - die katholische Kirche Österreichs bei der vatikanischen Familiensynode 2015. Ausgehend von Papst Franziskus' postsynodalem Schreiben "Amoris laetitia" plädiert Bischof Elbs nun in seinem Buch für einen Kurs der offenen Türen entlang von drei pastoralen Grundlinien: "begleiten", "unterscheiden" und "integrieren".
Aufgabe der Kirche sei es, die Menschen in ihren jeweiligen konkreten Lebenssituationen wertschätzend zu begleiten, sehr genau hinzusehen und sie in die kirchliche Gemeinschaft zu integrieren, wo immer dies möglich ist, so der Bischof im "Kathpress"-Interview zu seinem neuen Buch. Das gelte besonders auch für jene Menschen in schwierigen Lebenssituationen, sei es mit oder ohne eigenes Verschulden. Allen müsse mit Respekt begegnet werden. Die menschlichen Lebenssituationen seien mit den Worten von Papst Franziskus "wunderbar komplex".
Dies gelte es natürlich auch in der Frage des Zugangs zu den Sakramenten zu berücksichtigen. Elbs wies auf das Prinzip der "Gerechtigkeit im Einzelfall" unter sorgfältiger Prüfung des eigenen Gewissens hin. Dazu brauche es eine gute seelsorgliche Begleitung der Menschen. Der Empfang der Kommunion sei keine Belohnung sondern "etwas, dass den Menschen auf seinem Lebensweg stärkt, wie es Papst Franziskus ausdrückt". Deshalb gebe es auch im Einzelfall die Möglichkeit, zur Kommunion zu gehen. Der Feldkircher Bischof wies in diesem Zusammenhang auf die vom Papst unterstütze Vorgangsweise argentinischer Bischöfe in Umsetzung von "Amoris laetitia" hin.
Die Teilnahme an der Synode habe ihn auch persönlich verändert, räumte der Bischof weiters ein. Er habe während der Synode auch Phasen der Verunsicherung erlebt, da so viele verschiedenen Meinungen aufeinandergetroffen seien. Die Synode hatte viele kontroverse Themen angesprochen: die Brüchigkeit von Ehen und Familien, das Zusammenleben auf Probe, die Situation von Alleinerziehenden, Geschiedenen und Familien, die durch Armut, Krieg oder Migration belastet sind.
Persönlich geholfen habe ihm in diesen schwierigen Situationen ein Wort des Papstes, wo dieser über Inkulturation gesprochen habe: Es gehe darum, Antworten auf konkrete Anfragen an konkreten Orten zu finden, und so könne auch die Aussage eines Bischofs in einer bestimmten Situation für die Ohren eines anderen Bischofs in einer anderen Situation wie ein Skandal klingen.
Er habe immer stärker verspürt, dass es letztlich in der Seelsorge darauf ankommt, auf Jesus Christus zu schauen, betonte Elbs: "Er ist Vorbild und Motivation unseres pastoralen Handelns". Die Haltung Jesus - Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Liebe zu den Menschen - gelte es einzuüben. Das sei wichtiger als die Erfüllung bestimmter Gesetze, oder anders gesagt: Das Handeln Jesu ist uns "Gesetz".
Ideale sollen motivieren
"Familien sind der Ort des Lebens, hier lernen Menschen glauben, werden Geborgenheit und Angenommen-Sein ohne Vorbehalte als tiefste menschliche Sehnsüchte deutlich", schreibt Bischof Elbs im Vorwort seines Buches. Gegenüber "Kathpress" räumte er ein, dass seine Gedanken zur Familie von manchen Seiten als zu ideal bemängelt worden seien. Doch Ideale seien wichtig, zeigte sich der Bischof überzeugt. Sie sollten ermutigen und Ansporn sein, die eigenen Bemühungen zu verstärken. Das Nichterreichen dürfe zugleich aber keinesfalls ein schlechtes Gewissen erzeugen.
Dank an engagierte Gläubige
Ergänzt werden die Ausführungen des Bischofs durch die bislang unveröffentlichte Zusammenfassung der Stellungnahmen der Diözesen Österreichs im Vorfeld der Synode. Er halte diesen Teil des Buches für sehr wichtig, so Bischof Elbs gegenüber "Kathpress". Schließlich wolle er damit vor allem auch jenen vielen Einzelpersonen und Organisationen bzw. Institutionen - insgesamt waren es in Österreich rund 35.000 - Danke sagen für ihr Engagement. Viele Anregungen aus diesen Beiträgen seien in die Synoden und "Amoris laetitia" eingeflossen, betonte Elbs. Es zeige sich hier die Bedeutung des "Sensus fidelium", also des Sinns der Gläubigen für das, was im Glauben und Leben wichtig und richtig ist.
Der Bischof wies darauf hin, dass "Amoris laetitia" nicht gleichsam das Enddokument eines abgeschlossenen Prozesses sei. Mit den beiden Synoden, den im Vorfeld dazu durchgeführten Umfragen und dem Papstschreiben sei vielmehr eine neue spirituelle Dynamik entstanden, die für die Kirche sehr wertvoll ist. "Amoris laetitia" sei also sicherlich "kein Dokument für die Schublade". Ganz im Sinne des Papstes würden nun in vielen Diözesen, so auch in Österreich, die seelsorglich Verantwortlichen nach neuen Wegen suchen.
Am Freitag, 11. November, präsentiert Bischof Elbs sein neues Buch um 19 Uhr in der Buchhandlung Herder (Wollzeile 33) in Wien.
Benno Elbs: "Wo die Seele atmen lernt. Ein neuer Blick auf Ehe und Familie mit Papst Franziskus", Styria Verlag 2016
Quelle: kathpress