Kopten-Papst vorsichtig optimistisch für Zukunft
Der koptisch-orthodoxe Papst-Patriarch Tawadros II. sieht die Zukunft der Christen in Ägypten vorsichtig optimistisch: Im "Kathpress"-Gespräch vor Ort in Ägypten bestätigte das Oberhaupt der koptischen Kirche, dass die Zusammenarbeit mit Präsident al-Sisi, seiner Regierung und dem Parlament sich verbessere - die Christen seien jedenfalls bereit, an einem gemeinsamen Ägypten, einer Nation für alle Ägypter gleich welcher Religion, mitzubauen, so Tawadros.
Der Patriarch verwies auf das jüngst vom ägyptischen Parlament verabschiedete Gesetz über den Kirchenbau. Es besagt u.a., dass Gouverneure der ägyptischen Provinzen innerhalb von vier Monaten auf Bauanträge für christliche Kirchen antworten müssen. Wird die Genehmigung verweigert, muss der Gouverneur diese Entscheidung begründen und die christlichen Gemeinden können dagegen Berufung einlegen. Das Gesetz legt auch fest, dass "die Größe der Kirche für die Zahl der Mitglieder der christlichen Gemeinde angemessen sein muss, wobei das voraussichtliche Bevölkerungswachstum in Betracht gezogen werden soll".
Gegen das Gesetz gab und gibt es zwar auch viele kritische Stimmen, Patriarch Tawadros sprach aber im "Kathpress"-Interview jedoch von einem deutlichen Fortschritt gegenüber der davor geltenden gesetzlichen Lage, wonach bislang so gut wie keine neue Kirchen gebaut werden durften. Kirchenvertreter vor Ort sprachen gegenüber "Kathpress" davon, dass es mit dem neuen Gesetz aber immer noch sehr vom Wohlwollen der jeweiligen regionalen Behörden abhängen wird, ob eine Kirche gebaut werden kann.
Wie Patriarch Tawadros weiter sagte, habe Ägypten mit enormen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen und diese sehe er u.a. auch in fehlender Bildung begründet. Deshalb wolle sich die koptische Kirche künftig auch noch stärker in Bildungsprojekten aber auch in Gesundheits- und Sozialprojekten engagieren. - Initiativen, die Christen wie Muslimen zugute kommen sollen, vor allem in den armen ländlichen Gebieten.
Ägyptische Muslime "im Grunde moderat"
In letzter Zeit ist es in Ägypten zwar nicht mehr zu systematischen Gewalttaten gegen Christen und kirchliche Einrichtungen gekommen, einzelne lokale Ausschreitungen und Gewalttaten kommen aber immer noch vor. Der Patriarch meinte dazu, dass die ägyptischen Muslime im Grunde sehr moderat seien. Aggression und Gewalt gegenüber Menschen anderer Religion würden ihnen eigentlich fern liegen. Tawadros sieht das Problem vielmehr in manchen Golfstaaten angesiedelt: Viele Ägypter würden als Arbeitsmigranten in jene Länder gehen und nach Jahren dann "mit viel Geld aber auch gewaltbereit und mit extremistischem Gedankengut" zurückkommen.
Staatspräsident al-Sisi ist in seiner Politik sehr darauf bedacht, dass kein Keil zwischen Christen und Muslime getrieben wird. So hat er etwa nach Ausschreitungen gegen Christen in Oberägypten im Juli dieses Jahre ausdrücklich die gesetzmäßige Bestrafung der Täter gefordert. Der Präsident hat in der Vergangenheit aber auch bereits einige von den Kopten sehr geschätzte Gesten gesetzt, so etwa seine Besuche in der Markuskathedrale in Kairo und seine Kritik an extremistischen Tendenzen an der Al-Azhar-Universität. In einer viel beachteten Ansprache an die Wissenschaftler der Al-Azhar zum Beginn des Jahres 2015 erklärte er, dass die muslimische Welt vom Rest der Welt nicht als "Quelle der Angst, der Gefahr, des Todes und der Zerstörung" betrachtet werden dürfe, weshalb die Anführer des Islam eine "religiöse Revolution" anstoßen sollten, die den Fanatismus überwindet und durch eine "erleuchtete Weltanschauung" ersetzt.
Premiere in ägyptischem Wüstenkloster
Papst-Patriarch Tawadros II. war am Montag mit Kardinal Christoph Schönborn im Wüstenkloster Anba Bischoi zusammengetroffen. Der Kardinal befindet sich derzeit auf Einladung des koptischen Patriarchen zu einem mehrtägigen Besuch in Ägypten. In Anba-Bischoi konnte Schönborn mit seiner kleinen Delegation in der dortigen Privatkapelle des Patriarchen einen Gottesdienst feiern. Es war dies die historisch erste römisch-katholische Liturgie in der Privatkapelle eines koptischen Kirchenoberhaupts. Gegenüber "Kathpress" unterstrich Twadros, dass er sich um gute Beziehungen zu allen christlichen Kirchen bemühe. Ziel müsse die Kircheneinheit sein. Der Besuch von Kardinal Schönborn, mit dem ihn eine persönliche Freundschaft verbinde, sei "ein kleiner Schritt auf dem langen Weg" dorthin.
Das im Wadi Natrun gelegene Anba-Bischoi-Kloster ("rotes Kloster" wegen der Farbe des Baumaterials) geht auf das 4. Jahrhundert zurück. Derzeit leben in der Klosteranlage knapp 200 Mönche. Im Bischoi-Kloster war Tawadros' Vorgänger Papst-Patriarch Schenuda III. von 1981 bis 1985 von der ägyptischen Regierung unter Hausarrest gestellt worden. In dem Kloster wurde er schließlich auch 2012 begraben. Seine Grabstätte ist zu einem kleinen Museum mit zahlreichen persönlichen und liturgischen Gegenständen des Kopten-Oberhaupts ausgestaltet worden.
Historische Fotografien erinnern auch an seine Begegnungen mit dem Wiener Erzbischof Kardinal König. So war Schenuda beispielsweise noch unmittelbar vor seiner Wahl zum Kopten-Oberhaupt im Jahr 1971 in Wien mit Kardinal König zusammengetroffen. Die Begegnung fand im Rahmen der ersten Wiener "Pro Oriente"-Konsultation mit orientalisch-orthodoxen Theologen statt. Diese hatte wesentlich zur Entwicklung der "Wiener christologischen Formel" beigetragen, mit der eine 1.500 Jahre währende theologische Auseinandersetzung zwischen den Kirchen beigelegt werden konnte.
Quelle: kathpress