Familienverband-Jahrestagung im Zeichen der Flüchtlingskrise
Ganz im Zeichen der Flüchtlingskrise stand heuer die 63. Jahreshauptversammlung des Katholischen Familienverbands der Diözese St. Pölten in Amstetten. Pastoraltheologe Paul Zulehner wollte in seinem Referat "Mut machen angesichts der aktuellen Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise", heißt es in einer Aussendung der Diözese am Montag. Weiters begrüßte Familienverbands-Vorsitzender Josef Gruber unter anderen Diözesanbischof Klaus Küng, den neuen Caritas-Direktor Hannes Ziselsberger, Alfred Trendl, Präsident des Katholischen Familienverbands Österreichs und Landtagsabgeordnete und Hilfswerk-Vorsitzende Michaela Hinterholzer.
Küng dankte beim Festgottesdienst dem Katholischen Familienverband für dessen Einsatz für Familien und für dessen Lobbying-Arbeit. Angesicht einer bedenklichen Konsum-Mentalität sowie angesichts der vielen Flüchtlinge stünde Europa vor großen Herausforderungen. Christus könne hier Kraft geben, "damit wir den in Not geratenen Menschen helfen können", so der Bischof.
Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner erinnerte an Ursachen der Fluchtbewegungen und an die vielen ums Leben gekommenen Menschen, die die Flucht über das Meer wagten. Die Flüchtlinge der letzten Zeit seien nicht aufgrund des Rufs der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ("Wir schaffen das") gekommen, "sondern weil sie Krieg und Bombenhagel in ihren Herkunftsländern nicht mehr ausgehalten hätten und zutiefst traumatisiert sind", so Zulehner.
Flüchtlinge auch ökonomische Chance
Er kritisierte auch den Begriff "Wirtschaftsflüchtlinge": damit seien wohl eher prominente Europäer, die in Steueroasen flüchten und keine Steuern zahlen, gemeint. Flüchtende seien hingegen auch eine große ökonomische Chance, so Zulehner. Wer jetzt in die Flüchtlinge investiere, ziehe in den nächsten Jahren wirtschaftliche Vorteile. Schon von daher verstehe er nicht, "wenn gut integrierte Kinder, die jahrelang hier eine Bildung bekommen, etwa nach Kroatien abgeschoben werden". Menschlich sei es ohnehin "ein Wahnsinn".
Christen müssten sich nicht vor einer Islamisierung fürchten, so der Pastoraltheologe weiter. Es gebe in Österreich ohnehin nur fünf Prozent Muslime, von denen wiederum nur ein Drittel religiös sei. Die zweite Generation der Muslime habe überdies keine höhere Geburtenrate als die anderen Österreicher.
Kirche bei Flüchtlingsengagement voraus
Aus Sicht Zulehners sei der Befund der Bibel klar, Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren. Das sei auch immer gute Tradition Österreichs gewesen. Er betonte weiters, dass das Asylrecht keine Gefälligkeit, sondern Menschenrecht sei, das es einzuhalten gelte. Der Theologe lobte hierbei die Kirche: In ihrem Flüchtlingsengagement sei sie der Gesellschaft weit voraus. Zulehner empfahl schließlich mehrere Wege, um einer grassierenden gesellschaftlichen Angst zu entgehen: eine Politik des Vertrauens, Investition in Bildung und vor allem die Ermöglichung von persönlichen Begegnungen.
Quelle: kathpress