Evangelische Kirchen kritisieren Hofer-Wahlplakate
Die Spitzenvertreter der evangelischen Kirchen in Österreich kritisieren FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer, der auf seinen neuen Wahlplakaten mit dem Satz "So wahr mir Gott helfe" um Stimmen wirbt. "Gott lässt sich nicht für eigene Absichten oder politische Zwecke instrumentalisieren", betonten der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker, der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld und der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs am Montag in einem gemeinsamen Schreiben. "Gott für die eigenen politischen Interessen einzuspannen und ihn in Verbindung mit dem Hinweis auf das christliche Abendland zumindest indirekt als Kampfansage gegen andere Religionen und Kulturen einzusetzen, erachten wir als Missbrauch seines Namens und der Religion", so ihr Vorwurf.
Es sei "gutes Recht eines jeden Christenmenschen", sich öffentlich zum Glauben zu bekennen und sich mit der Bitte um Hilfe an Gott zu wenden, halten die evangelischen Kirchenvertreter fest. "Wir lehnen es jedoch ab, Gott für Wahlkampagnen zu bemühen", wenden sie sich gegen eine Instrumentalisierung Gottes für eigene Absichten oder politische Zwecke. Dies sei gemeint, wenn es im Gebot der Bibel heiße: "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht."
Gleichzeitig erinnerten Bünker, Hennefeld und Schröckenfuchs daran, "dass Gott nach christlichem Verständnis jener Gott ist, wie er sich in der Bibel offenbart". Der Gott der Bibel sei kein "christlich-abendländischer", sondern "ein universaler Gott, der Partei ergreift für schwache, arme und Not leidende Menschen". Aus diesem Gottesverständnis resultiere der Einsatz und eine besondere Verantwortung auch für alle Schwachen in der heutigen Gesellschaft. Dazu zählten, so die evangelischen Kirchen, "heute ganz besonders auch Flüchtlinge und Fremde".
Erzdiözese-Sprecher: Gottes-Bezug "auf eigene Gefahr"
Auf Seiten der katholischen Kirche haben sich in der Debatte bisher der Kommunikationschef der Wiener Erzdiözese, Michael Prüller, sowie der Präsident der Katholischen Aktion Oberösterreich, Bert Brandstetter, zu Wort gemeldet. "Ein Gott hat es zwar nicht nötig, in Schutz genommen zu werden. In diesem Fall scheint er es aber doch zu brauchen", kritisierte Brandstetter in einem Eintrag auf seinem Weblog, dass Gott in diesem Fall in die "Niederungen der österreichischen Parteipolitik" gezogen werde. "Als Beistand für einen Wahlkämpfer zu fungieren, das hat sich kein Gott verdient", so der oberösterreichische KA-Präsident.
Es stehe der Kirche "nicht zu, über die Motive Norbert Hofers zu spekulieren", schrieb wiederum Erzdiözese-Wien-Sprecher Prüller in seiner wöchentlichen Kolumne in der "Presse am Sonntag"; "Aber wenn er Gott ins Spiel bringt, tut er das auf eigene Gefahr", so Prüller, der ebenso wie die evangelische Kirche auf das Zweite Gebot ("Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen...") verwies. "Worte haben Konsequenzen", erinnerte Prüller.
Die "einzig relevante Frage" laute daher, worum es Hofer eigentlich gehe: Tatsächlich um den Sinngehalt der Eidesformel oder "nur um Stimmenfang"? Natürlich spreche vieles dafür, dass Hofer mit der Formel christliche Wähler gewinnen wolle, so Prüller weiter. Dies allein sei jedoch noch kein unredliches Verhalten: "Ist das Gewinnen nicht der Sinn von Wahlplakaten?" Außerdem zweifle er, ob gläubige Menschen tatsächlich wie "Pawlow'sche Reflexwähler" agierten, "nach dem Motto: Wo Gott draufsteht, muss Gott drin sein". Gläubigkeit allein sei noch keine Wahlempfehlung.
Im Übrigen lasse sich die zitierte Eidesformel "So wahr mir Gott helfe" auch nicht gegen anders glaubende Menschen, etwa gegen Muslime, in Stellung bringen - die Formel sei schließlich eine Frucht der Frankfurter Nationalversammlung, die 1848 die verschiedenen Eidesformeln "entkonfessionalisierte" und sie so auch für anders Glaubende zu öffnen. Prüller: "'Gott' ist kein Begriff, auf den wir Katholiken ein Copyright hätten." So könne die Kirche zwar etwas dazu sagen, "ob das Programm der FPÖ oder Hofers Aussagen das Etikett 'christlich' verdienen" - Eine Verurteilung der Wahlwerbung mit der besagten Eidesformel indes stünde ihr nicht zu: "Gottes Hilfe? Gerade dem Sünder sei sie vergönnt".
Politologe: Geht um Wähler-Mobilisierung
Die Hintergründe der neuen FPÖ-Plakate analysierte am Montag auch der Politologe Peter Filzmaier. Es gehe um öffentliche Aufmerksamkeit und Mobilisierung von Wählern, schilderte der Experte im Ö1-Morgenjournal. Mit dem Wort "Gott" auf den Plakaten könne Hofer zum einen Wähler der christdemokratischen ÖVP ansprechen, zum anderen ziele die provokative Wahlwerbung darauf ab, möglichst viele Hofer-Wähler an die Urnen zu bringen. Filzmaier wörtlich: "Dann hilft die gezielte Provokation, wenn alle darüber diskutieren, denn man bekommt Gratis-Werbung in den Medien."
Am Freitag hatte der FPÖ-Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten seine neuen Plakate für die Wahl am 4. Dezember präsentiert. Die dabei verwendete Slogans "Für Österreich mit Herz und Seele" und "In eurem Sinne entscheiden" werden ergänzt um den Satz "So wahr mir Gott helfe". 1.800 Plakate 600 Ständer mit diesen Sujets sind österreichweit geplant.
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sagte bei der Plakatpräsentation, dass Norbert Hofer im Falle seiner Angelobung den Zusatz "So wahr mir Gott helfe" auch bei der Gelöbnisformel verwenden werde. Die Berufung auf Gott sei eine "starke Verankerung in einem Wertesystem der christlich-abendländischer Kultur", meinte der freiheitliche Wahlkampfmanager.
Quelle: kathpress