15 Jahre Allianz für den freien Sonntag
Kirchen- und Gewerkschaftsvertreter der "Allianz für den freien Sonntag Österreich" haben am Montag in Salzburg das 15-jährige Bestehen des Bündnisses gefeiert. In einem Festakt im Erzbischöflichen Palais mit Erzbischof Franz Lackner und dem in der Bischofskonferenz für das Thema zuständigen Kärntner Bischof Alois Schwarz wurde auf die bisherige Geschichte zurückgeblickt und künftige Herausforderungen formuliert. Bei einer für den Nachmittag anberaumten Vollversammlung der Allianz stand die Aufnahme der katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö) als neues Mitglied auf der Agenda.
"Ruhe ist etwas Heiliges", erklärte der Kärntner Diözesanbischof Alois Schwarz, der auch neuer kirchlicher Sprecher der Sonntagsallianz ist, in seinem Festvortrag. Der Mensch könne sich nur dann bewusst machen, "dass alles Gottes Werk ist", wenn er sich dem "manchmal allzu vereinnahmendem Kreislauf der irdischen Verpflichtungen" entziehen könne. Erst durch zeitliche Möglichkeiten, in Ruhe auf das Geschehene zu blicken, werde dieses wertgeschätzt und auch vollendet; ein vollbrachtes Werk erhalte so erst seinen Sinn, so der Bischof.
Für Christen sei der Sonntag "das wöchentlich wiederkehrende Osterfest". Öffentlich verdeutliche der Sonntag die "unveräußerliche Würde des Menschen, die er nicht aufgrund seiner Arbeit, sondern aufgrund seiner Gottesebenbildlichkeit genießt"; er sei zudem "Gottes Protest gegen die Versklavung des Menschen und die Ausbeutung der Schöpfung", so der Kärntner Bischof. Der Sonntag sei dadurch zugleich mehr als nur ein Fest der Christen, betonte Schwarz: Er sei eine "Entschleunigungs-Oase", zumal die Gesellschaft erst durch langsamere Taktung zur Ruhe komme. Der Sonntag gebe der Gesellschaft den benötigten Rhythmus, dessen Fehlen krank mache, und ermögliche es, "dass die Konkurrenz Pause macht und der Gemeinsinn wächst".
"Musterbeispiel für Netzwerk"
Franz Georg Brantner, der gewerkschaftliche Sprecher der Sonntagsallianz, bezeichnete die Allianz als "Erfolgsgeschichte": Am Beginn habe eine Diskussion um flexiblere Arbeits- und Öffnungszeiten gestanden, bei der Handelskonzerne, Einkaufscenter-Betreiber und Vertreter der Tourismuswirtschaft den arbeitsfreien Sonntag als "rückständig" und nicht mehr zeitgemäß dargestellt hätten. Die späteren Allianz-Gründer wie Kirchen, Gewerkschaften und die Arbeiterkammer seien als Einzelkämpfer gefordert gewesen - bis "umsichtige und weitdenkende Frauen und Männer" 2001 die damals von der Katholischen Sozialakademie koordinierten Bundesländer-Allianzen auf Bundesebene etabliert hätten. Brantner: "Ab diesem Zeitpunkt sind wir abgestimmt und unüberhörbar gemeinsam für den arbeitsfreien Sonntag eingetreten."
Die Sonntagsallianz habe es seither geschafft, den gemeinsamen Nenner sehr unterschiedlicher Gruppen darzustellen. So sei für die Kirchen die spirituelle und soziale Dimension des freien Sonntags im Vordergrund gestanden, für die Gewerkschaften und Arbeiterkammer der Erhalt der Freizeit, für Vereine und NGOs die Tage für Vereinsleben und gesellschaftlich wichtige Aufgaben. Übereingestimmt hätten alle darin, "dass der freie Sonntag im Handel unverzichtbar für Familien und für den Freundeskreis, aber auch als Ruhephase für unsere ohnedies so hektische Gesellschaft erhalten werden muss", so der Allianz-Sprecher.
Impulse auch für Nachbarländer
Seit 2001 habe die Sonntagsallianz Jahr für Jahr neue Mitgliedsorganisationen bekommen und sich zu einem "Musterbeispiel einer gut funktionierenden Netzwerksorganisation" entwickelt, betonte Brantner. Sie sei auch zum Impuls- und Ideengeber für die Nachbarländer geworden, habe dort "Gespräche vermittelt, die sonst mit Sicherheit nicht stattgefunden hätten" und habe in osteuropäischen Ländern viel zur Sensibilisierung beigetragen. Nach österreichischem Vorbild seien auch in Deutschland (2006), Polen (2008) und der Slowakei (2009) Sonntags-Allianzen gegründet worden. Als besonders freudiges Ereignis bezeichnete der Experte von der Gewerkschaft GPA-djp die Gründung der "European Sundayalliance" im Jahr 2011.
Künftig müssten die Mitglieder der Sonntagsallianz "die gleiche Achtsamkeit und Solidarität wie in der Vergangenheit" aufbringen, denn die Herausforderung bleibe weiter bestehen: Schon in den 15 Jahren seit der Gründung sei kein Jahr ohne Angriffe auf den freien Sonntag vergangen. Brantner erinnerte hier an den erst in der Vorwoche erfolgten neuerlichen Vorstoß des Wiener Handelsobmanns Rainer Trefelik für die Sonntagsöffnung im Rahmen einer "Tourismuszone" in der Wiener Innenstadt. Der freie Sonntag könne nur gemeinsam auch in Zukunft erhalten werden, betonte der Allianz-Sprecher.
Breites Bündnis
Die "Allianz für den freien Sonntag Österreich" umfasst heute mehr als 50 Vereinigungen, darunter Kinder- und Jugendorganisationen, Freizeit-, Kultur- und alpine Vereine, "Attac", Gewerkschaften und zahlreiche kirchliche Organisationen. Ziele des Bündnisses sind der Schutz des freien Sonntags vor Aushöhlung durch Politik und Wirtschaft, die Schaffung öffentlichen Bewusstseins für die Bedeutung gemeinsamer freier Zeiten sowie das Entgegenwirken des Trends, "dass alle Lebenszeit zu Arbeits- und Konsumzeit wird", heißt es in der Selbstdarstellung.
Als jüngstes Mitglied gesellte sich am Montag die Katholische Frauenbewegung (kfbö) zur Sonntagsallianz. Der arbeitsfreie Sonntag sei "Zeit für seelische und körperliche Erholung, für spirituelles Auftanken, für gemeinsames Sein mit der Familie, für die Pflege von Beziehung und Begegnung und für Bewegung in der Natur", begründete kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner in Salzburg den Beitritt. Man stelle sich "mit Entschiedenheit dagegen, den Sonntag dem Konsum zu opfern"; schließlich würden mit erweiterten Öffnungszeiten im Handel "vor allem Frauen belastet, die das Gros der ohnehin hoher Flexibilität und niedriger Löhne ausgesetzten Handelsangestellten stellen".
Quelle: kathpress