"Meine große Hoffnung für die Kirche ist Franziskus"
Papst Franziskus ist "meine große Hoffnung für die Kirche" - auch wenn im Blick auf die "Weiterentwicklung der Lehre" durchaus Rückfragen erlaubt seien: Das hat der Konzilszeuge und emeritierte Wiener Weihbischof Helmut Krätzl im Interview mit "Kathpress" unterstrichen. Krätzl äußerte sich aus Anlass der Neuerscheinung seines Buches "Meine Kirche im Licht der Päpste", in dem er eine persönliche Bilanz zur Entwicklung der katholische Kirche von Pius XII. (1939-58) bis Franziskus vorlegt und dabei auch jeweils das Verhältnis der Päpste zu Österreich beleuchtet.
Die Art, wie Franziskus die Kirche geöffnet habe, lasse ihn zuversichtlich in die Zukunft blicken. Damit löse Franziskus nicht zuletzt ein, "was im Konzil angelegt war", nämlich ein Modell synodaler, also gemeinschaftlicher Kirchenleitung, so Krätzl, der selbst als Stenograph am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) teilgenommen hatte und in wenigen Tagen - am 23. Oktober - seinen 85. Geburtstag feiert. "Ich vermisse jedoch in manchen Bereichen eine theologische Konkretisierung und auch eine Weiterentwicklung", so Krätzl, der hier den Umgang mit wiederverheiratet Geschiedenen oder Homosexuellen anführte.
Einheit von Lehre und Praxis wahren
Auch wenn er die Stärkung der ortskirchlichen Verantwortung sehr unterstütze, so sei es doch "gefährlich, wenn die Lehre und die Praxis vor Ort zu sehr auseinanderklaffen". Dies provoziere letztlich eine "Spaltung", die keiner wolle. Die Lehre müsse "die Basis bleiben, auf der die regionalen Anwendungen aufsetzen", mahnte der Bischof. Sorgenvoll stimme ihn indes die massive Gegnerschaft, die der Papst zum Teil unter seinen engsten kurialen Mitarbeitern erfahre, so Krätzl weiter. Es sei zwar ein "Freund der Pluralität", diese dürfe jedoch nicht in offene Polemik umschlagen, wie er dies zuweilen bei konservativen Gruppen beobachte.
Im Blick auf Österreich räumt Krätzl in seinem Buch u.a. mit der These auf, dass Kardinal Franz König (1905-2004) und Papst Johannes Paul II. (1978-2005) befreundet gewesen seien. Dies sei ein hartnäckiges Gerücht, so Krätzl. Zwar habe König 1978 beim Konklave zu den Fürsprechern Karol Wojtylas gezählt, spätestens beim Besuch Johannes Pauls II. 1983 in Österreich sei ihm jedoch klar geworden, dass der Papst Österreich und dem Kurs Königs gegenüber "misstrauisch" gewesen sei. Dafür hätten auch die Bischofsernennungen für Österreich unter Johannes Paul II. gesprochen, die der Kirche in Österreich "sehr geschadet" hätten, so Krätzl.
Einfluss der österreichischen Kirche
Dass die katholische Kirche in Österreich zu den einflussreichen Größen im Hintergrund auch der letzten beiden Konklave zählte, zeigt Krätzl anhand eines weiteren interessanten Details auf: So dokumentiert er in seinem Buch einen Bericht des früheren Bischofs von St. Gallen, Ivo Fürer (1995-2005), der eine Gruppe von Bischöfen - darunter neben Kardinal Walter Kasper u.a. auch der damalige Innsbrucker Bischof Alois Kothgasser und der frühere Grazer Bischof Johann Weber - um sich scharte.
Diese "Gruppe von St. Gallen" habe sich seit 2003 intensiv mit der Frage der Nachfolge von Johannes Paul II. und dem zukünftigen Kirchenkurs befasst. Der Gruppe hätten u.a. acht Kardinäle angehört, die 2005 im Vorfeld des Konklaves bereits "Kardinal Bergoglio als Alternative zu Kardinal Ratzinger" befürworteten. Bergoglio erhielt laut dem Bericht Fürers schließlich im ersten Wahlgang des Konklaves, aus dem Benedikt XVI. hervorging, zunächst zehn, später 40 Stimmen. "Ich freue mich darüber, dass die 'Gruppe von St. Gallen' zur Wahl von Papst Franziskus beigetragen hat", zitiert Krätzl aus dem Schreiben Fürers. - Ein Beitrag damit auch zweier wichtiger Vertreter der Kirche in Österreich zur Wahl von Franziskus.
Das Buch "Meine Kirche im Licht der Päpste. Von Pius XII. bis Franziskus" ist im Tyrolia-Verlag erschienen und kostet 19,95 Euro.
Quelle: kathpress