Empörung über Schwertner-Sperre auf Strache-Facebook-Seite
Empörung hat die Sperre des Wiener Caritas-Generalsekretärs Klaus Schwertner auf der Facebook-Seite von FPÖ-Partei-Chef Heinz-Christian Strache am Wochenende ausgelöst. Die Blockade erfolgte nach der Verzweiflungstat eines Syrers am Samstagnachmittag in Wien-Favoriten, der sich auf die Schienen einer Straßenbahn legte und offenbar in Selbstbeschädigungsabsicht randalierte. Dies war Anlass für Dutzende Hasspostings auf der viel genutzten Social-Media-Plattform Straches, auf die wiederum Schwertner mit einem Aufruf zur Mäßigung reagierte: "Woher kommt all euer Hass? Warum schreiben Menschen über einen anderen Menschen, den sie nicht einmal persönlich kennen, solche Dinge?"
Dieser Kommentar wurde gelöscht, Gewaltaufrufe jedoch blieben auf Straches Facebook-Seite weiterhin online, teilte Schwertner in einem "Kathpress"-Interview am Montag mit. Er rief zu einem Schulterschluss über weltanschauliche Grenzen hinweg gegen den Hass im Internet auf, der zuletzt davor nicht gekannte Dimensionen erreicht habe. Am Montag wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Wien Ermittlungen in der genannten Causa aufnahm. Bestehende strafrechtliche Bestimmungen müssten konsequenter umgesetzt werden, betonte Schwertner, aber auch die Gesellschaft als ganze müsse sich dieser Herausforderung stellen. Er erinnerte dabei an die Kampagne "Gegen Hass im Netz" der Bundesregierung, an der sich im Sommer u.a. Kardinal Christoph Schönborn beteiligte.
"Gewaltaufrufe nicht mehr ausgehalten"
Am Samstagabend habe er sich - entgegen seiner sonstigen Zurückhaltung - in die Facebook-Debatte um den inzwischen in stationärer Behandlung befindlichen jungen Syrer eingeschaltet, weil er "all die Hass- und Gewaltaufrufe nicht mehr ausgehalten" habe. "Ich habe versucht, möglichst sachlich zu bleiben", so Schwertner. Ich wollte darauf hinweisen, dass wir alle Menschen sind, dass es sich um einen Mann in einer psychischen Ausnahmesituation gehandelt hat", der kurz vor dem Vorfall erfahren hatte, dass Familienmitglieder Opfer eines Bombenangriffs wurden. Was den Caritas-Vertreter empörte: "Während Morddrohungen und Gewaltandrohungen, diskriminierende Kommentare wie Hasstiraden online bleiben, wurde mein Kommentar gelöscht."
Schwertner sieht - wie er auf Facebook schrieb - einen Widerspruch darin, dass die FPÖ, die ihrerseits immer wieder Ausgrenzung ihrer kritischen Positionen beklagt, nun selbst unliebsame Kritik nicht zulässt. Meinungsfreiheit scheine in dieser Partei nicht viel zu gelten, so Schwertners Resümee. Auch anderen durchaus sachlichen Kommentatoren sei es in diesem Fall wie ihm ergangen, wies der Caritas-Generalsekretär gegenüber "Kathpress" hin.
Auch Bischof Krautwaschl nahm Anteil
Schwertners Facebook-Eintrag über die Causa wurde bis Montagmittag von mehr als 3.600 Personen "geliked", darunter vom Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl und weiteren Kirchenpersönlichkeiten sowie zahlreichen Vertretern der Zivilgesellschaft.
Auf der Facebook-Seite von HC Strache mit ihren mehr als 420.000 "Followern" wurde der Eintrag über den suizidgefährdeten Syrer mittlerweile übrigens entfernt. Die Seite hatte in der Vergangenheit mehrfach für Diskussionen über Hass im Netz gesorgt. Die FPÖ gab dazu laut der Online-Ausgabe des "Standard" an, Gewaltaufrufe nicht zu dulden; "allerdings nicht genügend Ressourcen für eine detaillierte Beobachtung der Kommentare zu haben". Kritiker wendeten dagegen ein, dass sachliche, den Aussagen Straches widersprechende Meldungen stets schnell gelöscht würden, heißt es weiter im "Standard".
Kritisiert wurden in der Causa auch "Krone.at" und "Österreich", die ein Handy-Video von dem jungen Syrer veröffentlichten - und damit Hasspostings auslösten. Medien berichten nur in Ausnahmefällen über Suizidversuche, die dann außerdem mit Hinweisen zu Hilfestellen versehen werden.
"Facebook in die Pflicht nehmen"
Klaus Schwertner hält ein Maßnahmenpaket gegen Hass im Netz für notwendig, erklärte er im "Kathpress"-Interview am Montag: Die Politik müsse Facebook viel stärker als bisher in die Pflicht nehmen, Gewalt schürende bzw. Fakten verzerrende Einträge rasch vom Netz zu nehmen. Derzeit würden manche bedenklichen Postings "tage-, ja wochenlang" online bleiben, kritisierte Schwertner. Er erinnerte daran, dass auch Internetäußerungen den Tatbestand der Verhetzung erfüllen und daher strafbar sein können: Der Straftatbestand wurde mit 1. Jänner 2016 ausgebaut, u.a. um Computerkriminalität wirksamer bekämpfen zu können.
Die Caritas sei wegen ihres konsequenten Eintretens für Randgruppen und Notleidende immer wieder Zielscheibe von Angriffen im Netz, von Anzeigen habe die katholische Hilfsorganisation bisher abgesehen, berichtete Schwertner. In manchen Fällen wie z.B. bei der von einer Unterstützer-Plattform für den FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer verbreiteten Behauptung, Flüchtlinge bekämen 900 Euro teure iPhones von der Caritas geschenkt, werde man nun aber den Rechtsweg beschreiten. Im genannten Fall sei dies "hochkompliziert", erklärte Schwertner, denn hier müsse in Irland, der EU-Basis von Facebook, eine Klage eingebracht werden.
"Liebe ist größer als Hass"
Die "normale" Reaktion der Caritas auf Hasspostings werde aber weiterhin sein, zu "versuchen, im Dialog zu bleiben", wie Schwertner ankündigte. Auf Hass solle nicht mit Hass geantwortet werden, in diesem Sinne ermahne er auch Schreiber auf seiner eigenen Facebook-Seite. Zugleich dürfe bei bedenklichen Medienentwicklungen auch nicht geschwiegen werden. Nicht umsonst werbe die aktuelle Caritas-Kampagne mit Slogans wie "Liebe > Hass" und "Mut > Angst". Und das ebenfalls kolportierte "Wir > Ich" soll sich im Fall von Hasspostings in Form einer breiten Allianz konkretisieren, die sich in den nächsten Tagen zu Wort melden werde, wie der Caritas-Generalsekretär ankündigte.
Bereits im vergangenen Sommer wurde die Kampagne "Gegen Hass im Netz" der Bundesregierung gestartet. Kardinal Schönborn war eine von mehreren prominenten Unterstützern, das Sujet mit dem Wiener Erzbischof zeigt folgenden Ausspruch: "Das Internet eröffnet neue Räume des Miteinanders. Es liegt an uns, dass Hass und Aggression im Netz keinen Platz haben." Beteiligt hatten sich an der Kampagne sechs Ministerien sowie das Bundeskanzleramt, federführend war die Staatssekretärin für Diversität, Öffentlichen Dienst und Digitalisierung, Muna Duzdar.
Quelle: kathpress