Kirchenexperte kritisiert Kurz-Verständnis für Orban-Kurs
"Ist das die neue Richtung einer Partei, die sich einmal auf christliche Grundwerte berufen hat?": Mit diesen Worten hat der Vorsitzende der Katholischen Aktion (KA) der Diözese Innsbruck, Klaus Heidegger, Kritik am Verständnis geübt, das Außenminister Sebastian Kurz schon im Vorfeld des ungarischen Referendums über einen Asylstopp gegenüber der Abschottungspolitik von Premier Viktor Orban bekundete. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" hatte Kurz vor einer Verurteilung des ungarischen Regierungschefs gewarnt und zugleich "die falsche Politik" der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gerügt.
Heidegger, seit Jahren auch in der katholischen Friedensbewegung Pax Christi engagiert, kann die Haltung des auch für Integration zuständigen Ministers nicht nachvollziehen. In einem Blogeintrag formulierte er dazu eine Reihe rhetorischer Fragen: "Verständnis dafür, dass der ungarische Staatschef mit einer Angst-Propaganda gegen Migranten und Flüchtlinge vorgeht und 'Migration als Gift' bezeichnet, die Terrorismus nach sich ziehe? Verständnis für seine islamophoben Äußerungen, wonach die 'muslimischen Einwanderermassen' die christliche und nationale Identität der Völker Europas zerstören würden?"
Orban sei ein Politiker, "der lauthals eine Massenausweisung von Einwanderern aus der EU fordert und Flüchtlinge lieber in Massenlagern irgendwo in Libyen sehen möchte", und der die Solidarität innerhalb der EU zur Verteilung der Flüchtlinge mit einem Referendum "torpediert", wies Heidegger hin. Für Orban seien selbst die nur 1.300 Flüchtlinge zu viel, die laut geplantem Verteilungsschlüssel in Ungarn Schutz finden sollten.
"Pate der geschlossenen Balkanroute"
Sebastian Kurz - nicht zuletzt aufgrund hoher Beliebtheitswerte bereits als künftiger ÖVP-Obmann und Spitzenkandidat bei den kommenden Nationalratswahlen gehandelt - hat sich laut Klaus Heidegger "zum Paten der geschlossenen Balkanroute" gemacht und nähere sich in der Flüchtlingsfrage immer mehr der FPÖ an, im Gegensatz zu "alten" Riege der ÖVP mit Persönlichkeiten wie Busek, Fischler und Karas. Es dränge sich der Verdacht auf, "dass sich der Star der neuen ÖVP eine Koalition mit der FPÖ nicht verbauen will".
Kurz entferne seine Partei damit inhaltlich auch von der katholischen Kirche, in deren Sonntagsevangelium es am Tag des ungarischen Referendums geheißen hatte, dass Jesus die Apostel dazu auffordert, sich in die Situation der Ausgebeuteten und Opfer einer ungerechten Wirtschaft zu versetzen. (Volltext auf www.klaus-heidegger.at)
Quelle: kathpress