Einheitsübersetzung zeigt "mehr Mut zur Sprache der Bibel"
"Mehr Mut zur Sprache der Bibel" - das zeigt die überarbeitete Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, die vergangene Woche von der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellt wurde, nach dem Eindruck des Linzer Alttestamentlers em. Prof. Johannes Marböck. In einem Interview der Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen erklärte der in die Textrevision eingebundene Theologe, die Anfang 2017 im Buchhandel erhältliche neue Ausgabe sei sensibler für den Umgang der Juden mit dem Text, spreche immer wieder beide Geschlechter statt nur "Brüder", "Väter" oder "Söhne" an und sei in vielen Bereichen auch näher am Ursprungstext.
Grundlage für die 2006 begonnene Revision der Einheitsübersetzung waren neue Erkenntnisse der Wissenschaft, Veränderungen im deutschen Sprachgebrauch - Elisabeth wird zum Beispiel jetzt "schwanger" statt "sie empfing" - und an manchen Stellen die Rückkehr zu einer biblischen Redeweise. Als Beispiel nannte Marböck den Aufmerksamkeit schürenden Ausruf "siehe" - früher in der Einheitsübersetzung mehrmals gestrichen und jetzt teilweise wieder aufgenommen. "Wir wollten den Charakter der biblischen Bücher wieder besser erkennbar machen", sagte Marböck.
Der früher in Graz lehrende Bibelwissenschaftler gehörte neben dem emeritierten Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser und dem Neutestamentler Franz Zeilinger zu den österreichischen Mitgliedern des für die Überarbeitung verantwortlichen Gremiums. Als solcher befürwortete Marböck auch, dass die jüdische Ehrfurcht vor dem Gottesnamen JAHWE berücksichtigt wird: Stattdessen steht nun in der Einheitsübersetzung "HERR" in Großbuchstaben. Und wo bisher in der Übersetzung von der "Macht" oder "Gewalt" Gottes die Rede war, erfolgt eine Rückkehr zum bildlichen Ausdruck "Hand Gottes" im Originaltext.
Frauen nicht mehr nur "mitgemeint"
Dem Zeitempfinden angepasst wird laut Marböck an manchen Stellen die Einbeziehung der Frauen, wenn das im Text inhaltlich auch so gemeint ist: "Direkte Anreden in den Paulusbriefen richten sich jetzt an 'Brüder und Schwestern' statt nur an 'Brüder'. An Stellen, wo es passt, steht statt 'Söhne' nun 'Kinder' und statt 'Väter' jetzt 'Eltern'", berichtete Marböck. Und die wohl aus kirchenpolitischen Gründen zum Mann gewordene "Apostelin Junia" im Römerbrief des Paulus bekomme in der neuen Einheitsübersetzung ihr eigentliches Geschlecht.
In der viel diskutierten Ankündigung des Immanuel in Jesaja 7,14 ist es in der Übersetzung zwar weiter die "Jungfrau", die ein Kind empfängt. Aber die deutlicher formulierte Erläuterung in der Fußnote informiere darüber, dass das hebräische "almah" eigentlich nur "junge Frau" bedeutet und die Jungfrau erst in der griechischen Septuaginta-Übersetzung und im Matthäusevangelium auftaucht.
Größere Textveränderungen gab es nach den Worten Marböcks bei den alttestemantlichen Büchern Jesus Sirach und Tobit. In beiden Fällen wird dabei der ursprünglicheren vorliegenden Handschrift gefolgt.
Bei Lesungen aus Altem Bund nicht "schnipseln"
Für die erst in Vorbereitung befindlichen neuen liturgischen Büchern auf Basis der überarbeiteten Einheitsübersetzung - ein Zeitplan dafür liegt noch nicht vor - deponierte Marböck im in Kirchenzeitungs-Interview den Wunsch: Besonders in den Lesungen aus dem Alten Testament solle nicht so viel durch Kürzungen "geschnipselt werden". Es sollen ganze Abschnitte gelesen werden, ohne einzelne, vielleicht unbequeme, Verse auszulassen.
Dass es für die Liturgie eine einheitliche Übersetzung gibt, hält der Bibelwissenschaftler für wichtig: "Nur so prägen sich Texte auch ein. Das gelingt nicht, wenn ständig verschiedene Übersetzungen gelesen werden." Ansonsten befürwortet Marböck den Einsatz mehrerer Übersetzungen der Bibel, denn: "Übersetzen ist immer ein Stück weit Interpretation. Durch die verschiedenen Übersetzungen, die nebeneinander stehen, kommt wieder mehr vom Reichtum des Originaltextes hervor - Aspekte, die eine einzelne Bibelübersetzung gar nicht ausdrücken kann."
Quelle: kathrpess