"Heimat teilen und Barmherzigkeit leben"
In besonderem Zeichen der Integration von Flüchtlingen ist der "Sonntag der Völker" gestanden, den die katholische Kirche am 25. September österreichweit begangen hat. "Gott liebt die Vielfalt", so die Botschaft des zentralen Gottesdienstes im Wiener Stephansdom, an der die katholische tschechisch-, slowakisch-, polnisch-, kroatisch- und slowenischsprachige Gemeinden, die armenisch-, rumänisch-, französisch-, englisch-, italienisch-, spanisch- und albanischsprachige Gemeinde sowie erstmals auch die entstehende Gemeinde der Roma und Sinti teilnahmen. Als zentrales Symbol für war ein großes Herz aus den nationalen Farben der jeweiligen Länder aufgestellt. Die vielen Sprachen und Kulturen seien durch denselben Glauben geeint, hieß es bei der Festmesse gleich eingangs.
Der für anderssprachige Gemeinden zuständige Referatsbischof Franz Scharl verwies in seiner Predigt auf die Appelle von Papst Franziskus, im "Jahr der Barmherzigkeit" und angesichts der Migrationsströme mehr als sonst die mit Flucht verbundenen Probleme zu sehen und darauf zu reagieren. "Oft sind Migranten Brüder und Schwestern, die aus Situationen von Hunger, Armut, Ausbeutung und Krieg ein besseres Leben suchen und in eine Umgebung gelangen, die ihnen Verdächtigungen und Ängste entgegenbringt", mahnte der Wiener Weihbischof. Erforderlich seien u.a. praktikable Regelungen für die Aufnahme sowie die kurz- und langfristige Integration.
Viele christliche Migranten fänden in den fremdsprachigen katholischen Gemeinden eine neue geistliche Heimat, einen Zufluchtsort und auch einen Ort der Begegnung, betonte Scharl. Der Weihbischof verwies dabei auf das Beispiel der seit 200 Jahren bestehenden tschechischen Gemeinde Wiens, die sich in der Kirche Maria am Gestade versammelt und deren Mitglieder während des Gottesdienstes die Gaben zum Altar brachten: Auch etliche einst verfolgte Christen aus der heutigen Tschechei, jedoch auch aus der Slowakei hätten sich hier trotz mancher Rivalitäten zwischen den beiden Nationen gemeinsam beheimatet auf dem Fundament des Glaubens.
"Wir alle, die wir aus Weltreligionen stammen, die ein schlechteres oder kein soziales System haben, sollten uns bewusst sein, dass die Fähigkeit zu teilen christlich ist", zitierte Scharl aus einem Brief eines Mitglieds der tschechischen Gemeinde. Appelliert wurde darin auch "zu jener Dankbarkeit, die heilt und die zur Teilhabe am Teilen führt". Im Anschluss an den Gottesdienst fand eine Agape mit Volkstanz und Volksliedern im Arkadenhof des Erzbischöflichen Palais statt.
500.000 fremdsprachige Katholiken
Rund 500.000 Katholiken mit Migrationshintergrund leben nach Angaben der Wiener Nationaldirektion der katholischen fremdsprachigen Seelsorge in Österreich. Zehntausende davon sind erst in den vergangenen Jahren zugezogen. Die katholische Kirche bietet diesen Menschen Seelsorge in rund 30 Sprachen an. Insgesamt sind rund 80 Priester und viele weitere haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter um die Seelsorge an christlichen Migranten bemüht. Etwa zwei Drittel dieser Gläubigen, von denen viele inzwischen bereits österreichische Staatsbürger sind, leben in Wien und Umgebung, ein Drittel teilt sich auf die anderen Bundesländer auf. Im Durchschnitt stammen zwei von drei Katholiken mit Migrationshintergrund aus europäischen Ländern.
Österreichweit wird der "Sonntag der Völker" von der Nationaldirektion der katholischen fremdsprachigen Seelsorge getragen, die im Verbund mit mehreren diözesanen Einrichtungen auch die Seelsorge in den vielen anderssprachigen katholischen Gemeinden organisiert. Unter dem gemeinsamen Motto "Heimat teilen - Barmherzigkeit leben" gab es am Sonntag u.a. auch in Linz, Innsbruck und Klagenfurt besonders gestaltete Gottesdienste und Feiern zum "Sonntag der Völker".
Quelle: kathpress