Weiterer Anlauf für Leihmutterschaft im Europarat abgeblitzt
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss des Europarates hat am Mittwoch in Paris einen heftig umstrittenen Vorschlag abgelehnt, der der Legalisierung bestimmter Formen von Leihmutterschaft auf EU-Ebene zugestimmt hätte. Zugleich wurden jedoch Empfehlungen der Berichtsautorin Petra de Sutter angenommen, die den Ministern des Europäischen Rates nahelegen, die Einführung von "Richtlinien für den Schutz von Kinderrechten bei Leihmutterschafts-Arrangements" zu überdenken, worüber nun Mitte Oktober in Straßburg beraten werden soll. Ethiker sehen auch darin den Versuch, Leihmutterschaft "über die Hintertür" einzuführen.
Der zurückgewiesene Bericht von de Sutter hatte die EU-weite Einführung der sogenannten "altruistischen" Leihmutterschaft vorgesehen, bei der die Leihmutter keine Bezahlung für ihre Dienste empfängt - was freilich nicht für den durchführenden Arzt gilt. Die belgische Grünen-Senatorin war bereits im März mit ähnlichen Vorschlägen im Sozialausschuss abgeblitzt; als Berichterstatterin war sie zuvor in Kritik gekommen, da man ihr als Reproduktionsmedizinerin und Leihmutterschafts-Anbieterin am Uniklinikum von Gent Interessenskonflikte vorwarf.
Nur verhaltene Freude signalisiert die Wiener Bioethikerin Susanne Kummer über die Abstimmung, die hinter verschlossenen Türen geschah. "Es stimmt traurig, dass sich der Ausschuss nicht zu einer einheitlichen Ablehnung der Leihmutterschaft durchgerungen hat. Der politische Druck für eine Legalisierung wird nun in sehr fragwürdiger Weise über den Ministerrat weitergehen", so die Geschäftsführerin des Instituts für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) gegenüber Kathpress. Erhöhte Wachsamkeit sei auf EU-Ebene wie auch national nötig, wolle hier doch offensichtlich eine Minderheit auf dem Rücken der Frauen ihre Interessen durchzusetzen.
Unklare Empfehlungen
"Wenn Kinderrechte rund um die Leihmutterschaft geschützt werden müssen, wie es in den Empfehlungen heißt, warum empfiehlt man nicht, Leihmutterschaft überhaupt einzustellen?", hinterfragte der Präsident der Föderation der Katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE), Antoine Renard, in einer Aussendung die nunmehrigen Empfehlungen. Diese seien äußerst schwammig und ließen offen, wie nun Kinderrechte zu schützen seien oder wie gegen Leihmutterschaft vorgegangen werden solle. Völlig vorbei gehe der Text am Grundproblem, "dass Leihmutterschaft die Kinder zu einem Rohstoff und die Frauen zu einem Werkzeug machen".
Schon im Vorfeld hatte Renard vor einer Annahme des Berichts sowie auch vor jeglichen Kompromissvorschlägen gewarnt. Immer häufiger müsse das "Kindeswohl" herhalten um die in vielen EU-Ländern längst verbotene Leihmutterschaft zu legitimieren. "Jeder Entwurf, der sich auf Kinderrechte beruft und Leihmutterschaft nicht klar verurteilt, widerspricht sich", so der oberste Repräsentant der katholischen Familienverbände.
Feministinnen protestierten
Unmittelbar vor der Abstimmung am Mittwoch war es in Paris zu zwei Demonstrationen gekommen. Die Initiatoren der einen Gruppe hatten schon im März die Petition "No maternity traffic" an die Parlamentarische Versammlung des Europarates mit der Aufforderung des Verbotes jeglicher Form von Leihmutterschaft gestartet und dafür über 110.000 Unterzeichner gefunden. Der Europäische Rat solle klar "alle Formen der Leihmutterschaft als Verletzung von Rechten und von menschlicher Würde verurteilen", hieß es darin. Eine weitere Demonstration am selben Ort vor dem Europäischen Rat hatten feministische Gruppen organisiert, die damit ebenfalls ihren Widerstand gegen jegliches Gutheißen der Praxis der Leihmutterschaft ausdrücken wollten.
Erst am Montag hatte auch die "Aktion Leben" ihr klares Nein zur Leihmutterschaft erneuert und die österreichische Regierung dazu aufgefordert, "Klartext" zu sprechen. Das Leihmutterschafts-Verbot in Österreich ergebe sich bloß implizit aus einer Reihe von Gesetzen und es fehle eine "deutlich erkennbare Regierungslinie", auf die sich Österreichs Vertreter auf EU-Ebene berufen könnten. Durch dieses "offizielle Schweigen" sei es denkbar, dass die heimischen Mandatare einer Legalisierung unter bestimmten Bedingungen zustimmen könnten.
Quelle: kathpress