Ökumenische Feier mit Parlamentariern
Die Tätigkeit des Politikers kann und soll zum Segen werden, wenn sie nicht bloß für sich, sondern ganz für andere und das Gemeinwohl da ist. Diesen Gedanken stellte der Linzer Bischof Manfred Scheuer in das Zentrum seiner Predigt beim ökumenischen Gottesdienst mit Abgeordneten des Hohen Hauses am Dienstagabend in Wien. Der weit verbreiteten Ansicht, dass Politik ein "schmutziges Geschäft" sei, hielt der Bischof ein Wort von Papst Paul VI. entgegen, wonach Politik "die wirksamste Form der Nächstenliebe" sei. Dafür brauche es aber Eignungskriterien wie Leidenschaft, Verantwortungsgefühl, Augenmaß und das Bekenntnis zu sittlichen Grundwerten, so der Bischof.
Der ökumenische Gottesdienst fand bereits zum dritten Mal bewusst zum Beginn der herbstlichen Parlamentssession statt. Knapp 20 Abgeordnete des Nationalrates und des Bundesrates aller Fraktionen waren zur Feier in der Wiener Hofburgkapelle gekommen, unter ihnen der Bundesrats-Vizepräsident Ernst Gödl und ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka. Den Gottesdienst leiteten der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis), der katholische Bischof Manfred Scheuer und der evangelische Bischof Michael Bünker.
Der Linzer Bischof warnte davor, "Politik nur als ein Feld der Lobbys mit dem Durchsetzen von subjektiven, persönlichen, klassenspezifischen, nationalen, und ökonomischen Eigeninteressen" zu sehen. Dies zerstöre letztlich das Ziel von Politik, das in einer "Kommunikation und Kooperation im Hinblick auf Menschenwürde und Menschenrechte sowie im Hinblick auf Gemeinwohl und Gerechtigkeit" liege. Politiker sollten daher bereit sein, dem Gemeinwohl zu dienen und sich zu Grundwerten zu bekennen, weil dies davor bewahren, Entscheidungen opportunistisch zu treffen. "Politik verdirbt nicht den Charakter, aber sie stellt ihn auf eine besondere Probe", so Scheuer. Von daher müsse ein Politiker "charakterfest, unabhängig und unbestechlich" sein, weil er in besonderem Maße der Kritik, öffentlichen Angriffen und dem Druck von Interessengruppen ausgesetzt sei.
Unter Verweis auf Max Weber empfahl der Bischof drei Eignungskriterien für Politiker: Leidenschaft im Sinne von Sachlichkeit, Verantwortungsgefühl und Augenmaß. Vor diesem Hintergrund machte der Bischof "zwei Arten von Todsünden" auf dem Gebiet der Politik aus: "Unsachlichkeit und Verantwortungslosigkeit". Zeichen von Unsachlichkeit seien beispielsweise "Eitelkeit und Distanzlosigkeit", hierin seien Politiker besonders gefährdet.
Um "als Politiker Christ sein" zu können, und um "als Christ Politiker sein" zu können, gelte es drei Regeln zu beachten, so Scheuer unter Verweis auf den Staatsmann Robert Schumann: "Entdramatisieren, den Humor bewahren und die Prügel, die man bekommt, nicht zurückgeben." In dieser Haltung "kann die Tätigkeit der Politiker zum Segen werden. Dafür ist ihnen zu danken", so der Bischof.
Die Initiative zum ökumenischen Gottesdienst mit den Parlamentariern ging wie schon in den Vorjahren vom Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, aus, der für Einladung und Vorbereitung zuständig war. An der musikalischen Gestaltung wirkten Studierende der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst unter der Leitung von Jordi Casals-Ibanez mit.
Quelle: kathpress